Verändert der Mensch das Klima?

Der ungewöhnliche Temperaturanstieg im 20. Jahrhundert stellt die Frage nach den Ursachen. In der Öffentlichkeit werden vor allem zwei Antworten diskutiert:

1. Die durch den Menschen seit Beginn der Industrialisierung verursachten Emissionen von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen sind für die globale Erwärmung verantwortlich.
2. Die beobachtete Erwärmung ist ein rein natürliches Phänomen und durch die Schwankung der Solarstrahlung bedingt.

Auf den ersten Blick spricht für die These der menschengemachten Erwärmung die gut nachweisbare und in den letzten Jahrzehnten beschleunigte Zunahme der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre, bei Kohlendioxid z.B. von 280 ppm in vorindustrieller Zeit auf 365 ppm am Ende des vergangenen Jahrhunderts. Dass damit aber offensichtlich keine hinreichende Erklärung für die Temperaturveränderungen gegeben ist, zeigt schon ein Vergleich zwischen dem Temperaturanstieg und der Konzentrationszunahme von Kohlendioxid (und der anderen anthropogenen Treibhausgase). Die beiden deutlich unterschiedenen Phasen der Erwärmung im 20. Jahrhundert finden in dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre keine Entsprechung (s. Abb.5). Auch lassen sich aus dem kontinuierlichen CO2-Anstiegs (die anderen Treibhausgase zeigen einen ähnlichen Trend) die starken Temperaturschwankungen von Jahr zu Jahr nicht erklären. Da andererseits die Zunahme von Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid und anderen Treibhausgasen durch menschliche Tätigkeiten aber auch nicht wegzudiskutieren ist, liegt die Vermutung nahe, dass die jüngste Erwärmung sowohl anthropogene wie natürliche Ursachen hat.


Abb.5: Temperaturanstieg und CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Mitte des 19. Jahrhunderts (2002: vorläufiger Wert)

 

Allgemein lassen sich die möglichen Ursachen für einen Klimawandel in drei Gruppen einteilen:
1. natürliche interne Klimaschwankungen (z.B. bedingt durch die ozeanische Zirkulation und ihr Zusammenwirken mit der Atmosphäre oder durch Schwankungen in der Zirkulation der Atmosphäre selbst),
2. natürliche externe Antriebsfaktoren (z.B. Schwankungen der Solarstrahlung oder Vulkanausbrüche),
3. anthropogene externe Antriebsfaktoren (z.B. die Emission von Treibhausgasen).

Die natürlichen internen Schwankungen des Klimas sind das "Rauschen", gegenüber dem sich Klimaänderungen durch bestimmte externe Anstöße, ob durch natürliche Ursachen oder den Menschen, als "Signal" abheben. Will man eine ungewöhnliche Klimaänderung wie z.B. die Erwärmung der letzten Jahrzehnte erklären, so muss man zunächst untersuchen, ob es sich dabei um ein Phänomen handelt, das sich signifikant von dem natürlichen "Rauschen" des Klimas unterscheidet und nicht als natürliche interne Variabilität erklärt werden kann. Falls das so ist, muss man in einem zweiten Schritt versuchen, die Ursache des "Signals" herauszufinden, also zu bestimmen, ob es durch natürliche oder anthropogene externe Antriebsfaktoren bedingt ist.


Abb.6: Mögliche Ursachen einer Klimaänderung

 

Bekannte Beispiele für interne Klimaschwankungen sind z.B. die El-Niño-Southern-Oscillation (ENSO), deren wichtigstes Merkmal eine ungewöhnliche Erwärmung des Meerwassers im Südpazifik ist, und ihre Entsprechung im Nordatlantik, die Nordatlantische Oszillation (NAO), die zumindest das europäische Klima beeinflusst. Klimamodellrechnungen haben, gestützt auf instrumentelle und Proxydaten (Baumringe, Eisbohrkerne, Sedimente u.a.), versucht, die gesamte interne Variabilität des Klimas über Zeiträume von mehreren hundert Jahren zu simulieren. Das Ergebnis aller Modellsimulationen zeigt, dass der Temperaturanstieg der letzten 140 Jahre die natürliche interne Variabilität der Temperatur deutlich übersteigt. Falls die natürlichen Schwankungen von den Modellen korrekt abgebildet sind, kann die gegenwärtige Erwärmung durch die interne Variabilität des Klimasystems allein nicht erklärt werden, sondern muss durch externe Einflüsse bedingt sein, natürliche oder anthropogene oder beide zusammen.


