~Schwestern~

 

Die Geschichte von zwei "Schwestern"

 Es war eigentlich ein Tag wie jeder andere doch die Begegnung mit einem bestimmten Menschen machte ihn zu einem ganz besonderer Tag.

 Es begann auf der Fahrt zur Schule. Katharina saß wie meistens in der vierten Reihe des Busses und dachte über die folgenden, teils langweiligen, Stunden nach. Sie fuhr diese Strecke noch nicht lange, denn ihre Realschulzeit war vorbei und sie ging nun seit wenigen Monaten auf eine weiterführende Schule. Wieder alles neue Mitschüler, alles fremd. Katharina war zu Ihrem großen Leid die einzige ihrer alten Klasse, die nicht mit in der nähergelegenen Schule aufgenommen wurde sondern in eine Schule im nächstgelegenen Ort fahren musste. An diesem Morgen stieg an einer Haltestelle, wo sonst eigentlich nie groß jemand einsteigt, ein Mädchen zu, dass Katharina irgendwo her kannte. Und plötzlich fiel es ihr wieder ein, es war Jutta das Mädchen, was damals mit ihr im Nichtschwimmerunterricht war. Sie hatten sich eigentlich damals nie viel unterhalten und auch nicht näher kennengelernt, denn das Mädchen ging in eine der Nebenklassen. Katharina dachte nach, ob sie Jutta  überhaupt ansprechen sollte. Wozu denn und über was sollte sie auch schon mit ihr reden. Aber wie der Zufall es nun mal wollte, sah auch das Mädchen zu Katharina und da der Platz neben ihr noch frei war lächelten sie sich kurz zu und Jutta setzte sich neben sie. Nach den wohl eher gewöhnlichen Gesprächen, die mit „Na wie geht es? Was machst Du jetzt“ anfangen und mit „Na ja vielleicht sieht man sich mal wieder“ aufhören war die Fahrt dann auch schnell vorbei und Katharina musste etwa 5 Minuten später aussteigen. Sie dachte nicht weiter darüber nach und ging zur Schule.

  Wenige Tage später stieg Jutta wieder in den Bus und wieder unterhielten sie sich ein wenig. Was Katharina auffiel war, das Mädchen aus der zweiten Sitzreihe ständig zu Jutta rübersahen und über sie hänselten. Katharina tat das Leid aber sie konnte auch nichts dagegen tun hatte aber irgendwie das Gefühl, Jutta war froh, dass sie nicht alleine da saß.

 

 Sie begegneten sich noch einige Male und irgendwann verabredeten sie sich sogar und später immer öfter. Katharina und Jutta freundeten sich schließlich an und sahen sich manchmal jede Woche einmal. Sie sahen fern, spielten mit Juttas Hamster und unterhielten sich.

 

Nach einigen Monaten war Kirmes in der Stadt und Katharina und Jutta verabredeten sich um dort hinzugehen.

Sie hatten sich natürlich in der Zwischenzeit viel erzählt, auch über Freunde habe sie gesprochen und was am wichtigsten ist, sie haben festgestellt, dass sie einander vertrauen konnten. Bei ihren Unterhaltungen stellten sie fest, dass sie beide single waren doch an diesem Abend vertraute Katharina Jutta ein ganz besonderes Geheimnis an, nämlich, dass sie einen Freund hatte. Natürlich wollte Jutta wissen wer es ist und wie er heißt und all so was aber Katharina musste sie zuerst vorwarnen. Denn niemand und wirklich niemand, durfte davon erfahren. Sie war also die Einzige, die davon wusste und Katharina fragte Jutta mit ernstem Blick, ob sie dieses große Geheimnis für sich behalten könnte. Jutta nickte glaubwürdig und versicherte Katharina, dass ihr großes Geheimnis garantiert gut aufgehoben sei. Katharina glaubte ihr und entschloss sich Jutta ihren Freund Dieter vorzustellen.

 

Von da an änderte sich einiges. Die 3 waren jetzt öfter zusammen weg und Jutta, die das Problem natürlich gleich verstanden hatte, war verständnisvoll und hilfsbereit und machte es möglich, dass Katharina ihren Dieter nun öfter sehen konnte, denn wenn Jutta mit dabei war, fielen ihre Treffen an den natürlich geheimen Orten nicht auf.

 

Viele Tage, Wochen, Monate und auch Jahre vergingen und Katharina und Jutta sahen sich fast täglich. In dieser Zeit wurden sie wie Schwestern. Jeder wusste, das er der anderen hundertprozentig verlassen konnte. Sie hatten viel Spass miteinander und wurden mit der Zeit zu besten Freundinnen.

 

Irgendwann dann fiel Jutta in ein Tief. Sie hatte sich unsterblich in einen Jungen verliebt, der ihre Gefühle nicht erwiderte. Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Mittlerweile war sie fast täglich mit Katharina zusammen und ermöglichte ihr die Treffen mit Dieter und jetzt stand sie vor einem ihr bisher unbekannten Gefühl und wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Es dauerte lange bis sie sich dazu durchrang Katharina von ihren Gefühlen und ihrem Leid zu erzählen. Bisher hatte sie das nie gemacht, mit jemandem über ihre Gefühle gesprochen. Doch Katharina versuchte ihr zu versichern, dass sie sich garantiert nicht wie andere darüber lustig machen würde und schließlich gelang es ihr Jutta davon zu überzeugen und sie dazu zu bringen ihren Seelenschmerz rauszulassen. Jutta tat dies nicht in Worten, sie schrieb es auf. Katharina mochte diese Art seine Gefühle zu offenbaren, denn sie war der Überzeugung, das man dies nicht besser zum Ausdruck bringen konnte, wie in einem Brief.

