Das Tagebuch der Ellen Rimbauer
Mein Leben auf Rose Red
17.April.1907-Seattle
Liebes Tagebuch
Deinen Seiten meine Gedanken anzuvertrauen,empfinde ich als recht schwierige Aufgabe;eine Aufgabe,der ich mich kaum gewachsen fühle, aber da mir die wiedersprüchlisten Gedanken durch den Kopf gehen und mein Herz angefüllt ist mit romantischen Gefühlen und Vorstellungen,muss ich mich einfach jemanden anvertrauen,und so wende ich mich deinen Seiten zu.
Ich habe die neunzehn Jahre meines bisherigen Lebens ganz in Erwartung jener Zeit verbracht, da ein Mann seinen Weg in mein Herz und in mein Leben findet und mit Liebe,Leidenschaft und Hingabe meine Gefühle weckt. Diese Zeit ist nun gekommen.Wenn ich nur an John Rimbauer denke,bin ich der Ohnmacht nahe und manche meiner Gedanken geziemen sich in keiner Weise für eine Dame,die zu sein man von mir erwartet.
Manchmal ergreift das körperliche Verlangen von mir Besitz.Liegt es am Einfluß der leichten Romane,wie meine Mutter sie zu nennen pflegt,oder bin ich sündhaft,wie mein Vater andeutete ( nein,nicht mit Worten,sondern indem er mich mit erhobenen Augenbrauen und gerunzelter Stirn strafend ansah ) ?
Zugleich,wie ich gestehen muss,beschleicht mich auch das Gefühl,dass Gefahr auf Armeslänge lauert.Tod.Angst.Zerstörung.Rührt dies womöglich von den Schuldgefühlen her,die mich wegen meiner wenig damenhaften Phantasien plagen,denen ich erliege,wenn ich im Dunkeln allein bin ?
Herausgebracht vom Vgs-Verlag