interviews2

Interview

 

In der Sonderausgabe des "Radsport" zur Tour de France 2003 gab Santi im Juni folgendes Interview:

 

Ich bin noch stärker geworden

Tour-Mit-Favorit Santiago Botero im RADSPORT-Interview

 

Santiago Botero war im letzten Jahr Vierter. Jetzt träumt der Kolumbianer, der in diesem Jahr bei Telekom fährt, von einem Podiumsplatz. Wie er sein Ziel erreichen will, darüber sprach er mit RADSPORT.

  

Sie sind erst seit Mai in Europa ,wie haben sie sich davor auf die Saison und speziell auf die TdF vorbereitet? 

Ich habe in erster Linie in den Bergen Kolumbiens trainiert, bin auch viel hinter einem Motorrad gefahren, um meine Schnelligkeit zu verbessern. Vor zwei Jahren bin ich früher nach Europa gekommen, trainierte in Spanien, aber das ist mir nicht so gut bekommen. Sicher, man muss immer mal wieder was neues ausprobieren, aber letztes Jahr bin ich zu meiner alten Gewohnheit zurückgekehrt, mich in Kolumbien vorzubereiten und so habe ich es diesmal auch gemacht. 

Sie hatten im Mai eine gute Form, waren Vierter in der Asturien-Rundfahrt und Dritter in der Vuelta Alcobendas. Aber in der Deutschland-Tour lief es nicht so gut. 

Leider wurde ich Ende Mai krank, lag fünf Tage mit Fieber im Bett. Das wirft einen natürlich zurück. Normalerweise komme ich mit einer guten Form nach Europa. Das ist für meine Moral wichtig, wenn ich in den ersten Rennen gut abschneide und nicht abgehängt werde. 

Sie leben die eine Hälfte des Jahres in Kolumbien und die andere Hälfte in Spanien. Wo ist Ihr Lebensmittelpunkt? 

Zu Hause bin ich in Kolumbien.

Und wie trainieren sie dort? 

Allein und in den Bergen. Manchmal aber auch auf der Bahn. Das ist gut für einen runden Tritt, den man beim Zeitfahren braucht.

Fühlen Sie sich denn in Ihrem Land sicher? 

Man kann die Sonne nicht mit beiden Händen anfassen. Es ist nicht möglich, sich in Kolumbien ganz sicher zu fühlen, aber ich habe keine Angst. Gewisse Orte meidet man natürlich, aber Kolumbien ist meine Heimat, darum lebe ich gern dort. Wenn ich trainiere, wechsle ich beispielsweise oft die Trikots und fahre niemals zweimal hintereinander die gleiche Strecke.

Sie tragen ein Armband in den Farben Ihrer Nationalflagge. Was bedeutet das? 

Amor por el pais, die Liebe für das Land. Viele Kolumbianer, die ins Ausland gehen, tragen es um ihre Verbundenheit mit ihrer Heimat zu zeigen.

Welchen Status genießen Sie zu Hause? Wie bekannt sind Sie? 

In Kolumbien gibt es soviel Negatives, da bringt es den Leuten Hoffnung, wenn ein Sportler für Schlagzeilen sorgt. Die TdF haben letztes Jahr viele Menschen verfolgt. Ich bin sehr bekannt, hinter Montaya und zwei Fußballern sicher ein Sportstar. 

Sie waren früher bei Kelme. Die Mannschaft sprach die Sprache Ihres Landes. Wie wurde Ihr Wechsel zu Telekom aufgenommen? 

Als ich bei Kelme war, hat das viele begeistert, aber inzwischen haben sie auch Telekom akzeptiert. Aber sie kennen die Mannschaft, nicht das Unternehmen.

Worin unterscheiden sich Telekom und Kelme in erster Linie? 

Die Organisation ist sehr unterschiedlich, bei Telekom läuft alles viel professioneller ab, ist perfekt geplant. 

Ihr Wechsel zu Telekom war lange fraglich, weil Kelme sie nicht aus dem Vertrag lassen wollte. Wie wurden sie sich einig? 

Ich musste eine Ablöse zahlen. Die hat Telekom übernommen und ich zahle sie in monatlichen Raten zurück. 

Sie waren vor einiger Zeit bei Audi und sind im Windkanal gefahren. Welche Erkenntnisse haben Sie dort gewonnen? 

Für mich gab es keine großen neuen Erkenntnisse. Meine Sitzposition war schon vorher nahezu ideal, das hat sich im Test bestätigt und wir mussten nur kleine Korrekturen vornehmen.

Letztes Jahr waren Sie Vierter. Welche Chancen rechnen Sie sich diesmal in der Tour aus? 

