GLORIA ESTEFAN

 

Cómo ser una Latina

 

Sie war schon lange vor Jennifer Lopez da: Gloria Estefan erklärt uns, warum ein breiter Hintern allein noch keine Latina macht

 

Sie ist die unangefochtene Königin aller Latinas. Lange bevor Cameron Diaz, Shakira oder Christina Aguilera die Kinos und Konzerthallen dieser Welt eroberten, ebnete Gloria Estefan ihnen den Weg. Musste Rita Hayworth ihre hispanische Abstammung noch mit Färbeorgien und versetztem Haaransatz vertuschen, streiten sich mittlerweile Jennifer Lopez und Salma Hayek, wer von beiden denn nun die echte Latina ist.

Auf ihrem neuen Album „Unwrapped“ beweist Gloria Estefan einmal mehr, dass lateinamerikanische Musik nicht zwangsläufig nur zum Partystarter taugt. Gemeinsam mit ihrem Mann Emilio gehört die 46-jährige Musikerin zu den absoluten Superstars im Showbiz. Sie textet und er produziert Stars von J.Lo bis Shakira.

Wer also könnte besser erklären, was eine richtige Latina ausmacht?

 

Leidenschaft

„Latinas sind einfach leidenschaftlicher, das ist etwas ganz Natürliches für uns,“ sagt Gloria Estefan.

„Deswegen kommen wir beim Diskutieren manchmal in Schwierigkeiten, weil andere Menschen glauben, wir schreien sie an oder sind ernsthaft sauer auf sie. Vor allem, wenn es um Politik geht, können wir sehr laut werden. Jemand anderer würde denken: „Woah, was geht denn hier ab?“

Alle Lyrics auf „Unwrapped“ stammen von Gloria Estefan selbst. Sie textete – unter anderem – auch „Let’t Get Loud“ für Jennifer Lopez. Gerade beim Schreiben, meint die Musikerin, würde sie ihre Zweisprachigkeit am meisten genießen: „Es gibt im Spanischen mehr Wörter für Emotionen, Streit, für die Dinge, die wirklich tief aus einem kommen. Auf Englisch musst du ökonomischer mit den Worten umgehen, du darfst nicht zu lieblich werden, sonst werfen sie dir gleich vor, zuckersüß zu sein – was ich komisch finde, denn auf Spanisch gibt es etwas wie ‚zu süß’ überhaupt nicht. Je süßer, desto besser! Ein kubanischer Kaffee ist in Wirklichkeit eine Schale voll Zucker.

Wenn ich einen Text auf Spanisch schreibe, kann ich jedenfalls viel mehr Drama hineinlegen.

Und Latinas tanzen. Wir tanzen sogar bei mir zu Hause in der Küche, wirklich! Meine Haushälterin, meine kleine Tochter und ich – wenn gute Musik im Radio kommt, tanzen wir. Tanzen ist ein großer Teil der Latina-Kultur.“

 

Stil

„Oh, ja, ich kenne all die Stereotypen, die man über uns verbreitet,“ seufzt Gloria Estefan gespielt gelangweilt. „Riesige Frisuren und rote Kleider. Aus irgendeinem Grund wird die Farbe Rot automatisch mit uns in Zusammenhang gebracht. Ach ja, und angeblich tragen wir alle Kreolen!“ Kurze Denkpause, Kichern. „Na gut, die tragen wir wirklich...“

Auf ihrer aktuellen Europatournee versuchte Christina Aguilera jedenfalls, diesem Klischee voll zu entsprechen: Riesige Kreolen, mittlerweile schwarze Haare, und eines ihrer zahlreichen Bühnenkostüme war – ein knallrotes Kleid.

„In Wirklichkeit ist unser Stil inzwischen sehr unterschiedlich“, findet Gloria Estefan. „Shakira ist sehr rockig, Jennifer sehr modebewusst – sie ist ja sogar das neue Louis-Vuitton-Girl. Aber auf jeden Fall sind wir alle sehr sexy – was ja nicht das Schlechteste ist.“

 

Figur

Zugegeben, wir Latinas tendieren dazu, eher größere Hinterteile zu haben“, lacht Gloria auf die Frage aller Fragen. Schließlich hat sich auch Jennifer Lopez mittlerweile mit ihrer Kehrseite abgefunden und rückt sie bei jeder Gelegenheit ins Rampenlicht. „Ich habe keine Ahnung, woher das kommt,“ sagt Estefan grinsend. „Ehrlich gesagt habe ich mich noch nicht so intensiv mit dem ethnischen Aspekt von Hinterteilen auseinander gesetzt oder eine Analyse ‚Die Ärsche dieser Welt’ angestellt, aber das wäre mal eine interessante These.

