Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigts wie wunderbares Singen -
O du gnadenreiche Zeit!
Joseph von Eichendorff (1788 - 1857)
Advent
Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin - bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit!
(von Rainer Maria Rilke)
Vom Schenken
Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten die Gabe wiegen,
sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
so dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk, dass dein Geschenk –
Du selber bist.
Der Traum
Ich lag und schlief; da träumte mir
Ein wunderschöner Traum:
Es stand auf unserm Tisch vor mir
Ein hoher Weihnachtsbaum.
Und bunte Lichter ohne Zahl,
die brannten ringsumher;
die Zweige waren allzumal
von goldnen Äpfeln schwer.
Und Zuckerpuppen hingen dran;
Das war mal eine Pracht!
Da gabs, was ich nur wünschen kann
Und was mir Freude macht.
Und als ich nach dem Baume sah
Und ganz verwundert stand,
nach einem Apfel griff ich da,
und alles, alles schwand.
Da wacht´ ich auf aus meinem Traum,
und dunkel wars um mich.
Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
sag an, wo find´ ich dich?
Du war es just, als rief er mir:
„Du darfst nur artig sein;
dann steh´ ich wiederum vor dir;
jetzt aber schlaf nur ein!
Und wenn du folgst und artig bist,
dann ist erfüllt dein Traum,
dann bringet dir der Heil´ ge Christ,
den schönsten Weihnachtsbaum.“