Dienstag, 30.07.02

Tag 21

Slowenien

Route:Jezica-Celje-Vojnik

Übernachtung: Acker hinter Vojnik

Das hätte ein wirklich schöner Tag werden können.Ich war gerade dabei, die ländliche Idylle Sloweniens zu genießen: Saftige, grüne Wiesen, sanfte Hügel, verträumte Dörfer.Zur Mittagszeit saß ich unter einem Birnenbaum, machte Rast.Ein Bauer, der nebenan das Heu aufmischte, winkte mir zu.

 In Slowenien

Später dann:Plattfuß hinten.Der erste überhaupt mit diesem Fahrrad, nach insgesamt mehr als 7000 Kilometern.Ok.Schattiges Plätzchen gesucht, Reserveschlauch rein, provisorisch aufgepumpt, ab zur nächsten Tankstelle.

Dort will ich noch etwas Luft hineinlassen, es soll ja immer schön prall sein.Dann hat man weniger Pannen und es rollt besser.Nun ja, voll wäre es ja schon.Aber zur Sicherheit drücke ich noch einmal kurz am Kompressor...

Knall...Platz...Bumm..Da ist mir doch tatsächlich mitten in Slowenien der Schlauch explodiert.Also hole ich den defekten Schlauch raus und flicke ihn.Der Reserveschlauch wandert hingegen in die Mülltonne.Und diesmal hab ich nicht wieder so viel Luft reingelassen...

Danach schiebe ich mein Rad in Richtung Toilette.Hände waschen.Ich will meinen Bikecomputer, den ich zuvor in meine Lenkertasche gesteckt hatte, wieder aufstecken.Aber er ist verschwunden.Spurlos.

Ich renne wie ein irrer zurück.Das Ding, der Ciclomaster CM 414, liegt mitten zwischen Zapfsäulen und Kassenbereich.Er muß mir aus der Tasche gefallen sein.Jedenfalls ist er jetzt wohl kaputt.Ich denke, da ist einer mit dem Auto drüber gefahren.

Das Thermometer zeigt permanent 39 °C an.Die Anzeige ist sehr schwach.Die Energiezufuhr scheint irgendwie gestört zu sein.Ich tausche die Batterie vom Empfänger in den Computer.Ob das hilft? Es scheint so.Aber die Anzeige wird wieder schwächer.

Das kleine Ding ringt um sein Leben.Es zählt zwar noch müde die Kilometer, aber auf seinem Display kann ich kaum mehr was erkennen.

In Celje kaufe ich ein.Einen Campingplatz gibt es hier weit und breit nicht.Egal, ich suche mir irgendwo ein schönes Plätzchen.Ich fahre weiter in Richtung Maribor und komme durch Vojnik.Kurz hinter dem Orstausgang:Knackgeräusch am Hinterrrad.Speichenbruch, auch der erste im Leben meines Fahrrads.19.00 Uhr.Was nun?

Auf einer Terrasse vor einem Haus Mama, Papa und Oma.Ich gehe hin und frage, ob ich auf der Wiese hinter dem Haus zelten darf.Ich darf.

Wiese ist gut.Ich stelle mein Zelt in die hinterste Ecke.Aber da ist gar kein Gras mehr, sondern nur noch feuchte,schlammige Erde.Egal.Rein in den Morast.

Ich versuche, eine Ersatzspeiche einzuziehen.Das funktioniert aber nicht, weil ich dazu die Kassette entfernen müsste.Für sowas hab ich kein Werkzeug dabei.Aber zwei Notfallspeichen hab ich schon.Die sind aber beide zu lang.Ich könnte den Typen erwürgen, der mir die verkauft hat.

Also gut.Ab mit der Felge zum nächsten Fahrradladen/Werkstatt.Morgen früh.

Das Abendessen fällt heute aus.Mitten beim kochen der Nudeln geht das Benzin aus.So gibt es nur eine kleine Banane.

Jetzt liege ich im Zelt und schreibe diese Zeilen hier.Der Bezug für meine Matte ist total naß.Hinter meinem Zelt fließt eine schlammige Bracke, sagen wir Bach dazu.Die Straße verläuft in einem weiten Bogen ungefähr 150 Meter an meinem Camp vorbei.Jeder, der richtig hinschaut, könnte mich sehen.Aber das ist mir egal.

