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Zum Atikel "Tourismus", der in der Online-Ausgabe vom 25, Juni 2004 in der "Athener Zeitung" erschien, ein Kommentar von mir (verfasst im Juni/Juli 2004)  

"Siga, siga." Zwei Worte, eine geläufige Redewendung. Ihre Bedeutung ist uns allen vertraut, da hier ein Stück griechischer Mentalität zum Ausdruck kommt. Im gleichen Atemzug überspitze ich im Zusammenhang mit dem o. g. Beitrag das Paradoxon "tacker, tacker".


 

Das Produkt "Tourist" hat einen nicht uninteressanten Wirschaftszweig - den Tourismus - in den vergangenen Jahren in Griechenland gebildet. Zahlreiche Gewerbebetriebe, die in diesem Bereich tätig sind, schossen förmlich wie die Pilze aus dem Boden: Hotels, Restaurants, Bars, Cafés, Souvenir-Shops und, und, und. Mit kontinuierlichem Besucheranstieg wuchs auch die Zahl der Kleinbetriebe - m. E. in einem nicht ausgewogenen Verhältnis.


 

Zwischenzeitlich prägten verschiedene Ereignisse das Reise- und Konsumentenverhalten der Menschen: das Ereignis des 11. September 2001, die Währungsunion (Umstellung auf den EURO als gültiges Zahlungsmittel) zum 01. Januar 2002, die SARS-Krise - aber auch die allgemeine Wirtschaftslage.


 

Dieses Ungleichgewicht der Vergangenheit wird in der Gegenwart regelrecht quittiert: Beherbungsbetriebe klagen zum Teil über Unterbelegung; manch ein Haus öffnet gar nicht mehr. Mit den gastronomischen Einrichtungen sieht es nicht viel besser aus. Umsatzeinbußen und Schließung der Geschäfte stehen auf dem Programm.


 

Das Streben nach Gewinn ist ein menschliches Naturell, um mit möglichst geringem Aufwand die höchste Effizienz zu erreichen. Das gelingt aber nicht, wenn nur einseitig gedacht wird - also sinnbildlich: wenn wir nur eine Seite der Medaille betrachten, ohne zu schauen, wie die Rückseite aussieht.


 

In den vergangenen Jahren strebte der Tourismus zu einer gutgehenden Einnahmequelle auf. Und für so manch einen bot sich ein lukratives Einkommen bei einem 6/12- bzw. 7/12-Arbeitsjahr. Aber auch das ist für viele vorbei.


 

Die Einkommensverhältnisse und die Ansprüche des Gastes haben sich verändert. Hier wurde im Gastgeberland nicht unbedingt auf diese Veränderung geachtet. Stattdessen am "alten Stil" festgehalten und auf eine mögliche Gewinngrenze hingearbeitet. Was nützt mir eine mit Cafés ausgerichtete Hafenpromenade, wo nur spärlich Gäste einkehren. Woran mag das liegen?


 

Aber es wäre eine einseitige Betrachtung, würde ich nur einen Bereich beleuchten. Wenn wir ganz ehrlich sind, wozu dienen Swimmingpools am Meer? Es ist eine Annehmlichkeit, um dem Gast den Urlaub zu verfeinern. Für den einen gehört es zur Standardausstattung - für den anderen ist es überflüssig. Mit der Animation ist es das gleiche Prinzip. Hier müsste ich ketzerisch fragen, ob das Zielgebiet so uninteressant oder unattraktiv ist, das Animation angeboten wird. Kann man Animation durch ein noch umfangreicheres Ausflugsprogramm kompensieren? Wenn ich hier von Animation schreibe, so bezieht es sich nicht auf die Kinderbetreuung, die wohl ein sehr guter Service ist. Kinder möchten gemeinsam spielen, basteln, lachen - ihren Interessen nachgehen.


 

Reiseveranstalter lernen aus den Ansprüchen und Wünschen ihrer Kunden. Sie können dementsprechend auch reagieren, trotz Konkurrenzkampfes. Bei dieser Flexibilität besteht meiner Meinung noch Nachholbedarf in Griechenland.


 

Für mich ist es nachvollziehbar, dass der einzelne Unternehmer in gutem Glauben viele Wünsche seiner Gäste und Kunden erfüllt. Er verspricht sich davon, dass die Kunden zufrieden sind - und sich nicht zuletzt auch sein Geldbeutel füllt. Im Nachhinein, wenn Wünsche und Vorstellungen nicht in Erfüllung gehen, dann ist der griechische Unternehmer nicht gerade glücklich. Doch nicht selten ist es aber so, dass die positiven Wünsche der Gäste/Kunden sehr schnell erfüllt - aber die eigenen Schranken oder eventuelle Grenzen nicht oder sehr spät erkannt werden.