Abb.7: Die Abb. zeigt links drei Modellrechnungen (HadCM2: Hadley Centre, GFDL: NOAA, HAM3L: MPI), die die natürliche interne Klimavariabilität über einen Zeitraum von 1000 Jahren simulieren, und rechts die beobachtete Temperaturveränderung der letzten 150 Jahre.6

 

Kann die Ursache der Erwärmung also in externen natürlichen Einflussfaktoren liegen? Vulkanausbrüche kommen dafür nicht in Frage. Sie haben erstens ähnlich wie das ENSO-Phänomen nur eine kurzfristige Wirkung von wenigen Jahren und bewirken zweitens eine Senkung der bodennahen Temperaturen. Bei den explosiven Vulkanausbrüchen, die allein klimawirksam sind, werden Partikel und Gase für einige Monate bis Jahre in die untere Stratosphäre geschleuderten und reflektieren und absorbieren hier einen Teil der Solarstrahlung, was zu einer Erwärmung der Stratosphäre (Abb. 10) und Abkühlung der unteren Troposphäre führt. Bekannte Beispiel der letzten Jahrzehnte sind der Ausbruch des El Chichon 1982 in Mexiko und des Mt. Pinatubo 1991 auf den Philippinen, die sich beide in einer Senkung der bodennahen Temperatur in den darauffolgenden Jahren auswirkten (s.Abb.2).

Eine mögliche Erklärung für die gegenwärtige Erwärmung des Klimas kann jedoch in der Aktivität der Sonne liegen. Seit Erfindung des Fernrohrs werden auf der Oberfläche der Sonne Veränderungen in der Sonnenfleckenzahl beobachtetet und dokumentiert. Sie werden begleitet von Sonnenfackeln und Protuberanzen (Ausbrüche von glühenden Gasmassen aus dem Sonneninnern), so dass bei einer erhöhten Sonnenfleckenzahl die Energieabstrahlung der Sonne verstärkt und die Solarkonstante leicht erhöht wird. Die Sonnenaktivität verändert sich in bestimmten Zyklen. Zum einen ist eine Periode von ca. 11 Jahren zu erkennen, in der die Sonnenenergie an der Obergrenze der Atmosphäre aber nur mit einem geringen Betrag von etwa 0,1% schwankt. Dagegen variiert die Einstrahlung des ca. 80jährigen Gleissberg-Zyklus um 0,24-0,30%, was einer Veränderung der Solarkonstanten um ca. 5 W/m2 entspricht.

Die Veränderung der Solarkonstanten weist in den letzten 100 Jahren einen ähnlichen Verlauf auf wie die der globalen Durchschnittstemperatur, mit einem deutlichen Anstieg von der Jahrhundertwende bis in die 40er Jahre und einem zweiten Anstieg seit den 1970er Jahren. Das spricht zumindest für einen Einfluß auf die Temperaturzunahme in diesem Jahrhundert. Auch über den längeren Zeitraum seit dem Maunder-Minimum um 1700 nimmt die Solaraktivität allmählich zu. Die gegenwärtige Erwärmung könnte also auch als Endphase einer längerfristigen Zunahme der Solarstrahlung gesehen werden. Aufgrund der Kugelgestalt der Erde und der Sonnenabgewandtheit jeweils einer Erdhälfte sowie der Reflexion eines Drittels der Sonnenstrahlung durch Atmosphäre und Erdboden erreichen jedoch nur 16% der Schwankungen der Solarkonstanten an der Obergrenze der Atmosphäre, d.h. 0,8 W/m2, den Boden. Entsprechend gering ist die Temperaturveränderung durch die Schwankung der Solarstrahlung (abb.8); sie macht für das 20. Jahrhundert insgesamt höchstens 25% des beobachteten Anstiegs von 0,6-0,7 oC aus. Dabei ist ein stärkerer Einfluss der Sonne auf die Erwärmung in der ersten Hälfte des Jahrhunderts sehr wahrscheinlich, während der Einfluss auf die Erwärmung der letzten Jahrzehnte, wenn überhaupt vorhanden, nur sehr gering sein dürfte. Der IPCC geht davon aus, dass der Nettobeitrag an der globalen Temperaturveränderung (Solarstrahlung und Vulkanausbrüche) während der letzten zwei, möglicherweise auch während der letzten vier Jahrzehnte eher negativ war.7


Abb.8: Veränderung der Solarstrahlung und ihre Temperaturwirkung seit 17008

 