Denn Slowenien ist in Ordnung.Ich fühle mich in diesem Land sicher.Die Leute hier sind sehr nett.Hier kann man sich bedenkenlos in die Wälder und Wiesen zum pennen hauen.Alles überhaupt kein Problem.Der Lebensstandard in Slowenien ist relativ hoch, die Preise vielleicht dennoch etwas niedriger als bei uns.

Ich hoffe nur, daß mir jemand morgen früh für wenig Geld eine Speiche einsetzt.Und wenn es einen billigen Kilometerzähler gibt, dann kaufe ich den auch.Es ist die Hölle, wenn man den ganzen Tag Rad fährt und am Ende weiß man nicht, wie weit man gekommen ist.

Wer baut schon den ganzen Tag lang einen Turm und weiß am Abend nicht, wie hoch und wie breit er geworden ist?

Ach ja:Die Prepaid-Karte von meinem Handy ist alle.Keine Anrufe mehr ins Ausland, keine Sms.Nix.

Abgeschnitten, ohne Kontakt zur Heimat, hungrig, ein kaputtes Fahrrad, eine nasse Matte.Es ist schon schlimm, aber es könnte schlimmer sein.Ich bin gesund.Einsam, aber gesund.Das Leben ist schön.

Tageskilometer: ca. 91

Gesamtkilometer: 2039

Ø: k.A.

Tageshöhenmeter: ca.300

Gesamthöhenmeter: 9582

 

Mittwoch, 31.07.02

Tag 22

Slowenien

Route:Vojnik-Konjice-Ptuj-Ljutomer-Banovci

Übernachtung: Campingplatz Banovci für 10,50 Euro

Aufstehen um 7.00 Uhr.Man hat schließlich Probleme und was zu erledigen.

Vor dem Haus sitzen wieder die Leute von gestern.Zuerst gibt es einen Kirschlikör, auf nüchternen Magen.Erläuterung der Sachlage.Der nächste Mechaniker befindet sich im 10 Kilometer entfernten Konjice.

Ich frage nach dem Bus, doch der Herr des Hauses fährt mich mit dem Auto hin!Also dann, schnell die Felge ausgebaut, Bike und Gepäck untergestellt, und los.

Der Mechaniker in Konjice ist ein Fachmann, ohne jeden Zweifel.Ich will gerade den Mantel von der Felge lösen und gfeife nach meinem Reifenheber.Doch der schüttelt nur den Kopf und nimmt mir das Ding aus der Hand.Binnen weniger als vier Sekunden entfernt er den Mantel, den Schlauch und das Felgenband.Dann ist die Felge nackt.Unglaublich.

Statt die Kassette zu entfernen, biegt er meine Ersatzspeiche so, daß sie vorbeipasst.Ich protestiere, aber er meint nur, das mache er schon seit 20 Jahren so, das ist kein Problem.Es sei schließlich eine Edelstahlspeiche.Ruck-Zuck geht das.Ist zwar etwas krumm, das Ding, aber er meint, das geht schon so.1000,- Tolar hat`s gekostet, ca. 4 Euro.(Tatsächlich hat die Speiche die nächsten 1320 Kilometer bis nach Hause überstanden)

Zurück mit dem Auto.Der Mann will nichts dafür haben, obwohl er 20 Kilometer und eine Stunde Zeit geopfert hat.Danke!

Dann mit dem Rad nach Konjice, da wo mein Hinterrad schon einmal war.In einem Fahrradladen hab ich einen neuen Bikecomputer gekauft.Der CM 414 zeigte zum Ende seines jungen Lebens eine lustige Animation auf seinem Display.Die Zeichen liefen nur noch ohne Sinn im Kreis umher.

Du hast mir gute Dienste geleistet.

Ruhe in Frieden.

Amen.

Ich erstehe einen billigen „Sigmasport 700".Ein Gurkenteil.Keine Höhenangaben, kein Thermometer, keine Steigungsmessung,etc...Also kann ich für den Rest der Tour keine Höhenmeter mehr angeben.Ich bitte um Verständnis.

