faust8

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Faust.

Wie von dem Fenster dort der Sacristei

Aufwärts der Schein des ew'gen Lämpchens flämmert

Und schwach und schwächer seitwärts dämmert,

Und Finsterniß drängt ringsum bei!

So sieht's in meinem Busen nächtig.

Mephistopheles.

Und mir ist's wie dem Kätzlein schmächtig,

Das an den Feuerleitern schleicht,

Sich leis' dann um die Mauern streicht;

Mir ist's ganz tugendlich dabei,

Ein bißchen Diebsgelüst, ein bißchen Rammelei.

So spukt mir schon durch alle Glieder

Die herrliche Walpurgisnacht.

Die kommt uns übermorgen wieder,

Da weiß man doch warum man wacht.

Faust.

Rückt wohl der Schatz indessen in die Höh,

Den ich dorthinten flimmern seh'?

Mephistopheles.

Du kannst die Freude bald erleben,

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (158 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Das Kesselchen herauszuheben.

Ich schielte neulich so hinein,

Sind herrliche Löwenthaler drein.

Faust.

Nicht ein Geschmeide, nicht ein Ring,

Meine liebe Buhle damit zu zieren?

Mephistopheles.

Ich sah dabei wohl so ein Ding,

Als wie eine Art von Perlenschnüren.

Faust.

So ist es recht! Mir thut es weh,

Wenn ich ohne Geschenke zu ihr geh'.

Mephistopheles.

Es sollt' euch eben nicht verdrießen

Umsonst auch etwas zu genießen.

Jetzt da der Himmel voller Sterne glüht,

Sollt ihr ein wahres Kunststück hören:

Ich sing' ihr ein moralisch Lied,

Um sie gewisser zu bethören.

[Mephistopheles.]

Singt zur Cither.

Was machst du mir

Vor Liebchens Thür,

Kathrinchen, hier

Bei frühem Tagesblicke?

Laß, laß es sein!

Er läßt dich ein

Als Mädchen ein,

Als Mädchen nicht zurücke.

Nehmt euch in Acht!

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (159 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Ist es vollbracht,

Dann gute Nacht

Ihr armen, armen Dinger!

Habt ihr euch lieb,

Thut keinem Dieb

Nur nichts zu Lieb',

Als mit dem Ring am Finger.

Valentin

tritt vor.

Wen lockst du hier? bei'm Element!

Vermaledeiter Rattenfänger!

Zum Teufel erst das Intstrument!

Zum Teufel hinterdrein den Sänger!

Mephistopheles.

Die Cither ist entzwei! an der ist nichts zu halten.

Valentin.

Nun soll es an ein Schädelspalten!

Mephistopheles

zu Faust.

Herr Doctor nicht gewichen! Frisch!

Hart an mich an, wie ich euch führe.

Heraus mit eurem Flederwisch!

Nur zugestoßen! Ich parire.

Valentin.

Parire den!

Mephistopheles.

Warum denn nicht?

Valentin.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (160 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Auch den!

Mephistopheles.

Gewiß!

Valentin.

Ich glaub' der Teufel ficht!

Was ist denn das? Schon wird die Hand mir lahm.

Mephistopheles

zu Faust.

Stoß' zu!

Valentin

fällt.

O weh!

Mephistopheles.

Nun ist der Lümmel zahm!

Nun aber fort! Wir müssen gleich verschwinden:

Denn schon entsteht ein mörderlich Geschrei.

Ich weiß mich trefflich mit der Policei,

Doch mit dem Blutbann schlecht mich abzufinden.

Marthe

am Fenster.

Heraus! Heraus!

Gretchen

am Fenster.

Herbei ein Licht!

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (161 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Marthe

wie oben.

Man schilt und rauft, man schreit und ficht.

Volk.

Da liegt schon einer todt!

Marthe

heraustretend.

Die Mörder sind sie denn entflohn?

Gretchen

heraustretend.

Wer liegt hier?

Volk.

Deiner Mutter Sohn.

Gretchen.

Allmächtiger! welche Noth!

Valentin.

Ich sterbe! das ist bald gesagt

Und bälder noch gethan.

Was steht ihr Weiber, heult und klagt?

Kommt her und hört mich an!

Alle treten um ihn.

Mein Gretchen sieh! du bist noch jung,

Bist gar noch nicht gescheidt genung,

Machst deine Sachen schlecht.

Ich sag' dir's im Vertrauen nur:

Du bist doch nun einmal eine Hur';

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (162 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

So sei's auch eben recht.

Gretchen.

Mein Bruder! Gott! Was soll mir das?

Valentin.

Laß unsern Herr Gott aus dem Spaß.

Geschehn ist leider nun geschehn,

Und wie es gehn kann, so wird's gehn.

Du fingst mit Einem heimlich an,

Bald kommen ihrer mehre dran,

Und wenn dich erst ein Dutzend hat,

So hat dich auch die ganze Stadt.

Wenn erst die Schande wird geboren,

Wird sie heimlich zur Welt gebracht,

Und man zieht den Schleier der Nacht

Ihr über Kopf und Ohren;

Ja, man möchte sie gern ermorden.

Wächs't sie aber und macht sich groß,

Dann geht sie auch bei Tage bloß,

Und ist doch nicht schöner geworden.

