Gloria Estefan

 Glamourös, grandios, glücklich:

Die 42-jährige Latin-Diva schenkt uns sonnige Songs und ein Küsschen

"Wenn man diese

Musik hört, dann

soll man die Sonne

sehen, das Meer

und den Wind"

Alle meine Ängste sind wahr geworden. Alles, worüber ich mir Sorgen machte, habe ich auch erlebt. Deshalb habe ich aufgehört, mich zu sorgen."

Gloria Estefan zieht ihr Strickjäckchen fester um ihren zarten Körper. Sie ist klein, besser gesagt: winzig. Im ansonsten knallheißen Miami werden Innenräume auf Weißweintrinktemperatur gekühlt. Auch nicht gerade herzerwärmend: die schlimmsten Situation ihres Lebens. Als Teenager hat sie ihren kranken Vater bis zu seinem Tod gepflegt. Nach einem Unfall mit dem Tourbus war ihre Wirbelsäule gebrochen, sie musste mühsam wieder laufen lernen, hat noch jetzt Titanplatten im Rücken. Mit ihrem Speedboot rammte sie einen Jetski. Der Fahrer wurde von der Schiffsschraube zerfetzt. Und dann sind neulich auch noch ihre vier Mini-Kängerus tot umgefallen. "Jemand hat das Tor offen gelassen. Zwei fremde Hunde kamen aufs Grundstück, haben sie angebellt und damit zu Tode erschreckt. Diese Tiere haben einen besonderen Mechanismus: Wenn sie denken, sie sind in Gefahr – und das müssen sie bloß denken – dann schütten sie ein Gift aus und bringen sich damit selbst um. Bumms, das war’s. Oh mein Gott! Das war schrecklich! Schrecklich! Schrecklich! Ganz schlimm!"

Genug davon. Gloria Estefan glaubt, dass man allein durch die Kraft der Gedanken Dinge wahr werden lassen kann. Deshalb zwingt sie sich, an Schönes zu denken. Das Schönste, was sie sich vorstellen kann, ist Musik. Sie hört sie nicht nur, sie sieht sie, in den schillerndsten Farben. Auf ihrem neuen Album, dem spanisch gesungenen "Alma Caribeña" (epic) ist ein Song ozeanblau, ein anderer ist pfirsichfarben und gegen Ende rot. "Wenn man diese Musik hört, dann soll man die Sonne sehen, das Meer, den Wind – das ist die Idee. Warme Nächte, viel Leidenschaft, auch Drama." Über ein hochdramatisches Thema hat sie vorher noch nie gesungen: "Betrug. Ein Song ist pure Fiktion. Da geht es um eine lateinamerikanische Frau, die gesteht, dass sie eine Affäre hatte – und der Mann vergibt ihr! Das wird in der Realität sehr schwer zu finden sein. Wir dachten: Soll er ihr doch vergeben! Warum nicht? Menschen machen eben Fehler. Und so soll es doch sein, wenn man jemanden liebt: Man macht einen Fehler, man ist ehrlich ... – und man verzeiht."

So soll es sein. Gloria weiß das. Sie ist seit 22 Jahren mit Emilio Estefan glücklich. Sie kann Tipps für eine gute Ehe geben: "Erst einmal muss mann verliebt sein. Man muss den anderen wirklich, wirklich lieben. Es sollte klar sein, dass man zusammen bleibt und sich nicht beim ersten Anzeichen von Ärger davonmacht. Es gibt im Leben Aufs und Abs, da muss man sich durchkämpfen. Meistens bleibt alles, was mit Kommunikation zu tun hat, an der Frau hängen. Männer sind eine Spezies, die nicht freiwillig Informationen rausrückt, schon gar nicht über Gefühle. Wenn du meinst, irgendetwas ist nicht okay, dann solltest du darüber reden. Du musst die andere Person immer mit Liebe sehen. Nicht denken: Okay, ich bin verheiratet, das wäre geschafft, ich lasse mich jetzt gehen, ich kümmere mich nicht mehr. Ehe ist kein Märchen. Sie muss immer wieder aufgefrischt werden.

