Arbeitslos


 

Nun muß ich auch noch ein paar Worte zu Arbeitslosen und Menschen, die eine Arbeits Beschaffungs Maßnahme machen müssen oder dürfen, erzählen.

 

 

Wie überall, sind auch Arbeitslose in mehrere Klassen eingeteilt. ( nicht offiziell versteht sich, sondern Arbeitsamt intern ) Saisonarbeiter, Normalarbeitslose und Querulanten. Letztere sind die, welche sich mit Widersprüchen ihr Recht zu erstreiten versuchen und deshalb nicht gern gesehen sind.

 

Da sind die Saisonarbeiter, jedenfalls war es vor einigen Jahren noch so und ich habe es selber erlebt, die zwar bei einer Firma fest angestellt waren aber in den Wintermonaten zum Arbeitsamt geschickt wurden. ( Die Folge aus der Abschaffung des Schlechtwettergeldes. )

Zur Arbeitslosmeldung muß man persönlich erscheinen und sich anmelden. Man kam also zum Arbeitsamt und zog dort eine Nummer aus einem Automaten. Dann setzte man sich zu den 20 bis 30 wartenden Leuten und wartet geduldig bis man aufgerufen wurde. Dann ging man in einen Raum, in dem meist zwei junge Beamte saßen, die dich freundlich fragend anblicken und nach deinen Wünschen fragten. Dann musste der Lebenslauf und der Kündigungsgrund offengelegt werden. Am Nebenschreibtisch das gleiche mit einem anderen Arbeitslosen, was für manche, gerade ältere Arbeitslose, sehr peinlich war.

Dann wurde dir ein Antrag auf Arbeitslosengeld ausführlich erklärt, denn ein Arbeitsloser ist ja dumm, und dir erläutert welche Pflichten du als Arbeitsloser hast.

Dann durftest du auf dem Gang wieder Platz nehmen und dort warten bis du aufgerufen wurdest. Dann ging es in ein anderes Zimmer. Dort wieder Lebenslauf und Kündigungsgrund erzählen, Erklärungen des Antrages anhören und den Antrag in Empfang nehmen.

( Es gab auch Zeiten, da musste jeder, bevor er in das Anmeldezimmer durfte, eine komplette Liste aller früheren Arbeitgeber ausfüllen. Diese wurde dann von den Beamten, ohne einen Blick darauf zu werfen, in den Papierkorb befördert.)

Dann den Antrag ausfüllen, die Arbeitsbescheinigungen, Lohnsteuerkarte und Sozialversicherungsausweis so wie den Personalausweis einpacken und den Antrag abgeben. ( Wieder Nummer ziehen, warten, Lebenslauf und Kündigungsgrund erzählen und Belehrungen anhören. ) Dann ging alles seinen Gang. Wer Glück hatte und keinen Fehler im Antrag hatte, konnte in drei bis sechs Wochen mit der Zahlung rechnen. Hatte man aber einen kleinen Fehler gemacht, oder ein Arbeitgeber hatte eine Arbeitsbescheinigung falsch oder unvollständig ausgefüllt, konnte es auch schon mal drei bis vier Monate dauern.

 

Die Saisonarbeiter, also die Leute die "Zeitarbeitslos" waren, brauchten sich nicht oder nur ganz selten zwischendurch beim Arbeitsvermittler melden.

Bei den Anderen sah es anders aus. Die mußten einmal im Monat zwecks Klärung der Lebensumstände auf dem Arbeitsamt vorsprechen.

 

Diese Prozedur wiederholte sich jedes Jahr, denn ich habe 18 Jahre in der Betonsanierung gearbeitet und wir wurden jeden Winter entlassen.

 

Da ich von diesen 18 Jahren fast immer auf Montage, also fünf Tage in der Woche in der Fremde ( überwiegen auf Sylt ) gearbeitet und gewohnt habe, ich muss dazu sagen, wir haben überwiegend mit 6 bis 8 Männern in einem Raum geschlafen - man hatte 5 Tage in der Woche keine Möglichkeit sich einmal aus dem Wege zu gehen, gab es irgendwann mal einen größeren Krach. ( Nicht mit den Arbeitskollegen, sondern mit einem Vorgesetzten, der meinte, um mehr Leistung bringen zu können müsse man die Leute gegeneinander aufhetzen. Dagegen habe ich mich als Vorarbeiter nat�ülich gewehrt! )

Jedenfalls war damit meine Tätigkeit bei dieser Firma beendet. Ich wurde zwar nicht aus diesem Grund entlassen, dann wäre ja die Praktik des Vorgesetzten zur Sprache gekommen, sondern ich wurde im nächsten Frühjahr einfach nicht mehr eingestellt!

 

Damit war der Status "Saisonarbeiter" natürlich beendet und die Meldepflicht beim Arbeitsamt begann.

Da ich damals schon weit über fünfzig war, die Schnauze von der Montage nach 18 Jahren auch voll hatte und nebenbei keinen Führerschein besaß, wurde es mit neuer Arbeit sehr schlecht.

