Mother of Belt

Mattie Castner

 

More Than Petticoats - Remarkable Montana Women - von Gayle C. Shirley

 

Für die vierzehnjährige Mattie war der erste Tag des Jahres 1863 mehr als nur das Erwachen eines neuen Jahres. Er würde zum Anfang eines ganz neuen Lebens werden. Natürlich, es war ihr wahrscheinlich gar nicht bewusst, als sie aus dem Bett stieg und im Dunkeln nach ihren Kleidern tastete. Möglich, dass sie ihre Arbeit, das betreuen der Kinder ihres Besitzers, Robert Setzer, wie gewöhnlich begann. Von ihrer Geburt an lag ihr Schicksal in den Händen dieses Plantagenbesitzers aus North Carolina. Aber das würde sich ändern.

          Viele Kilometer weiter weg, an der umkämpften Grenze zwischen Nord und Süd, erwachte Präsident Abraham Lincoln mit dem Wissen, dass dies der bedeutenste Tag in der Geschichte seines am Boden zerstörten Landes sein würde. Dies war der Tag, an dem er seinen goldenen Schreibstift in seine Hand nehmen würde, um die von ihm wohl überlegte “Emancipation Proclamation” zu unterzeichnen, die dem von ihm als “moralischen, sozialen und politischen” bezeichneten Bösen den Todesstoss zu versetzen. Das Dokument verkündete, dass ab diesem 1. Januar, A.D. 1863, alle Personen, die als Sklaven im Staat oder in den Teilen der sich gegen den Staat rebellierenden Staaten lebten, von nun an und für immer frei sind.

          Es existieren keine Aufzeichnungen von Mattie’s Reaktion über diese monumentalen Neuigkeiten. Vielleicht waren ihre Gefühle wie die des schwarzen Mädchens aus Philadelphia, dessen Seele, wie sie dokumentierte “dankbar mit sich selbst übertreffendem Glück” an diesem “grossen, herrlichen Tag” war.

          Wie auch immer, Mattie muss sich zu dieser Zeit überlegt haben, dass die “Emancipation Proclamation” ihr Leben für immer geändert habe. Für sie, so wie für vier Millionen andere schwarze Sklaven, öffnete es die Tür zu einer neuen und potentiell rosigeren Zukunft.

          Mattie war in Newton, North Carolina am 10. April 1848 in die Sklaverei geboren worden. Die Quellen darüber sind nicht einig, ob ihr Mädchenname Bost, Bell oder eine Kombination der beiden gewesen war.

          Präsident Lincoln bezeichnete einmal den Westen als einen Platz “für arme Leute, die dort ihren Zustand verbessern können.” Mattie, begann ebenso die Grenzen als das Land ihrer Chance anzusehen. Nachdem die Sklaverei abgeschafft war, zog Mattie nach Saint Louis, Missouri, um, wo sie Arbeit als Haushälterin, Kindermädchen und Hoteldienstmädchen fand. 1876, betreute sie zwei Kinder einer Familie namens Sire. Als Mrs. Sire nach Fort Benton, Montana Territory, umzog, blieb Mattie mit den beiden Kindern zurück, bis sich die Mutter eingewöhnt haben würde. Dann, im Frühjahr 1876, gingen Mattie und ihre Schützlinge an Bord des Dampfschiffes “Nellie Peck” und machten die lange Reise nach Montana um ihre Arbeitgeber zu treffen.

          Kurz nach ihrer Ankunft in Fort Benton, im Juni, nahm Mattie einen Job als Wäscherin im Overland Hotel und verdiente 100 Dollar im Monat, eine stolze Summe zu dieser Zeit. Einige Zeit später, eröffnete sie ihre eigene Wäscherei. Zu dieser Zeit traf sie John K. Castner, ein hart arbeitender, weisser Mann aus Pennsylvenia, der mit Maultieren Frachten zwischen Fort Benton und Helena transportierte. 1877 reiste das Paar nach Helena, die Territorial Hauptstadt, um zu heiraten.

          Sieben Jahre früher, hatte Castner die Region rund um Fort Benton erforscht und entdeckte etwa 35 Meilen südwestlich von Fort Benton, in einem Tal Kohlevorkommen. 1877 gründete er dort Kohleminen und begann mit einem Partner Kohle zu fördern und transportierte diese nach Fort Benton. Er verkaufte die Kohle für vier Dollar pro Tonne an die lokale Bevölkerung und die Dampfschiffe, die den Missouri nutzten.

          Nun zogen er und seine Frau Mattie in das Tal um und bauten eine Hütte neben einem gewundenen Bach. Sie bedeckten es mit Büschen, dichteten es mit Schlamm ab und überlegten es mit ungebleichtem Leinen, das sie anstrichen. Dieses unwirtliche Heim wurde der Kern von Belt, einer neuen Stadt in Montana.

          Es dauerte nicht lange und Castners Haus wuchs zu Castners Hotel an, ein Rastplatz für Reisende in der Postkutsche zwischen Great Falls und Lewistown. Als der Verkehr anstieg, bauten die Castners weitere Häuser, die sie mit dem Haupthaus durch Gänge verbanden, bis es eine unregelmässige, irrgartenartige Struktur bekam. Manchmal gingen Gäste in den gewundenen Korridoren verloren, heisst es.