Als Gloria 1975 ihren Emilio kennen lernte, war sie etwas pummelig, eher unscheinbar. Oder, in ihren Worten: "Ich war fett, ich war schüchtern, ich trug eine Brille und war am ganzen Körper behaart." Emilio fand das nicht. Er hörte sie singen, er sah die Schönheit in ihr, ermutigte sie, diese auch zu zeigen. Sie wartete ab, bis sie sicher war, dass er sie wirklich liebte. Dann zupfte sie sich die Augenbrauen, nahm ein paar Pfund ab und wurde zu der Frau, über die man nun im Rocklexikon lesen kann: "Sie versprüht eine Art von Sexualität, die Madonna wie ein halbes Pfund gefrorenen Kabeljau aussehen lässt"

"Ich bin sehr

sentimental. Mich

bringt sogar das

Werbefernsehen

zum Heulen"

Emilio machte sie zur Sängerin seiner Band, die Karriere der Miami Sound Machine begann. Nach vier spanischsprachigen Platten hatte die Combo 1984 ihren ersten Hit: "Dr. Beat". Es folgten "Conga" und "Rhythm Is Gonna Get You". Latino-Elemente, angereichert mit Pop, Kuba-Rhythmus mit Funk-Bass – diese Melange brachte den Erfolg. Die Estefans schufen den Miami-Sound: schnell, mitreisend, tanzbar, treibend.

Aber ab 1989 sang Gloria solo. Ein Weg, den sie nicht bereuen muss. Über 70 Millionen Platten wurden mit ihrem Namen verkauft und Emilio betreut als Produzent unter anderem die Latin-Weltstars Ricky Martin und Jennifer Lopez. Und das ist noch längst nicht alles. Mittlerweile betreibt die Familien-Firma auch Hotels und Restaurants.

"Für mich ist das, als würde ich Monopoly spielen," strahlt Gloria. Parkstraße und Schlossallee, kein Problem ... Über 700 Angestellte ernährt das Estefan-Imperium, bald sollen es mehr als 1000 sein. Über ihr Lokal "Bongos" in Disneyworld kann sie sich besonders freuen: "Großartig: kubanische Kultur im amerikanischsten Teil der USA: Minnie und Micky essen Tortilla und Enchilada – cool!"

Weniger cool findet die Exilkubanerin allerdings den Cohiba-Kommunisten, der ihre Heimat rigide regiert: "Fidel Castro muss eines Tages tot umfallen. Darauf wartet jeder. Er ist alt, aber er läuft, läuft und läuft. Und macht nur Ärger!" Gloria kann sich gar nicht beruhigen: "Es ist doch frustrierend, dass Touristen die ganze Schönheit Kubas genießen können, nur die Einheimischen nicht. Sie dürfen weder an den Strand, noch in die Hotels, die Discos, die Touristen-Restaurants." Sie selbst kann nicht zurück. "Ich werde als ‚subversiv‘ angesehen. Man würde mich nicht reinlassen."

Bei aller Aufregung und äußerst lebendiger Mimik bleibt Glorias Gesicht völlig faltenfrei. Immerhin ist sie 42, hat einen erwachsenen Sohn (er ist 20 und studiert in L.A. Film) und eine fünfjährige Tochter. Angst vor dem Älterwerden? Gar nicht. "Man wird immer älter oder man stirbt – da scheint mir älter werden die bessere Alternative."

Und was ist mit diesem Medien-Mythos, dass Gloria Estefan noch nie geweint habe? "Ich glaube, meine Schwester hat das mal über mich gesagt. Wenn ich eine schwierige Situation durchmache, bin ich sehr stark. Ich mag nicht bemitleidet werden. Aber natürlich weine ich, machen Sie Witze? Ich bin sehr sentimental. Wenn ich PMS habe, dann bringt mich sogar das Werbefernsehen zum Heulen. Dieser Kleenex-Spot, ganz schlimm. Ich kann auch keinen Lassie-Film sehen, ohne zu heulen. Immer, wenn dieser Hund so schräg guckt und uhhh macht, dann bin ich verloren."

Aber für Trost und gegen Tränen hat Gloria nur ein Mittel – Musik. "Als Teenager, mein Vater war sehr krank, sah ich keine andere Möglichkeit, meine Emotionen auszudrücken – ich dachte, wenn ich die Kontrolle verlöre, dann würde ich einfach zusammenbrechen. Das war meine Art zu weinen: Ich ging in mein Zimmer, mit meiner Gitarre, habe das Radio angeschaltet und Songs gelernt, die mich berührten. Ich habe geweint, wenn ich sie gesungen habe, allein, in meinem Zimmer. Das war ein Weg, meinem Kummer auszuleben."

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