6. Troisdorfer 6h-Lauf, Troisdorf, 12.11.2006
-Trostlos in Troisdorf-


Sonntag, 5:45 Uhr. Der Wecker bimmelt und ich öffne müde meine Augen. It's Ultra-Day. In solchen Momenten frage ich mich schon einmal, was der Scheiß eigentlich soll. Aber nur kurz, denn ich freue mich auf den Sechsstünder in Troisdorf und Ultralaufen erfordert nun mal kleine Opfer - auch beim Schlaf. Also schäle ich mich aus dem Bett.

Der Optimist in mir hat sich 55 km + X als Ziel gesetzt. Der Realist tippt sich aufgrund der schlechten Vorbereitung diesbezüglich an die Stirn und hält das Ziel für derzeit kaum erreichbar, aber so 52-53 Kilometer für machbar.
Neue Schuheinlagen und doppellagige Socken sollen helfen, diesmal das Fußballenblasenproblem in den Griff zu bekommen.

In Troisdorf angekommen treffe ich unter anderem auf Laufkumpel Andre und Christian Müller (Müllitsch), unsewren "Pavillon-Untermieter" vom 24-Stunden-Lauf in Bad Lippspringe.
Beim Umziehen erkenne ich "Frett" von Laufen-Aktuell und treffe kurz danach draußen auch das "Greenhörnchen", das mir aufgeregt entgegengehüpft kommt. Im Startbereich sind dann noch weitere "Aktuelle".

Um 10:00 wird dann das Feld bei gut 10°C auf die erste, 2,5 km lange Runde geschickt. Es geht aus dem Aggerstadion hinaus und dann nach rechts am Waldrand vorbei, bevor es, wieder rechts, auf einen etwas matschigen Deich geht.
Hier ist die Musik aus dem Stadion noch gut zu hören, die aus Wunschtiteln der Läufer zusammengestellt wird. Nach ein paar hundert Metern geht es, wieder auf Asphalt, durch ein Wohngebiet und kurz nach der Hälfte der Runde rechts auf eine Straße, aus der einem die ganze Zeit kräftiger Wind entgegenbläst. In der Ausschreibung steht etwas von "Strecke nicht windanfällig", aber das weiß der Wind wohl nicht.
Am Ende der "Windgasse" wieder ein Rechtsknick und man läuft geradeaus und auf das Stadion zu. Nachdem man das Verpflegungszelt durchläuft geht es ein Stück auf die Tartanbahn, um eine Wendepuppe herum und über die Zeitnehmermatte.
Nach dieser ersten Runde höre ich bereits "Eye of the tiger" von Survivor aus den Stadionlautsprechern; einen meiner zwei Wunschtitel.

Ich habe mir vorgenommen, in einem 6er-Schnitt zu laufen, so lange es gut geht - also 15 Minuten pro Runde. Die erste Runde habe ich nach 14:22 hinter mir; zu schnell. Ich bremse mich etwas und werde von Runde zu Runde etwas langsamer. Nach 5 Runden liege ich noch etwa im Soll, werde aber weiterhin immer langsamer. Beim Beenden der 6.Runde höre ich "Played-a-live" vom Safri Duo, meinen zweiten Wunschtitel. Zufall? Ich blicke hoch zum DJ in der Sprecherkabine. Aus dem Aquarium wird mir ein Daumen entgegengestreckt. Ich grinse und strecke dankend zurück. Gutes Timing, Mr. DJ! Aber später (oder ist es doch schon vor de 6. Runde?) passiert etwas, was mir bei Rundenläufen noch nie passiert ist: mir wird langweilig. Ich habe einfach keine Lust mehr, fühle mich müde in den Beinen, leer und unmotiviert.Der Kampfgeist ist flöten, mein Wunschziel auch. Zwischendurch schauert es passend dazu mal mehr, mal weniger heftig vom Himmel. Früh greife ich bereits zur Cola, aber der Wurm ist drin. Ich nehme mir immer häufiger Gehpausen und versuche mich an der Ursachenforschung. Habe ich einfach einen schlechten Tag erwischt? Habe ich seit dem letzten Ultra, 4 Wochen vorher, zu wenig getan oder war die Pause zu kurz?
Ich finde keine eindeutige Lösung und keinen Weg aus dem Tief. Leichte Magenschmerzen kommen hinzu und ich verliere 8 Minuten in der Keramikabteilung. Neue Ziele werden gesteckt. Selbst 50 Kilometer habe ich gestrichen und ich überlege, nach dem Marathon auszusteigen. Oder nach 45 Kilometern. Aber kurz nach der Klopause geht es mir etwas besser und ich nehme wieder mehr Fahrt auf.
Jetzt sind es verkrampfende Waden, die ein Durchlaufen der Runden verhindern und weiterhin kurze Gehpausen erforderlich machen. Inzwischen ist ein Teil des Kampfgeistes wieder zu mir zurückgekehrt und ich weiß, dass ich auch nach 45 Kilometern nicht aussteigen werde, sondern bis zum Schluß versuche, das Ergebnis nicht ganz so blamabel zu gestalten.
Bevor ich das letzte Mal über die Zeitnehmermatten laufe, hole ich mir eine Jacke und ein Fläschchen Schorle aus dem strategisch an der Strecke geparkten Wagen und höre dann kurz nach der Streckenhälfte den Schuß, der das Rennen beendet.
Andre kommt dazu, während ich auf die Streckenvermesser warte, die recht fix vor Ort sind.
Auf dem Rückweg zum Stadion treffen wir auf "Greenhörnchen", die ihren ersten Marathon und ersten Ultra geschafft hat und nach dem Duschen sitzen wir noch mit einem Teil der "Laufen-Aktuell-Foris" nett zusammen, bevor es dann mit Urkunde wieder heimwärts geht.

Fazit: mit erreichten 48,815 Metern bin ich Weit hinter meinen Erwartungen und noch viel weiter meinen Hoffnungen geblieben. Viel Positives kann ich diesem Tag in Troisdorf nicht abgewinnen. Ein Ultra mehr für die Statistik, auch wenn es nur ein "Ultra light" geworden ist - aber das ist nicht das, was ich eigentlich wollte. Es gab zumindest keine Blasen am Fuß, die neuen Einlagen scheinen was gebracht zu haben. Aber wie die muskulären Probleme der Tage danach zeigen, müssen sich die Beine wohl erst noch darauf einstellen.
Im Nachhinein ärgere ich mich deshalb noch manchmal über mich selbst, denn Wenn ich mich etwas mehr zusammengerissen hätte, wären zumindest 50 Kilometer sicher möglich gewesen. Über die weiteren Ursachen des kleinen, persönlichen Desasters rätsel ich noch immer. Persönliche Fehler in der Vorbereitung und Pech haben sich wohl gut ergänzt.
Vielleicht bleibt ja wenigstens ein Lerneffekt, was die Vorbereitung künftiger Ultras angeht.
Denn wie heißt es so schön: war der Lauf nicht Dein Freund, so war er Dein Lehrer.

Fotos von Andre

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