In jüngster Zeit wurde ein von der Sonnenaktivität abhängender Einfluss der kosmischen Strahlung auf die Wolkenbildung viel diskutiert und auch in den Medien verschiedentlich aufgegriffen. Vertreter dieser These behaupten eine Verringerung der tieferen Wolkenbedeckung durch Abnahme kosmischer Strahlung im 20. Jahrhundert, die den beobachteten Temperaturanstieg weitgehend erklären soll.9 Von vielen Klimaforschern ist dieser These mit der Begründung heftig widersprochen worden, dass es erstens eine entsprechende Abnahme der Wolkenbedeckung nicht gibt, zweitens die kosmische Strahlung eher einen Einfluss auf die höheren Eiswolken als auf die tieferen (Wasser-)Wolken habe und drittens der physikalische Mechanismus zwischen kosmischer Strahlung und Wolkenbildung völlig ungeklärt sei.10

Neuere Modellrechnungen haben versucht, durch getrennte Simulationen den Anteil anthropogener und natürlicher Antriebskräfte an der gegenwärtigen Erwärmung zu unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen, dass die beobachtete Temperaturveränderung seit 1860 durch die natürlichen Antriebskräfte von Solaraktivität und Vulkanausbrüchen nicht erklärt werden kann (Abb. 9.a). Besonders die Erwärmung der letzten Jahrzehnte weicht von dem eher negativen Temperatureffekt der natürlichen Antriebe ab. Auch wenn man nur die anthropogenen Antriebskräfte (die Wirkung der Treibhausgase, die direkte und indirekte Wirkung von Sulphataerosolen und die Auswirkungen der stratosphärischen und troposphärischen Ozonveränderungen) berücksichtigt, bekommt man keine hinreichende Übereinstimmung mit den beobachteten Werten (Abb.9.b). Die beste Übereinstimmung zwischen Beobachtung und Modellsimulation wird erzielt, wenn sowohl die natürlichen wie die anthropogenen Antriebskräfte berücksichtigt werden (Abb.9.c). Das spricht dafür, dass die Temperaturveränderungen des 20. Jahrhunderts nicht durch natürliche Klimafaktoren allein erklärt werden können und dass insbesondere der Temperaturanstieg der letzen 30 Jahre zu einem erheblichen Teil eine Folge des anthropogenen Einflusses auf das Klima ist.


Abb.9: Beobachtete Temperaturveränderungen und Modellberechnungen mit verschiedenen Antriebsfaktoren11

 

Weitere Argumente für einen signifikanten anthropogenen Einfluss auf die gegenwärtige Erwärmung bietet die sogenannte Fingerabdruck-Methode. Sie geht davon aus, dass verschiedene Antriebskräfte unterschiedliche Erwärmungsmuster produzieren, dass sich also das geographische und vertikale Erwärmungsmuster durch eine vermehrte Sonneneinstrahlung von dem des anthropogenen Treibhauseffekts unterscheidet. Während das geographische Verteilungsmuster bei Sonne und Treibhauseffekt relativ ähnlich ist, unterscheidet sich der vertikale Temperatureffekt gravierend. Eine vermehrte Solarstrahlung erhöht die Temperatur am Boden wie in höheren Schichten der Atmosphäre. Auch die untere Stratosphäre wird durch eine positive Rückkopplung erwärmt: Bei überdurchschnittlicher Sonneneinstrahlung verschiebt sich das Spektrum des Sonnenlichts in den UV-Bereich. Dadurch entsteht in der Stratosphäre mehr Ozon und mehr UV-Licht wird vom Ozon absorbiert, wodurch die Temperatur ansteigt.12 Im Unterschied dazu hat eine Erhöhung der Treibhausgaskonzentration in der Troposphäre eine Abkühlung der Stratosphäre zur Folge, da die Wärme in der unteren Atmosphäre "gestaut" wird (vgl. Abb. 2 und 10).


Abb.10: Temperaturveränderung der unteren Stratosphäre 1958-200 (die senkrechten Pfeile markieren klimawirksame Vulkanausbrüche)13

 

Schon in seinem zweiten Sachstandsbericht von 1996 hat der IPCC nach Abwägung aller Indizien einen erkennbaren menschlichen Einfluss auf das globale Klima festgestellt. Der jüngste Bericht aus dem Jahre 2001 sieht angesichts zahlreicher neuer Untersuchungen und trotz verbleibender Unsicherheiten die Wahrscheinlichkeit bestärkt, dass die Erwärmung während der letzten 50 Jahre eine Folge der anthropogenen Treibhausgasemissionen ist. Geht man davon aus, dass die gegenwärtige Erwärmung des Klimas menschengemacht ist, stellt sich zwingend die Frage, wie es weitergehen wird. Der Blick in die Zukunft des irdischen Klimas hat es dann nicht nur mit der schwer einschätzbaren natürlichen Klimavariabilität oder den Veränderungen der Solarstrahlung zu tun, sondern primär mit der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten.

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