Auszüge aus meinem Schwangerschafts-Tagebuch

Anfang 2. Monat im Januar 1990

Mein Kind, schon einige Tage weiß ich von deinem Dasein in meinem Körper. Bin ich einfach nicht sensibel genug, dich wahrzunehmen? Fängt das Leben wirklich so zart und zerbrechlich an? Bisher dachte ich immer, dass ich sofort von diesem großen Ereignis deines Werdens getroffen würde, dass ich unmittelbar von deiner ersten Minute an das Geschehen mit hineingenommen und einfach um dich wissen würde.

 

Ende 2. Monat im Januar 1990

Jetzt kann ich mich nur von deiner Stille anstecken lassen und dein Geheimnis ahnen. Ich weiß es nun tatsächlich, dass du in mein Leben getreten bist.

Oft überlege ich, werde ich dir eine gute Mutter sein, die dir gerecht wird, die dich annimmt, so wie du bist, die dir nicht nur das Leben, sondern auch Liebe schenkt, Zeit und Raum.

Du beginnst, dich mir mit zu teilen durch dein Wachsen, dein Leben. Mir ist es fast jeden Tag übel. Zu gerne würde ich die ganze Welt daran teilhaben lassen.

 

17. Woche...

...mir wird bewußt, dass auch du deine Fragen an mich hast, dass du genauso wenig weißt, was dich erwartet, wie dein Weg aussehen wird.

Du bist in mein Leben eingebunden. Ich bin dir Leben, von mir kann dein Gedeihen und dein Verderben abhängen. Oft erschrecke ich über deine Abhängigkeit von mir.

 

21. Woche...

...noch einige Wochen und du wirst geboren werden. In vielen Augenblicken habe ich gelernt, dich zu begreifen, dich zu lieben. Du bist mir so vertraut geworden, und wirst mich doch bei deiner Geburt verlassen.

Freude und Traurigkeit, Glück und Angst bewegen mich heute. Deine Geburt wird Abschied von unserer Zweisamkeit, wird Trennung unserer Körper bedeuten.

Deine Geburt sie steht wie eine Mauer vor mir und ich weiß nicht was sie von mir fordert, wie ich sie bezwingen werde, ob ich heil auf der anderen Seite ankommen werde. Sie bringt so viel Ungewissheit. Aber meine Ungewissheit ist auch deine.

 

27. Woche...

...man sagt, eine Geburt tut weh. Meine Schmerzen sind auch deine. Meine Enge ist auch deine Enge.

Immer klarer wird mir, dass wir diese Geburt gemeinsam vollziehen, du und ich.

Die Geburt ist nicht zu vergleichen mit den zarten Anfängen deiner Entstehung. Sie kommt mit Macht, ergreift uns beide, treibt uns von Enge in Weite, von Spannung in Ruhe, von Schmerz in Befreiung, im Rhythmus der Natur.

©Sabine

 

 

 

    

 

 

 

 

 



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