Das Wichtigste ist, dass Latino-Männer von ihrem Frauen nicht erwarten, dass sie aussehen wie Strichmännchen! Sie lieben Kurven! Bei uns macht man sich eher darüber lustig, wenn jemand zu dünn ist. Latinas sind sinnlich! Üppig! Und sie fühlen sich gut in ihren Körpern. Deshalb gibt es bei uns auch generell weniger Probleme mit Ess-Störungen.“

 

Kindheit

Ein echtes Latina-Girl spricht Spanisch, das gleich einmal vorneweg. Meine Kinder haben beide zuerst Spanisch und dann erst Englisch gelernt. Ich wollte sie nicht mit zwei Sprachen auf einmal attackieren. Als sie Babys waren, habe ich nur Spanisch mit ihnen gesprochen. Die Sprache ist sehr wichtig.“

Wer wäre also im Kampf, den Jennifer Lopez und Salma Hayek um die Rolle der Frida Kahlo vor zwei Jahren öffentlich austrugen, im Recht gewesen? Hayek reüssierte, vielleicht, weil sie Lopez vorgeworfen hatte, „nicht mal richtig Spanisch“ zu können, vielleicht auch, weil sie den Film einfach selber produzierte. Wer latinamäßig gewonnen hätte, blieb ungeklärt. Vorerst.

„Jennifer wuchs zwar in der Bronx auf,“ urteilt Gloria Estefan, „aber in einem latin Haushalt, mit latin Essen, und sie hat einen latin Body. Und sie spricht Spanisch.“ Nachsatz: „Wenn auch nicht wirklich gut. Salma Hayek ist in Mexiko augewachsen – da muss man das wohl können! Aber Jennifer ist trotzdem eine Latina.“

Keine Gnade kennt sie allerdings bei Christina Aguilera: „Die ist keine richtige Latina, sie spricht nicht mal Spanisch. Sie kann spanisch singen und das tut sie wunderbar. Aber nur, weil ihr Name Aguilera ist? Ihr Vater ist Ekuadorianer oder irgendsowas, aber sie wurde nicht aufgezogen wie ein Latina-Girl.“ Und sie ließ sich auch noch nie von Emilio Estefan prodzieren.

Gleichzeitig mit „Unwrapped“ erscheint auch die Videodokumentation „Famous“, die Glorias bereits erwachsener Sohn Nayib aus unzähligen Privataufnahmen zusammengestellt hat und die der CD in einer Special Edition beigelegt ist. Darin wird nicht nur der schwärzeste Tag in ihrem Leben aufgearbeitet, als sie bei einem Autounfall beinahe ums Leben kam. Es ist auch zu sehen, wie man bei Estefans mit seinen Kindern umgeht: „Sehr emotional,“ sagt die Mutter aller Latinas. „Sehr körperlich. Wir umarmen und küssen sie ständig. Meine achtjährige Tochter Emily schläft immer noch bei uns und ich nehme sie überall hin mit. Emily ist sehr schüchtern, und darin erkenne ich mich wieder. Ich rede viel mit ihr darüber, was es bedeutet, eine Frau zu sein, und dass sie alles tun kann, was sie will. Manchmal fragt sie: ‚Mommy, kann ich eine Fotografin und gleichzeitig noch was anderes werden?’ Dann sage ich: ‚Sicher! Schau, was Mommy macht! Mommy ist eine Sängerin, sie schreibt und sie ist eine Geschäftsfrau.’ “

 

Männer

Mein Mann Emilio ist ein sehr untypischer Latino. Die sind üblicherweise eher Machos, aber er hat keine Scheu davor, mit anzufassen, ob Kinderbetreuung oder Abwasch,“ schwärmt die Sängerin von ihrem „ersten und einzigen“ Mann: „Und er geht für mich shoppen, weil ich das hasse. Vermutlich habe ich da einen genetischen Fehler. Aber er kennt meinen Körper und hat einen phantastischen Modegeschmack.“

Dass ihre Ehe nun schon 25 Jahre lang hält, habe nichts mit der besonderen Religiosität zu tun, die Latinas gerne nachgesagt wird, sondern mit dem Ausnahmeexemplar an ihrer Seite: „Er ist anders. Und ich habe sehr viel Glück mit ihm. Sehr, sehr viel Glück.“ Pause. Grinsen. „Aber er auch mit mir. Er hat die einzige Jungfrau abgekriegt, die in den Siebzigern noch übrig war!“ Schallendes Lachen.

„Hin und wieder fragt Emilio mich, ob ich nicht das Gefühl habe, etwas verpasst zu haben. Dann antworte ich: ‚Honey, ich brauche keinen Hamburger, um zu wissen, dass ich ein Filet Mignon habe!’ „

 

Familie

Latinas verstehen unter Familie nicht nur Mutter, Vater, Kinder, sondern auch die Brüder, die Schwestern, die Onkel, die Tanten, die Cousins“, zählt Gloria Estefan auf. „Wir verbringen Zeit mit ihnen, wann immer wir können. Wir haben auch sehr viel Respekt für unsere Großeltern, im Unterschied zu den Amerikanern. Je älter die Leute werden, desto weniger werden sie in den USA respektiert. Bei uns ist es das Gegenteil.“

Was europäische Nachwuchs-Latinas zu allererst lernen müssten, ist allerdings einfach erklärt: „Learn to move your hips!“ befiehlt Gloria Estefan. „Latinas bewegen ihre Hüften auf alle erdenkliche Arten – und bei jeder Gelegenheit!“

 

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