Nach der Montage dieses Geräts ist es schon 12.30 Uhr.12 Kilometer waren es bis dahin.Jetzt kann`s ja endlich richtig losgehen, denke ich mir.Doch dann schaltet sich das Regenprogramm ein.Egal.Drauf geschissen.Ich muß weiter.

Wenig später hänge ich an einem Hügel mit ausgewiesenen 18% Steigung und komme nicht weiter.Nicht, weil es so steil ist.Nein.Weil ich lachen muß.Ich hänge an der Leitplanke, es gießt wie aus Eimern und das Wasser käuft mir überall herunter.Ich stehe da und lache.5 Minuten lang.Was mache ich hier eigentlich? Ich denke, ich brauche jetzt einen Psychologen.

Oben angekommen setze ich mich an eine Bushaltestelle.Ich muß mich sammeln, den Kopf wieder frei bekommen.Mehr als 20 Minuten glotze ich vor mich hin, nippe an meiner Trinkflasche und beobachte die dicken Wassertropfen, die in die großen Pfützen fallen.Dann erst fühle ich mich wieder normal.

 Ptuj

Richtung Ptuj rollt es dann ganz gut.Zwischen Dornova und Ljutomer dann eine wilde Achterbahnfahrt.Hoch und runter.20% Steigung waren auch öfter mal dabei.Ich brauche alle 27 Gänge.

Campingplatz mit Thermalbad.Wer`s braucht...Kochen:Das Übliche.

Morgen erreiche ich Ungarn.Es geht voran.Fazit:Es hat mir gut gefallen in Slowenien!Andererseits war es das anstrengenste Land, das ich je mit dem Rad bereist habe.Berge, heftiger Wind, Hitze, dann wieder Regen, etc...Und die Pannen.Aber dafür kann ja Slowenien nichts.

Ungarn, sei bereit.Ich komme!

Tageskilometer: 102,41

Gesamtkilometer: 2141

Ø: 19,0 ab Konjice

Tageshöhenmeter: k.A.

Gesamthöhenmeter: k.A. (9582 bis Vojnik)

 

Donnerstag, 01.08.02

Tag 23

Slowenien / Ungarn

Route:Banovci-Murska Sobota-Hodos-Grenze Slowenien/Ungarn-Zalalövö-Körmend

Übernachtung: Privatzimmer in Körmend für 2500,- Forint (1 Euro= ca.248 Forint)

Nach 20 Kilometern endlich Frühstück in Murska Sobota.Ich hole mir Gebäck beim „Mercator" und den Kaffe dazu gibt's in einem „Barcaffe" nebenan.

Heute lief es ganz gut, wenn auch wieder etwas hügelig.Zwischendurch überholte mich mal wieder einer dieser Rennradler in Lance Armstrong-Haltung.Doch ich hole auf.Wenig später bin ich dicht hinter ihm.Doch da kommt ein Hügel und der Typ dreht um!Du Feigling!Dich hätte ich glatt versägt, am Berg und mit Gepäck.Schade.

Nach exakt 50 Kilometern um 13.00 Uhr erreiche ich die Grenze zu Ungarn.Der Grenzer schaut in meinen Paß und fragt:"Where do you want to go?" Ich deute lässig mit dem Finger die Straße hinunter und sage:"Back to Berlin".Das war filmreif.Es hörte sich jedenfalls alles ziemlich gut an.

Geldwechsel und dann rein nach Ungarn.Man merkt sofort, daß Ungarn merklich „ärmer" als Slowenien ist.Zuerst mache ich den „Grußtest".Ich will wissen, wie die Leute hier drauf sind.Das bedeutet, ich fahre durch die Dörfer und über die Straßen, lächle die Leute an, grüße entgegenkommende Radler, versuche beim Einkauf ins Gespräch zu kommen,etc...Aber die Leute sind hier anscheinend nicht so wie noch in Slowenien.Etwas grimmig und verschlossen kommen sie daher.So mein allererster Eindruck.

 Störche....

Und da waren sie wieder:Störche.Ein Haufen Störche.Und einsame Landstraßen, die kilometerweit geradeaus durch den Wald verlaufen.Irgendwie fast so wie in Lettland.Auf der Straße zwischen Zalalövö und Körmend sieht man nur alle drei Minuten ein Auto.Wenn überhaupt.