 

Wie in dem Artikel erwähnt, sind die Olympischen Spiele, vor denen Athen jetzt steht, ein vergängliches Ereignis. Den Tourismus gab es vor diesen Spielen und ihn soll es auch weiterhin geben. Die Olympischen Spiele gaben den Impuls für bedeutende Veränderungen in der Infrarstruktur hinsichtlich Verkehrsnetz, Neubau von Sportstätten, Sanierung von Museen. Athen und das Land möchten voller Stolz glänzen, wenn sie im August Feststätte dieses grossen Ereignisses sind, wo hoffentlich sehr viele Menschen beiwohnen werden.


 

Insoweit ist es zu überlegen, ob der Tourismus nicht auch als ein kleines "Olympia" angesehen werden könnte. Die Gäste möchten ihre Ferien nicht nur im Hotel, am Strand oder im Café verbringen. Vielmehr sind sie auch daran interessiert, die Kultur, die Geschichte, die Natur, das Leben kennenzulernen.

Vielleicht ist es hilfreich, wenn hier ein konstruktives Umdenken in der Methodik einsetzt. Die Schaffung eines sogenannten "sanften Tourismus". Ich denke hierbei gerade auch an die beliebten Urlaubsinseln. Es wäre schade, wenn ihr Glanz, ihre Schönheiten, ihre Geschichten dem Bauboom weichen würden.


 

Nicht zuletzt wäre eine vorübergehende Begrenzung von bestimmten Branchen auch sehr hilfreich. Im ersten Moment löst es Entsetzen und Bestürzung aus. Doch die Vorteile liegen auch auf der Hand:


 

  • Bedingt durch sehr viele Pauschalurlauber (sehr oft All inklusive) haben gastronomische Stätten Umsatzeinbußen. Eine Begrenzung der Anzahl könnte einerseits dienen, Preistreiberei einzudämmen; andererseits verhindert sie möglicherweise auch vorprogrammierte Pleiten.

  • Für Souvenirshops, Autovermietungen, kleine Minimärkte lassen sich evtl. ähnliche Modelle entwickeln.


 


 

Seit mehreren Jahren komme ich regelmässig nach Griechenland. Das Festland habe ich (noch) nicht kennengelernt, mich zog es immer wieder zur Inselwelt. Ich mag die Menschen, ihr Leben, ihre Kultur, ihre Geschichte. Aus diesen Aufenthalten habe ich sehr viel gelernt. Für mich selbst - aber auch im Umgang mit den griechischen Freunden. Geduld und Argumente sowie möglichst viele anschauliche Beispiele sind sehr gute Mittel, um Denkanstösse zu geben.

 

Auf der Internationalen Tourismus Börse 2004 in Berlin habe ich ein sehr innovatives Gefühl gehabt. Im Vergleich zum Vorjahr herrschte ein informatives Flair, ohne dem Drang nach einem schnellen Abschluß. Ich denke, das ist der entscheidende Knackpunkt, den der griechische Tourismus gebrauchen kann. Mehr mit Informationen arbeiten, der Zufluss kommt von ganz allein.


 

Aber mal ehrlich: Ein größeres Fremdenverkehrsbüro, direkt am Hafen oder am KTEL-Bahnhof, das ist ein innovativer Gedanke. Der Besucher geht in das Büro und erhält viele nützliche Informationen über den Ort, die Umgebung, Veranstaltungshinweise, Übernachtungsmöglichkeiten - ohne lange orientierungslos umherzuirren. Informationstafeln an verschiedenen Standpunkten des Ortes erleichtern dem Besucher das Zurechtfinden. Bonusprogramme für den Personennahverkehr, für Museen, archäologische Stätten runden den Anreiz einer Region ab.


 

Es gibt viele Möglichkeiten, den Tourismus attraktiv zu gestalten, doch man muss sich den sichtbaren Veränderungen auch stellen. Ansonsten wird man vom Zahn der Zeit überrollt. Hier setze ich auf die chinesische Weisheit: "Schimpfe auf dich selbst, nicht aber auf die Sonne, wenn dein Garten nicht blüht."


 

Die Griechen haben ihr Versäumnis erkannt - und nun mit sich geschimpft. Jetzt können wir uns freuen, wenn in den nächsten Jahren der griechische Garten wieder so erblüht, dass keiner ihn mehr missen möchte.


 

Ich werde das Geschehen beobachten, bestaunen und jeden Fortschritt lobend festhalten. Denn auch ein Teilerfolg ist ein Erfolg.

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