Ich habe als Vorbereitung viele Kilometer in den Bergen trainiert und mehr gearbeitet als sonst. Ich habe auch mehr Renntage absolviert und spüre eine bessere Unterstützung im Team. Ich  glaube, dass ich noch stärker sein werde als letztes Jahr. 

Ist Lance Armstrong zu schlagen? 

Wenn sich beispielsweise Jan Ullrich, Joseba Beloki und ich zusammenschließen würden, dann könnte es für Armstrong gefährlich werden, aber einer allein hat keine Chance gegen ihn.

Warum also schließen sich die Spanier nicht zusammen? 

Weil sie unterschiedlichen Mannschaften angehören und auch untereinander rivalisieren. Das ist doch in Italien genauso. 

Sie hatten in den letzten Jahren immer einen schwachen Tag in der Tour. Können Sie das diesmal ausschließen? 

Ich hoffe es, denn ich habe mein Training entsprechend umgestellt. Früher fuhr ich immer eine lange Einheit und am nächsten Tag eine kurze. Diesmal bin ich mehrere Tage hintereinander lange Distanzen gefahren, und habe schon in den ersten Rennen in Europa gemerkt, dass es viel besser geht. Ich habe eine gute Kondition, was auch daran liegt, dass das Training in Kolumbien durch die Höhe viel schwerer ist.

Worin sehen Sie den Schlüssel für ein erfolgreiches Abschneiden in der TdF? 

In der geschlossenen Mannschaftsleistung. Wir haben die besten Chanceen, wenn wir als Team geschlossen auftreten.

 

zurück

 

 


 

 

Santi gab, vermutlich am 1.8.,ein Telefoninterview, bei dem er Fragen von Fans und Journalisten in Bogota beantwortete

Hier die deutsche Übersetzung 

 

Also Santiago, wie ist die Situation bei Kelme?

Zur Zeit ist sie gut, Kelme ist sehr zufrieden mit meinen Resultaten und ich konzentriere mich darauf, bei der bevorstehenden Vuelta und der WM in Belgien in Bestform zu sein.  

Verglichen mit Lance Armstrong, der als großes Ziel nur die Tour de France hat, scheinst du mehrere sportliche Höhepunkte zu haben. Ist das ein Nachteil für dich? 

Für mich ist die Tour auch der Höhepunkt, das wichtigste Rennen der Welt, mit den stärksten Fahrern der Welt. Aber für die Interessen des Teams ist die Vuelta sehr wichtig und der Sponsor möchte, dass wir bei beiden Rundfahrten präsent sind. 

Wie ist Deine Meinung zu der Affäre Raimondas Rumsas und das du Dritter der Tour sein könntest?

Es wirft einen Schatten auf das Image des Radsports und ist, seit die Tour wieder sauber geworden zu sein schien, beschämend. Auf diesem Weg aufs Podium kommen zu wollen, macht diesen Eindruck wieder Null und nichtig. Aber solange er nicht positiv getestet worden ist, ist ER der Dritte, da gibt es nichts zu diskutieren. 

Technologisch ist Kelme auf dem selben Niveau wie andere Teams?

Gut. Logischerweise ist auch hier Kelme vom Budget abhängig und Mannschaften wie US Postal, Banesto, Telekom oder Once sind uns da etwas voraus. Aber ich denke, die enge Kameradschaft, die in unserem Team herrscht, kann das wieder wett machen. 

Was sagst du dazu, dass dein sportlicher Leiter, Vicente Belda, in dir den Hauptfavoriten für die Vuelta sieht?

Es ist sehr typisch für ihn, so etwas zu sagen. Aber mit Fahrern wie Angel Casero oder Marco Pantani wird es sehr schwer werden. Und nach der Tour weiß ich auch nicht, mit welcher Form ich zur Vuelta an den Start gehen werde, aber ich werde ganz sicher mein bestes geben. 

Was ist dran an den Gerüchten, dass du das Team wechseln willst?

Es gibt verschiedene Gerüchte. Die Wahrheit ist, dass ich mit niemandem Kontakt hatte. Ich hoffe auf meine Zukunft bei Kelme, wo ich noch ein Jahr unter Vertrag stehe. Sollte Kelme das Sponsoring beenden und die Mannschaft aufgelöst werden, dann, das stimmt, würde ich gern bei einem großen Team wie USP, Rabobank, Telekom oder Once unterkommen. Einer Mannschaft, die die großen Rundfahrten fährt. 

In Les Deux Alps hättest du dir fast die Kolumbianische Fahne, die ein Fan dir hinhielt, geschnappt. Was hast du in diesem entscheidenden Moment und wunderbaren Sieg gefühlt?