Zuvor,in Öriszentpeter, machte ich Rast am Dorfbrunnen.Dort traf ich ein einheimisches Radlerpärchen.Die meinten, nach Norden würden sie nicht fahren, wegen der Distanzen.Distanzen?Wie meinen die das?Jetzt weiß ich es.Die Orte liegen relativ weit auseinander hier.Und die Straße ist langweilig und öde.

In Körmend wollte ich eigentlich noch weiter nach Szombathely.Aber vor mir braute sich wieder mal eine dunkle Wetterfront zusammen.Man sagt, es gäbe eine Menge Privatzimmer hier, die nicht allzuviel kosten.Beim dritten Versuch klappt es.

1.Versuch:Voll.2.Versuch:Wasserschaden im Zimmer.3.Versuch:Ein schönes Zimmer im Dachgeschoß mit Fernseher und Balkon für umgerechnet etwa 10,-Euro.Phantastisch.

 Privatzimmer in Körmend

Ein Wannenbad (!?!) für den geschundenen Körper, danach ins Restaurant nebenan.1700,- Forint für ein leckeres Essen, Bier und Nachtisch.Rauchen ist verboten im Restaurant.Ich bin der einzige Gast.

Anschließend ein kleiner Verdauungsspaziergang durch Körmeds Innenstadt.Langeweile.Ich bestelle ein Bier in einem Straßencafe in der Fußgängerzone.Wieder bin ich der einzige Gast.

Im Radio spielen sie „Brothers in Arms".Ich will jetzt nicht wieder die Geschichte vom „Lonely Traveller" rausholen, aber im Augenblick bin ich es wohl.Selber schuld, du Trottel.

Es ist jetzt 21.30 Uhr und ich sitze auf meinem Balkon und schreibe.Im Zimmer hab ich noch eine Kerze gefunden und ich genieße den rest des Abends.Ach, das schön, wenn man am Abend einen Stuhl und einen Tisch zu Verfügung hat.Sonst sitzt man immer auf der Gepäckrolle im Gras und irgendwann tut einem der Rücken weh.

Mit dem 26 jahre alten Fernseher kann ich neben den ganzen ungarischen Programmen als einiges deutschsprachiges Programm „VIVA" empfangen.Total merkwürdig.

Hier in der Gegend müssen wohl viele Touris aus Austria herkommen.Überall liest man deutsche Schriftzüge an Geschäften,Werbung und so.Und sehr viele Schilder mit „Zimmer frei" und sowas.

 Souvenir gefällig?

Noch ein kleines Dosenbierchen, ein Zigarrettchen, dann ab ins Bett.Ins Bett.Hört sich komisch an, ist aber so.Blödes Gequatsche.Gute Nacht!

Tageskilometer: 98,93

Gesamtkilometer: 2239

Ø: 19,7

 

Freitag, 02.08.02

Tag 24

Ungarn

Route:Körmend-Szombathely-Bük-Beled-Csorna

Übernachtung: Campingplatz in Csorna für 1100,- Forint

Das war eine lange Etappe heute, von der Zeit her.Start war um 9.30 Uhr und um 20.30 Uhr kletterte ich vom Rad.Und anstrengend war es auch.Wegen dem Wind.

Wind.Von vorne, aus nördlichen Richtungen.Zu was ist Wind eigentlich nutze? Genau!Was hat Wind für einen Sinn?Im Grunde ist er zu gar nichts nutze.Und überhaupt:

Sollen die blöden Pollen doch selbst schauen, wie sie zu nächsten Blüte kommen! Ich muß mich schließlich auch um alles selbst kümmern.

Nun ja. Ich meckere nicht.Ich bleibe gelassen.Dann muß ich eben länger im Sattel sitzen.Hab` ich auch gemacht, ich hab` doch ganz gut was geschafft heute.Aber es macht eben einfach keinen Spaß, bei 14 Km/h auf flacher Strecke zu radeln.

Diese Gegend hier war anders in meiner Tourplanung vorgesehen.Es ist schließlich weitestgehend flach hier.Trotzdem werde ich schon ab Morgen in der Slowakei sein.Es geht also doch voran.

