Entstehungstheorien 2


Theorie (I): Am Anfang war der Ur-Ozean

Die Erde vor vier Milliarden Jahren: Vulkane schleudern giftige Gase und Gesteinsbrocken in die noch dünne Atmosphäre. Hin und wieder schlagen Asteroiden ein, die das Ozeanwasser zum Kochen bringen. Auch in der Tiefe des Urmeeres bietet sich ein aufgewühltes Bild: aus bizarren Schloten, so genannten "Schwarzen Rauchern" strömt eine heiße Flüssigkeit. Sie enthält Gase und Minerale, ein Chemiecocktail, aus dem mit der Zeit erst einfache dann immer komplexere organische Verbindungen entstehen. Lebende Zellen bilden sich, die sich fortbewegen und vermehren. Das stärkste Indiz für die Theorie, dass Leben in der Tiefsee in der Nähe von heißen Quellen entstanden ist, sind Archebakterien. Sie sind die ältesten Lebensformen die wir heute kennen. Alle Arten kommen nur in sehr unwirtlichen Biotopen wie im Sickerwasser von Kohlenhalden, in Geysiren oder eben in der Tiefsee vor.

Auf der Urerde bildeten sich wohl schon einfache organische Moleküle.

Bakterien gehörten zu den ersten Lebensformen auf der Erde.

 

Theorie (II): Die "Ursuppe" 

Weil nirgends eindeutig verzeichnet ist, wann, wie und wo das Leben entstand, spielen bei der Untersuchung dieser Fragen Hypothesen und deren Untermauerung durch Experimente und Funde eine wichtige Rolle. Im Zusammenhang mit Hypothesen zur Erklärung der Entstehung der ersten organischen Makromoleküle wurde der Begriff »Ursuppe« entwickelt. Organische Makromoleküle werden als Ursubstanzen am Beginn der Evolution des Lebens vermutet. Nun schon klassisch zu nennende Vorstellungen hierzu gingen davon aus, dass das Leben in einem wässrigen Medium seinen Anfang nahm. Später wurden jedoch auch ganz andere Überlegungen angestellt -aufgrund der schwierigen Überprüfbarkeit der Hypothesen sind noch viele Fragen offen.

Es liegt nun nahe, die Schwierigkeiten durch die Annahme zu umgehen, das Leben stamme aus dem Kosmos, und tatsächlich gibt es Überlegungen dieser Art. Sie stützen sich darauf, dass im Weltall viele verschiedene organische Moleküle nachgewiesen wurden. Solche Moleküle brauchen aber nicht unbedingt mit Lebensprozessen in Verbindung zu stehen, sondern können auch nichtbiogener Natur sein. Das Adjektiv »organisch« bezeichnet heute nämlich -im Gegensatz zu ursprünglichen Annahmen -nicht nur Stoffe, die in Verbindung mit lebenden Organismen stehen, sondern ganz allgemein Substanzen, die Gegenstand der organischen Chemie sind. Diese Chemie der Kohlenwasserstoffe und ihrer Derivate umfasst -bis auf wenige Ausnahmen, die zur anorganischen Chemie gezählt werden -alle Verbindungen, die neben Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) lediglich Sauerstoff (O), Schwefel (S), Stickstoff (N) und Phosphor (P) enthalten. Die Annahme, das Leben stamme aus dem Kosmos, würde das Problem seiner Entstehung aber nicht lösen, sondern nur verlagern.

Betrachtet man in diesem Zusammenhang die kosmischen Häufigkeiten der chemischen Elemente, so fällt auf, dass -neben Helium -die Elemente aus dem Bereich der belebten Materie, nämlich Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff, die größten Häufigkeiten aufweisen. Je häufiger diese Elemente vorhanden sind, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich zu sehr komplizierten, aus vielen Atomen bestehenden Verbindungen zusammenschließen, wie sie in organischen Makromolekülen vorliegen. Wichtige Rollen spielen dabei die Fähigkeit des Kohlenstoffs, durch Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen seiner Atome untereinander Ringe und lange Ketten bilden zu können, und die Fähigkeit des Wasserstoffs zur Bildung besonderer Bindungen (Wasserstoffbrücken), die vor allem für die Eigenschaften der Protein- und DNA-Moleküle sehr bedeutsam sind. Helium kommt in lebender Materie überhaupt nicht vor, trotz seiner großen kosmischen Häufigkeit, weil es als Edelgas praktisch keine chemischen Verbindungen eingeht. Die Stoffe, aus denen lebende Organismen bestehen, können stabile, sich selbst organisierende und zur Replikation fähige Makromoleküle bilden.