Auf den letzten Metern wollte ich nur den Sieg genießen. Als ich die Flagge sah, wollte ich sie nehmen und damit durchs Ziel fahren. Aber der Fan hielt sie zu fest.

Ich habe an mein Land gedacht, an meine Familie in Medellín, vielleicht dankte ich als erstes Gott für alles, was er mir gegeben hat. Der Sieg war nach meinem Desaster am Mt. Ventoux auch sehr wichtig für meine Moral und er war ein Beispiel dafür, dass man nach einer Niederlage zurückkehren kann. Ich war sehr müde am Ventoux, aber ich habe nie aufgegeben. 

Du hattest keine Hilfe von deinem Team?

Dafür gab es viele Gründe. Die Verletzungen, die Stürze, die Aufgaben. Ich konnte nicht wirklich auf die Unterstützung meiner Kollegen bauen, aber so läuft es eben manchmal. Und ich spürte immer die Kameradschaft und Hilfsbereitschaft in der Mannschaft.  

Dieses Jahr hast du dich in Kolumbien auf die Tour vorbereitet. Wie standen denn deine Betreuer bei Kelme dazu?

Die haben diese Idee immer unterstützt. Nach den Ergebnissen in den Bergen im letzten Jahr, gelangten wir zu der Auffassung, dass es für mich am besten wäre, wenn ich mich in Kolumbien vorbereite. So habe ich also alles anders gemacht als im letzten Jahr und die Resultate sprechen ja für sich. 

Was hat gefehlt, um das Podium bei der Tour zu erreichen?

Es mangelte ein bisschen am Teamzeitfahren, wo wir zu viel Zeit auf Once und die anderen Favoriten verloren haben, aber im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden. 

Was erwartest du dir von der WM in Zolder?

Ich erhoffe mir sehr viel. Das Zeitfahren entspricht meinen Möglichkeiten und mein Ziel ist das Podium. 

Du scheinst von Jahr zu Jahr besser zu werden?

Mit den Resultaten, die ich erzielt habe, habe ich mich selbst ein bisschen überrascht und jedes Jahr nehme ich mir vor, besser als im letzten zu sein. Neben meiner Liebe zu den Rennen ist es mein ultimatives Ziel, in den nächsten Jahren aufs Podium bei der Tour zu kommen. 

Zurück zu Vicente Belda. Nach der Ventoux- Etappe meinte er, dass du physisch sehr stark seiest, aber mentale Schwächen hättest. Was sagst du dazu?

Ich versuche ständig, mich in allen Punkten, die es braucht, um eine dreiwöchige Rundfahrt zu bestreiten, zu verbessern. Trotz physischer Müdigkeit und Erschöpfung weiterzufahren, ist sehr hart. Wenn ich einen schlechten Tag habe, versuche ich wirklich alles, um nicht komplett durchgereicht zu werden und ich gebe dabei alles. Wie man in den letzten Jahren bei Vuelta und Tour gesehen hat, bin ich dabei nicht ganz unfähig. 

Wie ist die Beziehung zwischen Oscar Sevilla, mit dem du dir die Leaderrolle im Team teilst, und dir?

Wir haben ein sehr gutes Verhältnis und unterstützen uns gegenseitig. Ich stand ihm immer zur Verfügung, wenn er Hilfe brauchte und meine Position es zuließ. Ich hab das schon in anderen Rennen getan und hatte nie Probleme, in die Helferrolle zu schlüpfen, und es ist immer gut, bei einem Rennen wie der Tour de France zwei Karten im Ärmel zu haben. Das hat man ja dieses Jahr gesehen, als er physische Probleme hatte, konnte ich die Verantwortung übernehmen. 

Vicente Belda sagte vor der Tour, dass du ihn überzeugen wolltest, dass du der stärkste Mann im Team seiest. Ist er jetzt überzeugt?

Ich bin nicht der Typ, der so etwas behauptet. Ich bevorzuge solche Statements auf meinem Rad abzugeben und meine Beine sprechen zu lassen. Aber vor mir bei der Tour waren noch drei Stärkere. 

Wie viele Jahre willst du noch fahren?

Das ist schwer zu sagen, vielleicht vier oder fünf. Ich gehe eigentlich davon aus, dass ich bis ich 35 bin, Rennen fahren werde. Ich habe ja ein bisschen spät damit angefangen. Aber so etwas ist schwer voraus zu sagen.

Quelle:www.portaciclista.com

 

zurück



Datenschutzerklärung
Kostenlose Webseite von Beepworld
 
Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist ausschließlich der
Autor dieser Homepage, kontaktierbar über dieses Formular!