Zum Frühstück in Körmend holte ich mir in einem Supermarkt belegte Brötchen und setzte mich damit an eine Tankstelle.

Eine Ameise schleppt ein Stück Wurst weg, das mir runtergefallen war.Ein Drama.Das kleine Tierchen zerrt einen Brocken weg, wie wenn ein Mensch ein ganzes Haus wegziehen würde.Bewundernswert.

In Szombathely hab`ich zwei Stunden damit verbracht, ein Internetcafe zu suchen, zu finden und den weiteren Weg ausfindig zu machen.In der"OPT-Bank" darf ich umsonst ins Internet.Nach 20 Minuten stand auch schon die Verbindung.

Ich fuhr heute über schöne Nebenstraßen.Hier ist Ungarn schön und die Leute sind im Grunde in Ordnung.Nette Gespräche gab`s zwischendurch auch mal.In Beled zum Beispiel unterhielt ich mich in einer Kneipe bei 2 Pepsi-Cola eine Weile mit einem Mann.Unter anderem meinte er, Ungarn und Slowaken wären sich nicht ganz grün, wegen dem 2.Weltkrieg, als die Slowaken den Ungarn ein Stück Land weggenommen haben.Nun ja.

 Das Pferd.In Ungarn auf dem Land noch ein beliebtes Verkehrmittel.

Gegen Abend, vor Csorna, dann fuhr ich durch eine schöne Idylle auf wirklich einsamen, kleine Straßen.Das war sehr schön.Ungarn hat mir überhaupt gut gefallen.

 In Ungarn, vor Csorna

Der Campingplatz ist in Ordnung.Der Besitzer kommt aus Schwäbisch Hall.Die Welt ist klein.Heute habe ich keine lust, zu kochen und es ist auch schon ziemlich spät jetzt.Aber ich bekomme hier 2 riesige Sandwiches, belegt mit Schinken und mit Käse überbacken.Dazu ziehe ich mir 3 Gläser Bier rein.

Das morgige Programm ? Mal sehen.Ausschlafen und es locker angehen lassen.Die Slowakei wird wieder hügelig...

Tageskilometer: 131,36

Gesamtkilometer: 2371

Ø: 18,0

 

Samstag, 03.08.02

Tag 25

Ungarn / Slowakei

Route:Csorna-Moson Magyarovar-Rajka-Grenze Ungarn/Slowakei-Bratislava.

Übernachtung: Studentenwohnheim der Technischen Universität Bratislava für 340,- Slowakische Kronen (1 Euro=ca.44,- SKR)

Zum Frühstück musste ich erst einmal 3 Kilometer zurück nach Csorna.Die Ungarn haben wohl auch keine Frühstückskultur.Die Kneipen, wo man Bier und so trinkt, haben schon am Morgen geöffnet und sind gut besucht.Aber die Suche nach einem „Frühstückslokal" erwies sich wieder mal als sehr schwierig.Am Ende bekam ich in einem Straßencafe wieder so ein Sandwich wie gestern auf dem Campingplatz und einen Kaffee.

Ich fühlte mich schon am Morgen schlapp und ausgelaugt.Und die Temperaturen stiegen heute ins unermessliche.Heiß.Ich ließ es deshalb locker angehen.

Die Straße von Csorna bis zur Grenze nach Rajka war an Langeweile und Eintönigkeit kaum zu übertreffen.Lange Geraden, flaches Profil.Links und rechts Felder, das war`s.Ungefähr alle 15 Kilometer ein Ort.Dazwischen gar nichts.

Ich bin müde und schlapp.Woher der Wind heute mal wieder kam, brauche ich ja nicht extra zu erwähnen.Natürlich von vorne.

In Bösarhang steht ein Schild:Radweg nach Janossomorja:27 Kilometer.Laut meiner Karte sind es der Straße nach 15 Kilometer.Ich nehme die Straße.

Zwischen Moson Magyarovar und Rajka ist diese Staße aber für Radfahrer gesperrt.Ihr könnt mich am Arsch lecken.Es gibt schließlich keine andere Straße Richtung Bratislava.Wo soll ich denn sonst langfahren, es sei denn, ich nehme einen Umweg in kauf?