In einem zweiten Bereich, nämlich in unserem Erdkörper, sind die relativ häufigsten Elemente Magnesium (Mg), Eisen (Fe), Silicium (Si), Calcium (Ca), Aluminium (Al); ferner auch der Sauerstoff, der damit in der Häufigkeit seines Vorkommens für die Lebewesen und für den Erdkörper gleich wichtig ist. Natürlich sind geringere Mengen der Elemente des jeweils andern Bereichs und noch weitere Elemente, darunter Phosphor und Schwefel, in beiden Bereichen vorhanden und in ihren Funktionen wichtig.

Bevor man untersucht, wie die ersten lebenden Stoffaggregate entstanden sein könnten, muss man erklären, was überhaupt unter Leben zu verstehen ist. Rein vom Gefühl her glaubt das eigentlich jeder zu wissen. Dennoch ist eine eindeutige Definiton keineswegs einfach. Wir können uns hier aber mit den folgenden wichtigen Merkmalen begnügen: Stoffwechsel, Wachstum, Fortpflanzung und Fähigkeit zur Evolution. Bezüglich der Stoffe, aus denen die Lebewesen aufgebaut sind, befinden sie sich in einem ständigen Fließgleichgewicht, das heißt, diese Stoffe werden kontinuierlich, mit im Einzelnen verschiedenen Geschwindigkeiten ausgetauscht. Ein Lebewesen selbst erscheint dabei quasi als übergeordneter Dirigent oder als Ordnungsprinzip.

Ein Neuentstehen lebender Substanz wie vor über 3,5 Milliarden Jahren wäre unter den heute auf der Erde herrschenden Bedingungen kaum denkbar. Wie aber, wann und unter welchen Umständen entstand das irdische Leben? Eine Antwort auf diese Frage ist äußerst schwierig und lässt sich mangels eindeutiger fossiler Reste frühen Lebens und mangels Zeugnissen damaliger Umweltbedingungen weitgehend nur hypothetisch geben.

Bausteine des Lebens: Makromoleküle sind aus vergleichsweise einfachen und kleinen organischen Molekülen aufgebaut. Solche Moleküle kommen auch im Weltall und in gewissen sehr früh entstandenen und seither unverändert gebliebenen Meteoriten, den kohligen Chondriten, vor.

Zu ihnen gehören zum Beispiel Wasser (H2O), Methan (CH4), Ammoniak (NH3), Formaldehyd (HCHO), Blausäure (Cyanwasserstoff, HCN), Cyanacetylen (HC3N), Methanol (CH3OH), Ameisensäure (HCOOH) und Formamid (HCONH2). Bei ihrer Entstehung hat wahrscheinlich der kosmische Staub in der Umgebung neu entstandener Sterne eine wichtige Rolle gespielt; in Staub- und Gaswolken sind die Moleküle vor der zerstörenden Wirkung der UV-Strahlung, die von den Sternen ausgeht, geschützt.

 

Theorie (III): Kometen als Lebensspender?

Die "Panspermie-Theorie" geht davon aus, dass Leben nicht spontan auf der Erde entstanden, sondern aus dem All zu uns gelangt ist. Kometen könnten ein ideales Transportmittel für bakterielles Leben gewesen sein. Der Kometenkern besteht zum großen Teil aus Eis. Damit könnten widerstandsfähige Bakteriensporen konserviert und geschützt vor kosmischer Strahlung die Erde erreicht und sie mit Leben "infiziert" haben. Kommende Weltraummissionen, die das Innere von Kometen untersuchen, sollen klären, ob an der Theorie was dran ist. Im Kometenkern vermuten Wissenschaftler Materie aus der Entstehungszeit des Sonnensystems und der Erde und somit Hinweise auf frühe Lebensformen. Allerdings beantwortet auch dieser Ansatz nicht die Frage, wie Leben prinzipiell entstanden ist, sondern verlagert lediglich den Schauplatz des Lebens-Ursprungs ins All.