 

Katharina lass den Brief mehrmals durch und wurde sehr glücklich über das, was sie über ihre Freundschaft zu Jutta den Zeilen entnahm. Sie war gerührt von den Worten und der Ehrlichkeit, die Jutta ihr entgegenbrachte und über das nun doch gewonnene Vertrauen.

 

Nachdem sich Katharina den Brief mehrmals, fast den Tränen nahe, durchgelesen hatte, nahm sie Papier und Kugelschreiber und schrieb Jutta zurück. Sie schrieb ihr unter anderem, dass sie ihr sehr dankbar sei für ihre tägliche Hilfe und dass sie sich über das Vertrauen freute und schließlich dass sie immer für Jutta da sei, wenn sie jemanden brauchte.

 

Am nächsten Tag war die Stimmung ganz anders wie sonst. Jeder wollte wahrscheinlich so viel sagen aber keiner traute sich das Thema anzusprechen. Jutta war sichtlich betrübt. Sie hatte geweint. Katharina hatte niemals vorher eine solche Situation erlebt wie jetzt. Sie fühlte sich hilflos und hätte Jutta doch so gerne aus ihrem Leid befreit. Den Brief hatte sie ihr noch nicht gegeben. Sie war sich sogar ein wenig unsicher geworden, ob sie das überhaupt sollte, aber als sie gehen musste legte sie den Arm um Jutta und sagte: „Sei nicht traurig, das wird schon wieder. Ich bin immer für Dich da!“ und gab ihr an der Tür den Antwortbrief.

 

Jutta war seit dem nicht mehr wie sonst. Sie veränderte sich. Mehr und mehr konnte man ihr die Traurigkeit ansehen und irgendwann konnte sie ihre Gefühle nicht mehr zurückhalten und ließ  ihre Verzweiflung, Trauer und all diese doch irgendwie aufgestauten Gefühle raus. Katharina nahm sie dann in den Arm und versuchte Jutta ein wenig zu trösten. Natürlich gelang ihr das nicht wirklich aber zumindest für einen kurzen Augenblick fühlte sich Jutta dann nicht mehr so allein und Katharina war froh darüber ihr ein kleines bisschen helfen zu können.

 

Jutta kam nur schwer mit dem Problem klar und hatte oftmals den Drang zur Verschlossenheit. Sie war dann irgendwie so anders und Katharina machte sich mit der Zeit große Sorgen um sie. Auf all ihre Fragen, was den los sei und ob was schlimmes passiert ist bekam sie keine Antwort und fuhr oftmals mit einem Stein im Magen nach Hause und dachte im Bett über Jutta nach. Es dauerte oft Stunden bis Jutta in der Lage war ihr Problem auszusprechen und Katharina saß dann da und wusste nicht was richtig oder falsch wäre zu tun. Sie wollte Jutta doch schließlich nur helfen und sie nicht alleine lassen aber deren ständige Verschlossenheit machte ihr das nicht einfach. Sie brachte es nicht übers Herz Jutta alleine sitzen zu lassen und wartete somit auch öfters schon einmal vergebens auf ihre Antwort. Doch spätestens in den nächsten Tagen war die Sache vergessen, denn sie verstanden sich zu gut um daraus größere Schwierigkeiten zu machen.

 

Katharina tröstete Jutta noch oft in den nächsten Monaten und in dieser Zeit wurden sie zu unzertrennlichen Freundinnen. Sie kamen sich manchmal vor als gäbe es ein unsichtbares Band zwischen ihnen so ähnlich waren sie sich und so gut wussten sie was den anderen gerade bedrückt oder freut auch ohne, dass er dies aussprach.

 

Oft lagen sie sich in den Armen und erzählten sich von ihren Gefühlen, manchmal stundenlang. Sehr oft auch lagen sie gemeinsam auf dem Boden, die Arme um den anderen gelegt und weinten. Es war ein ganz seltsames aber auch wunderschönes Gefühl einen Freund zu haben, mit dem man so eng verbunden sein kann.

 

An vielen Wochenenden schlief Jutta bei Katharina und vorher tranken sie gemeinsam ein wenig Alkohol. Dadurch konnten sie besser mit ihren Gefühlen klarkommen und hatten dann auch oft einen riesigen Spaß zusammen.

 

Es war eine schöne Zeit, die Zeit in der Katharina und Jutta Freitag abends im Auto saßen oder auf der Straße und gemeinsam unglücklich oder glücklich waren.

 

Wie so vieles ging auch diese Zeit irgendwann einmal vorbei. Katharina hatte es nach vielen Jahren endlich geschafft ihre Eltern von ihrem Freund zu überzeugen und zog irgendwann sogar bei im ein. Jutta hatte inzwischen ihre Lebenskrise überwunden und einen neuen Freund an ihrer Seite.

 

Heute sehen sich die beiden nur noch selten. Aus dem täglichen Treffen ist ein seltenes Wiedersehen geworden, was zumindest eine der beiden sehr schade findet. Manchmal denkt sie noch an die Zeit zurück und wünscht sich es wäre noch einmal wie früher. Doch leider oder vielleicht auch weil es besser so ist wird dies wohl nicht mehr der Fall sein. Aber in ihrem Herzen bleibt immer der Wunsch bestehen diese Freundschaft noch einmal aufleben zu lassen, denn eines bleibt Katharina zu sagen, sie hatte im Laufe des bisherigen Lebens schon einige, wenn auch nicht viele Freundschaften erlebt, doch keine und da ist sie sich ganz sicher, keine hat sie so berührt und wird sie so in Erinnerung behalten wie die Freundschaft zu ihrer einst besten Freundin Jutta.





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