Die Grenzbeamtin im Army-Look auf ungarischer Seite zeigt mir mit den Händen die Zahl 15.Soviele Kilometer sind es noch bis zum nächsten Geldwechsler, der sich in Bratislava befinden soll.Es werden über 20 Kilometer.

20 endlose, qualvolle Kilometer.

Ich zerfließe in der Hitze des Nachmittags.Die Sonne brennt unbarmherzig vom Himmel.Kein einziges, winziges Fleckchen Schatten weit und breit.Meine Kräfte schwinden.Das Wasser in meinen Trinkflaschen ist so heiß, daß man damit einen prima Tee aufbrühen könnte.

Dann sehe ich, weit in der Ferne, die ersten Häuser von Bratislava.Graue Plattenbauten.Ich folge der Beschilderung „Centrum" und befinde mich plötzlich auf einer vierspurigen, autobahnähnlichen Straße.Weiter, weiter.

Später sehe ich rechts von mir, jenseits der Leitplanke, Radler, Skater, Jogger, die sich wohl an der Donau entlang bewegen.Keine Ahnung, wie man da hin kommen soll.Also weiter auf dieser blöden Autobahn.

Ich habe das Gefühl, und es ist auch so, daß ich erst halb Bratislava umfahren muß, um dorthin zu kommen.Die Straße scheint nicht enden zu wollen und das Zentrum kommt nicht näher.

Jetzt haut es mich bestimmt gleich vom Rad.Dann kommt der Arzt.Diagnose:Hitzschlag.

Endlich erreiche ich das Zentrum.Ich tausche Geld in einem Hotel.Dann setze ich mich in ein Straßencafe in der Fußgängerzone.Ich verlange Cola und sitze einige Minuten total aphatisch da.Was für ein Kampf.

Während ich drei kleine Flaschen Cola in mich hineinkippe, beobachte ich das Geschehen.Menschen flanieren von links nach rechts und andersrum.Wenig später marschiert eine Blaskapelle im blauen Dress auf und spielt unter einem Pavillon.Die Rentner auf den Parkbänken applaudieren.Leben.Es existiert tatsächlich.

Ich unterhalte mich gut und gerne 20 Minuten mit der Kellnerin.Wo man pennen kann und sowas.Sie nennt mir das Studentenwohnheim.Ein Kollege würde mich auch aufnehmen, für eine Nacht.Aber der hat erst um 23.00 Uhr Feierabend.Das ist mir zu spät.Ich muß ablehnen.Trotzdem total nett.Vielleicht hätte ich es aber doch annehmen sollen, ich weiß es nicht.

Aus dem Tagesziel „Irgendwo hinter Bratislava" ist nun „nur" Bratislava geworden.Mehr war nicht drin.Wozu auch.Bratislava ist schön, wirklich.Total schöne Altstadt.Und irre nette Menschen.

Vor einem Internetcafe unterhalte ich mich eine Weile mit einem Typen.Super nett.Unterwegs frage ich ein paar Straßenmusiker nach dem Weg zum Studi-Wohnheim.Die müssen es ja schließlich wissen.Das ist auch super lustig.Wir lachen und scherzen eine ganze Weile herum.

Nun wohne ich also für eine Nacht im Block B, 7. Etage, Zimmer 5.Mobilar:Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.Alles ist abgenutzt, verschlissen und in dem kleinen Raum stehen 2 Doppelbetten.Hier müssen also normalerweise 4 Studenten leben.Die tun mir irgendwie leid.Depremierend.Aber für mich ist es für eine Nacht ok.

 Block B, 7. Etage, Zimmer 5

Nach dem Duschen rüber in eine Pizzeria.Lecker.Und in einer meiner Taschen befindet sich noch eine Dose Bier aus Ungarn.Grelles Neonlicht, draußen dröhnt die Straßenbahn vorbei.

Nachher lege ich mir die Matte auf den Boden.Die Betten rühre ich nicht an.Da haben schließlich seit ungefähr 1971 schätzungsweise 178 Studenten drin gepennt, und so sehen die Matratzen auch aus.

Morgen geht es weiter Richtung Ostrava.Ich freu mich.Ungarn war toll und die Slowakei ist es eigentlich auch.Bis jetzt.

Tageskilometer: 90,55

Gesamtkilometer: 2461

Ø: 17,2

                  

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