 

Sauerstoff bringt den Durchbruch 

Vor 2,5 Milliarden Jahren beginnt das spannendste Kapitel der Erdgeschichte: Die chemische Umwandlung der sauerstofflosen Gashülle in jene Atmosphäre, die uns heute die Luft zum Atmen schenkt. Eine Milliarde Jahre nach den ersten Organismen, verändern im Wasser heimische Cyanobakterien die Lebensbedingungen auf der ganzen Erde entscheidend. Diese winzigen Einzeller nutzen das Sonnenlicht zur Photosynthese und setzen dabei als Abfallprodukt Sauerstoff frei. Den Cyanobakterien und ihrer massenhaften Sauerstoffproduktion ist es zu verdanken, dass sich das lebensspendende Gas in der Atmosphäre anreichern konnte. Gegenwärtig beträgt der Sauerstoffanteil etwa ein Fünftel unserer Lufthülle. Es gilt als ziemlich sicher, dass es ohne Sauerstoff heute kein höheres Leben auf der Erde geben würde.

 

Begann das Leben im Weltall?

Den Verdacht gab es schon länger: Könnten die Grundbausteine des Lebens auf der Erde aus dem Weltall auf den Planeten gelangt sein - beispielsweise durch Meteoriten oder Kometen?

NASA-Wissenschaftler präsentierten jetzt einen weiteren Beweis für diese These. Sie simulierten in ihrem Labor die harten Bedingungen im interstellaren Raum und erzeugten dort Strukturen, die wie die Membrane von Zellen aussehen. Dieser Durchbruch bei der Erforschung der Bedingungen unter denen sich Leben entwickeln kann gelang in den Labors des NASA Ames Research Centers im kalifornischen Silicon Valley. Die Forscher verfolgten die These, nach der Material aus dem All, das beispielsweise durch Meteoriten, Kometen oder aber durch interstellaren Staub auf die Erde gelangt ist, die Entstehung von Leben auf der Erde ermöglicht oder zumindest beschleunigt hat. "Wissenschaftler glauben, dass die Moleküle, die man braucht um Zellmembrane zu erzeugen und die daher die Grundbausteine des Lebens darstellen, überall im All zu finden sind", erläutert Gruppenleiter Dr. Louis Allamandola. 

Zusammen mit Forschern der Universität von Kalifornien in Santa Cruz erzeugten das Team erstmals "Proto-Zellen" und verwendeten dazu nur die einfachsten chemischen Zutaten. Diese Proto-Zellen ähneln in ihrer Struktur der Membranstruktur die in allen lebenden Organismen zu finden ist. Was die Forscher in ihrem Labor machten, ist im All nichts Ungewöhnliches: "Diese Prozesse laufen ständig in dichten Molekülwolken im Weltall ab", so Allamandola. "Die Entstehung dieser biologisch interessanten Strukturen könnte bedeuten, dass einige der organischen Substanzen, die mit Meteoriten auf die Erde kamen in Wirklichkeit aus den kältesten Bereichen des interstellaren Raums stammen. Und dies könnte wichtig für die Entstehung von Leben auf unserem Planeten gewesen sein."

Membrane sind für die Entwicklung von Leben von entscheidender Bedeutung: "Alles Leben auf der Erde benutzt eine Membranstruktur um sein Inneres gegen feindliche Einflüsse von Außen abzuschirmen", erklärt Dr. Jason Dworkin vom SETI-Institut. "Zudem sind Membrane unerlässlich, wenn Zellen Energie erzeugen wollen." Zur Bedeutung der im Labor erzeugten Proto-Zellen meinte der Forscher: "Membrane sind wie ein Haus: Vielleicht waren diese Moleküle nur zur rechten Zeit an der richtigen Stelle und haben es geeigneten Chemikalien erlaubt einfach dort einzuziehen und es sich einzurichten oder eigene Häuser zu bauen."

In ihrem Labor hatte das Wissenschaftlerteam die Bedingungen im Weltraum nachgestellt: Im Vakuum wurden einfaches Eis mit ultravioletter Strahlung beschossen. Das entstehende Material bildete, als es in Wasser getaucht wurde, sofort Seifenblasen-ähnliche Membranstrukturen. Durch diese Experimente wurde erstmals verdeutlicht, dass die ersten chemischen Schritte auf dem Weg zur Entstehung von Leben nicht einen fertigen Planeten benötigen, sondern sich im tiefen Weltall - lange vor der Entstehung von Planeten - ereignen können. Überall, so die Schlussfolgerung, könnte es diese Grundbausteine von Leben geben, die - sobald sie auf einen lebensfreundlichen Planeten stoßen - die Entwicklung von Leben beschleunigen oder erst möglich machen können.

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