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Eines meiner spannendsten Hobbys ist Büchersammeln. Vor allem Jüdische. Ich geh zu Verwandten von Verstorbenen und stöbere in Ramschläden oder Haushaltsauflösungen. Dort werde ich häufig fündig. Mal ein kleines Gebetbuch, mal ein Wörterbuch. Insgesamt nichts Wertvolles. Doch beim Anblick meiner geretteten Bücher fühle ich mich manchmal wie Simon Wiesenthal. Ohne mich, so klopfe ich mir auf die Brust, würden diese alten Bücher längst Asche sein.

So viel zu meiner Person. Es gibt natürlich auch andere Menschen, die sammeln. Es gibt solche, die sammeln Gartenzwerge oder Briefmarken. Ahmed Huber, der bekannteste Schweizer Nazi, sammelt NS-Sachen. Besonders stolz ist er auf eine Porzellanscherbe aus Obersalzberg, eine Reliquie, die ihm der Schwager von Hitlers Sekretär Martin Bormann vermacht hat. Ahmed Huber ist 77 Jahre alt. Vor vielen,vielen Jahren ist er ausserdem zum Islam übergetreten. Und so schmücken seine Haus nicht nur Feuerzeuge mit NS-Emblem und revisionistische Bücher, sondern auch Bilder von Khomeini,Bin Laden und anderen arabischen Popstars.

Ein Mann also, der nicht viele Gemeinsamkeiten mit mir aufweist. Dachte ich. Doch erst kürzlich habe ich im "Magazin" gelesen, dass Ahmed Huber einem Journalisten sein Haus gezeigt hat. Der beschreibt dann unter anderem die umfangreiche Bibliothek von Ahmed Huber : Koran, Marx-Engel-DDR-Gesamtausgabe, "Erinnerungen von Hitlers Zimmermädchen Anna" und das Alte Testament auf Hebräisch (Chumasch) .

Oj, habe ich gedacht, das arme Chumasch ! Was hat es verbrochen, um bei Ahmad al-Swissri (Konvertitenname) zu landen ? Mütterliche Gefühle stiegen in mir auf, aber auch der Simon-Wiesenthal-Reflex. Dieses Chumasch muss gerettet werden ! Also rief ich Ahmed Huber an.

"...Huber"

"Ja, hier ist Frenkel"

"Wer ?"

"Frenkel.Sie werden mich wahrscheinlich nicht kennen. Ich habe im "Magazin" den Artikel über sie gelesen"

"Ah ja..."

"Und dort steht, dass sie ein Altes Testament auf Hebräisch haben. Ich .. ähm .. bin Sammler und möchte sie fragen, ob ich dies haben könnte"

Was nun folgte waren 20 Minuten unterhaltsame Konversation. Ich erzählte ihm, dass ich jüdisch bin, er erzählte mir, dass er kein Holocaust-Leugner wäre, aber über die Details eine andere Meinung habe. Und leider könne er mir das Alte Testament nicht schenken, da er dies in seiner Kindheit mit dem Dorfpfarrer Schneeberger gelesen hätte. Auswendig rezitierte er mir den ersten Satz der Bibel : "bereschit bara....Am Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde" . Wenn ich aber 2 Minuten Zeit hätte, gehe er nach oben und schaue nach, wo sein zweites Jüdische Testament liege. Dass würde er mir gerne zuschicken. Ich wartete und beschloss, wenigstens dieses Chumasch zu retten. Im Hintergrund hörte ich seine Enkelkinder, die er auf französisch ermahnte, leiser zu sein, er führe ein "très important" Telefongespräch. Die zwei Minuten waren noch nicht vorbei, da kam er wieder ans Telefon. Ja, er hätte es gefunden. Liebend gerne würde er es mir schicken. Schön, dachte ich. Sag Lebewohl und verabschiede dich. Doch Ahmed Huber war so erfreut über meinen Anruf, dass er mir noch über die Zusammenkunft des Grossmufti von Jerusalem mit Hitler erzählte. Ich biss mir auf die Zunge und hörte geduldig zu. Er selbst, so Ahmed Huber, hätte den Grossmufti von Jerusalem einmal getroffen. Ich dachte an die Telefonrechnung und bedankte mich noch einmal, gab ihm meine Adresse und verschob sein Angebot, mich mit ihm zu treffen auf irgendwann.

Jetzt warte ich nur noch auf das Chumasch.

 

 


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