Das Puppenhaus
In all den Jahren im Weißen Haus, in denen er für so viele Kinder den Vater,Onkel und Großvater hatte ersetzten müssen, war ihm noch nie ein unglücklicheres Kind begegnet, dachte Leonard Jakobs.Wie so viele von den Reichen und Weißen schien es die die Kunst des Glücklichseins einfach nicht zu kennen.Sicher,die Mutter war eine heimliche Trinkerin, und der Papa hatte nie Zeit, na und ? Das kam doch nicht bloß bei den Reichen und Weißen vor. Manche Kinder wurden damit fertig und andere eben nicht.
Aber das hier ging ihm nahe.Sie war ein niedliches kleines Kind,obwohl sie niemals eine wirkliche Schönheit werden würde.Nein, sie sah ihrem Vater zu ähnlich,und früher oder später,vielleicht erst,wenn sie eine alte Frau war, würde der Vater in ihr zum Vorschein kommen.Aber auch jetzt schon war sie zäh und willensstark wie er,und das war ja auch schon ganz schön weit.
Es war ihre hoffnungslose Verlorenheit,die ihn rührte.Er hatte das Gefühl,daß dieses arme Wesen jetzt schon verloren war,bevor sein Leben richtig begonnen hatte.Wie so ein dünnes,einfältiges Hundebaby,das niemals genug Milch von seiner Mama bekam,bloß Trtitte,und wenn es zum ersten Mal rausgeht,kommt es bestimmt gleich unter den Lastwagen.
Es gab ja nicht viel,was er für sie tun konnte : mit ihr herumalbern,sie zum Lächeln bringen,wenn sie ihm während der Arbeit begegnete.
herausgebracht vom Heyne-Verlag