 

Trotzdem wurde ich mit zwei Kollegen, die vorher mit mir zusammen gearbeitet hatten und auch inzwischen von der obigen Firma entlassen wurden, vom Arbeitsamt zu einer Betonsanierungsfirma vermittelt, wo wir für ca. zwei Monate einen Uboot - Ponton ( schwimmende Betonanlegestelle ) sanieren sollten.

Sehr schön! Der Arbeitsvermittler hatte mir einen Stundenlohn von 23,-DM in Aussicht gestellt. Ich hatte zwar vorher 26,-DM Stundenlohn gehabt, aber was sind schon 3,-DM.

Es war Anfang November und bitter kalt, der Vorarbeiter ein Spanier ohne Vollmachten und die Baustelle eine Zumutung. Der Bauwagen, ein ausgedienter Wohnwagen, war Materiallager und Aufenthaltsraum für sechs Leute in einem. Eine Heizmöglichkeit gab es nicht, aber die Arbeitsbedingungen sowie die Arbeitsgeräte waren annehmbar.

Natürlich wurde vor Arbeitsbeginn eine Lohnverhandlung geführt, aber da der Vorarbeiter nichts entscheiden durfte, wurden wir auf die Ankunft des Chefs verwiesen. Auf die Aussage des Arbeitsvermittlers vertrauend begannen wir mit der Arbeit. Leider lies sich der Herr Chef zwei Wochen nicht sehen und auf mein ständiges Drängen um Klärung des Lohnes, die Arbeit war nämlich alles andere als lustig, ( Es mußten lange Stahlschienen aus der Decke gestemmt werden ) wurde uns ein Arbeitsvertrag zum Unterschreiben vorgelegt.

 

In diesem Arbeitsvertrag wurde ein Stundenlohn von Brutto 18,-DM vereinbart. Weiter sollten wir uns zu Überstunden, auf Anordnung des Vorarbeiters, bindend verpflichten. Natürlich ohne Bezahlung, sie sollten irgendwann einmal abgefeiert werden.

 

Diesen Vertrag habe ich nicht unterschrieben sondern bestand auf eine Änderung. Vor allen Dingen wegen der Überstundenverpflichtung. Nachdem weitere drei Wochen vergangen waren, wurde uns der gleiche Vertrag, allerdings als unbefristeter Vertrag, wieder vorgelegt. Da ich auch jetzt noch nicht unterschreiben wollte, wurde ich fristlos entlassen.

 

Natürlich hatte ich während der ganzen Zeit den Kontakt mit dem Arbeitsvermittler aufrechterhalten und hatte mich dadurch abgesichert.

Da ich mich sofort, nach aussprechen der Kündigung, zum Arbeitsamt begab, konnte ich persönlich ein Telefonat des Arbeitgebers mit dem Arbeitsvermittler erleben und mithören.

Darin bezichtigte er mich des unerlaubten Entfernens von der Baustelle und der eigenen Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist.

Dieses hätte eine dreimonatige Sperre des Arbeitslosengeldes zur Folge gehabt. Zu meinem Glück schenkte der Arbeitsvermittler dem Arbeitgeber keinen Glauben.

 

Eine kleine Begebenheit, wie in dieser Firma mit Menschen umgegangen wurde, muss ich einfach erzählen:

Es wurden zwei Arbeiter von einem Seelenverkäufer aus Hamburg angefordert, die Wasser, Strahlsand und Bauschutt aus dem Ponton entfernen sollten. Man hatte ihnen erzählt, sie könnten in der Kaserne essen und schlafen, was leider nicht zutreffend war.

Sie wurden morgens an der Baustelle abgeladen und das Auto fuhr wieder weg. Sie hatten weder Gummistiefel noch Regenzeug und auch nichts zum Essen bei sich. Bekamen aber auch von unserem Vorarbeiter nichts dergleichen.

An diesem Tag war richtig Sturm mit Schneeregen angesagt. Im Ponton stand kniehoch das Wasser, das mit Eimern nach oben gezogen werden sollte. So musste einer, ohne Gummistiefel, nach unten, der andere sollte diese dann hochziehen. Ohne Wetterzeug.

Außerdem hatten sie noch keinen Schlafplatz.

 

Da wir unsere Gummistiefel selber gebrauchten, konnten wir ihnen damit auch nicht aushelfen. Aber unsere Regenjacken haben wir ihnen gegeben und nachdem wir dem Vorarbeiter mit Streik gedroht hatten, besorgte er ihnen auch einen Schlafplatz in einer Pension. Am nächsten Tag haben wir dann von zu Hause Gummistiefel mitgebracht.

Diese armen Jungs bekamen einen Stundenlohn von 12,-DM und eine Auslösung auch von 12,-DM am Tag.

 

Nach dieser kurzen Episode war ich dann bis zum August des folgenden Jahres arbeitslos und bekam dann eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme bei der Stadt Eckernförde.

 

Diese ABM durfte ich zwei Jahre auf dem Bauhof in Eckernförde ausführen und bin seitdem wieder arbeitslos und nicht mehr vermittelbar!

 

über die ABM berichte ich später.

Auf dieser Page wird eine Lanze für uns Arbeitslose gebrochen.


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