          Mattie leitete das Hotel und fertigte das Essen zu, welches sie im Esszimmer servierte. Bald wurde sie für ihr kulinarisches Talent “unter den Cowboys, Viehhaltern, Schafhirten, Rechtsanwälten, Predigern, Spielern und Politikern berühmt”. Sie bot eine Fülle von Wild inklusive Mohrhühnern, Wildhühnern, Rehe, Antilopen, Elche, Büffel und Forellen an. Vieles davon brachte sie von der eigenen Jagd und Fischerei nach Hause. Sie kochte Gemüse aus dem eigenen Garten ihre “creamed peas waren die Besten auf der Welt”, wie ihre Enkeltochter, Ethel Castner Kennedy, beschrieb. Diese Speisen kosteten fünfzig Cents und zogen Gäste aus weiterer Umgebung an.

          Ethel Kennedy, die im Castner Hotel als kleines Kind Anfang des frühen 1900 verweilte, erinnerte sich an ihre Grossmutter als eine kleine Frau, die immer einen rötlichbraunen Anzug trug und einen Papagei hielt. Manchmal lernten die Vögel unanständige Worte, was nicht verwunderte, bei den vielen derben Gästen. Hatte ein Vogel einmal solche Worte gelernt wechselte sie ihn sofort gegen einen neuen aus.

          Mattie war bei den Leuten im Montana Territory sehr bekannt, trotz dass der kürzliche Krieg die Nation geteilt hatte, was die Frage der Sklaverei betraf. Der Belt Valley History zufolge erhielt “Mattie wegen ihrer Grosszügigkeit, Produktionskraft, Integrität und möglicherweise weil sie die Frau von John K.Castner, den hochbeachteten Gründer von Belt war, den uneingeschränkten Respekt der Leute in Belt.”

          Mattie Castner war eine scharfsinnige, clevere und ambitionierte Frau. Neben der Arbeit im Hotel sah man sie manchmal auch in der Kohlmine ihres Mannes einen Pickel schwingen. Dreimal die Woche, im Frühsommer, reiste sie nach Fort Benton, um Gemüse aus dem eigenen Garten zu verkaufen. Sie lud das Gemüse nach Sonnenuntergang auf den Wagen und nachdem sie die ganze Nacht gefahren war, erreichte sie ihr Ziel kurz vor Sonnenaufgang.

          Als die Castners begannen Erfolg zu haben, kaufte Mattie Land, inklusive eine 640-Morgen Ranch in den Highwood Mountains. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie die grösste Grundbesitzerin in Belt. Unterdessen verfolgte ihr Ehemann John seine eigenen kaufmännischen Interessen. Neben dem Kohleabbau wurde er in der Immobilienmaklerei und in Versicherungsgeschäften tätig. Als Belt 1907 zur rechtlich anerkannt selbstständigen Stadt wurde, wurde Castner einstimmig zum Bürgermeister gewählt. Über sieben Jahre war er Vorsitzender des Bildungsausschusses der Stadt.

          Im Wissen wie es ist, mit Nichts in den Händen aufgewachsen zu sein, war Mattie grosszügig mit ihrem neuerrungenen Wohlstand und spendete oft für städtische Angelegenheiten. Ihre Enkeltochter erinnerte sich, dass Mattie Lebensmittelkörbe für bedürftige Stadtbewohner vorbereitete und diese in der Dunkelheit auslieferte. Sie wollte die armen Leute davor schonen die Schande ihrer Armut öffentlich zeigen zu müssen, erklärte Ethel Castner Kennedy.

          Matties Grosszügigkeit zeigte sich in einer anderen, sehr persönlichen Weise. Trotz dass sie selbst nie Kinder hatte, erzog sie ein vor dem Hotel ausgesetztes Baby, einen Jungen. Das war etwa 1880. Die Castners nannten den Jungen Albert und bezeichneten ihn als ihren eigenen. Er war das erste weisse Kind, das in Belt geboren wurde - am 18. Dezember 1879 - und er lebte dort fast sein ganzes Leben lang, seine innige Beziehung mit seinen Pflegeeltern aufrecht erhaltend.

          Mattie versuchte ebenfalls andere Familienbanden wieder aufleben zu lassen. Sie machte, in der Hoffnung ihre Eltern und ihre fünf Geschwister wieder zu finden, drei Reisen zurück nach North Carolina. Verschiedene Quellen meinen, sie habe eine Nichte, einen Bruder und zwei Schwestern gefunden. Manche ihrer Verwandten kamen mit ihr zurück nach Montana, wo sie ihnen Arbeit in ihrem Hotel gab. Die anderen Familienmitglieder, die sie nicht finden konnte, waren, als Mattie noch sehr klein war, verkauft worden und niemand konnte oder wollte wissen, wo sie abgeblieben sind.

          Mattie trat um 1912 vom Hotelgeschäft in den Ruhestand. Drei Jahre später fand sie ihren Mann tot in seinem Bett. Mattie starb bei einem Sturz am 2. April 1920, den sie inmitten eines rekordbrechenden Schneesturm erlitt. Sie hinterliess ein Privatvermögen von fünfundzwanzigtausend Dollar - eine beträchtliche Summe. Typisch für Mattie: sie spendete den grössten Teil davon für Gute Zwecke.

          1989 wurde Mattie Castner in die Gallerie der aussergewöhnlichsten Montanans im Staatskapitol aufgenommen. Wie die Tafel zu ihrer Ehre so passend sagt,

 

„Montana verlor durch Mattie’s Tod mehr als nur eine angesehene Bürgerin; es verlor das Verstehen im Geiste der Gemeinschaft, was “die Mutter von Belt” so innig personifizierte. Mattie Castner’s Karriere in Montana verkörperte den Pioniersgeist, auf dem der Staat im 20. Jahrhundert erbaut wurde.”

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