Je häßlicher wird ihr Gesicht,

Je mehr sucht sie des Tages Licht.

Ich seh' wahrhaftig schon die Zeit,

Daß alle brave Bürgersleut',

Wie von einer angesteckten Leichen,

Von dir, du Metze! seitab weichen.

Dir soll das Herz im Leib verzagen,

Wenn sie dir in die Augen sehn!

Sollst keine goldne Kette mehr tragen!

In der Kirche nicht mehr am Altar stehn!

In einem schönen Spitzenkragen

Dich nicht bei'm Tanze wohlbehagen!

In eine finstre Jammerecken

Unter Bettler und Krüppel dich verstecken,

Und wenn dir denn auch Gott verzeiht,

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (163 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Auf Erden sein vermaledeit!

Marthe.

Befehlt eure Seele Gott zu Gnaden!

Wollt ihr noch Lästrung auf euch laden?

Valentin.

Könnt' ich dir nur an den dürren Leib,

Du schändlich kupplerisches Weib!

Da hofft' ich aller meiner Sünden

Vergebung reiche Maß zu finden.

Gretchen.

Mein Bruder! Welche Höllenpein!

Valentin.

Ich sage, laß die Thränen sein!

Da du dich sprachst der Ehre los,

Gabst mir den schwersten Herzenstoß.

Ich gehe durch den Todesschlaf

Zu Gott ein als Soldat und brav.

Stirbt.

Dom.

Amt, Orgel und Gesang.

Gretchen unter vielem Volke. Böser Geist hinter Gretchen.

Böser Geist.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (164 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Wie anders, Gretchen, war dir's,

Als du noch voll Unschuld

Hier zum Altar trat'st,

Aus dem vergriffnen Büchelchen

Gebete lalltest,

Halb Kinderspiele,

Halb Gott im Herzen!

Gretchen!

Wo steht dein Kopf?

In deinem Herzen,

Welche Missethat?

Bet'st du für deiner Mutter Seele, die

Durch dich zur langen, langen Pein hinüberschlief?

Auf deiner Schwelle wessen Blut?

--- Und unter deinem Herzen

Regt sich's nicht quillend schon,

Und ängstet dich und sich

Mit ahnungsvoller Gegenwart?

Gretchen.

Weh! Weh!

Wär' ich der Gedanken los,

Die mir herüber und hinüber gehen

Wider mich!

Chor.

Dies irae, dies illa

Solvet saeclum in favilla.

Orgelton.

Böser Geist.

Grimm faßt dich!

Die Posaune tönt!

Die Gräber beben!

Und dein Herz,

Aus Aschenruh

Zu Flammenqualen

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (165 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Wieder aufgeschaffen,

Bebt auf!

Gretchen.

Wär' ich hier weg!

Mir ist als ob die Orgel mir

Den Athem versetzte,

Gesang mein Herz

Im Tiefsten lös'te.

Chor.

Judex ergo cum sedebit,

Quidquid latet adparebit,

Nil inultum remanebit.

Gretchen.

Mir wird so eng!

Die Mauern-Pfeiler

Befangen mich!

Das Gewölbe

Drängt mich! --- Luft!

Böser Geist.

Verbirg dich! Sünd' und Schande

Bleibt nicht verborgen.

Luft? Licht?

Weh dir!

Chor.

Quid sum miser tunc dicturus?

Quem patronum rogaturus?

Cum vix justus sit securus.

Böser Geist.

Ihr Antlitz wenden

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (166 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Verklärte von dir ab.

Die Hände dir zu reichen,

Schauert's den Reinen.

Weh!

Chor.

Quid sum miser tunc dicturus?

Gretchen.

Nachbarin! Euer Fläschchen! ---

Sie fällt in Ohnmacht.

Walpurgisnacht.

Harzgebirg. Gegend von Schierke und Elend.

Faust. Mephistopheles.

Mephistopheles.

Verlangst du nicht nach einem Besenstiele?

Ich wünschte mir den allerderbsten Bock.

Auf diesem Weg sind wir noch weit vom Ziele.

Faust.

So lang ich mich noch frisch auf meinen Beinen fühle,

Genügt mir dieser Knotenstock.

Was hilft's daß man den Weg verkürzt! ---

Im Labyrinth der Thäler hinzuschleichen,

Dann diesen Felsen zu ersteigen,

Von dem der Quell sich ewig sprudelnd stürzt,

Das ist die Lust, die solche Pfade würzt!

Der Frühling webt schon in den Birken

Und selbst die Fichte fühlt ihn schon;

Sollt' er nicht auch auf unsre Glieder wirken?

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (167 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Mephistopheles.

Fürwahr ich spüre nichts davon!

Mir ist es winterlich im Leibe;

Ich wünschte Schnee und Frost auf meiner Bahn.

Wie traurig steigt die unvollkommne Scheibe

Des rothen Monds mit später Gluth heran,

Und leuchtet schlecht, daß man bei jedem Schritte,

Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt!

Erlaub' daß ich ein Irrlicht bitte!

Dort seh' ich eins, das eben lustig brennt.

He da! mein Freund! Darf ich dich zu uns fodern?

Was willst du so vergebens lodern?

Sei doch so gut und leucht' uns da hinauf!

Irrlicht.

Aus Ehrfurcht, hoff' ich, soll es mir gelingen,

Mein leichtes Naturell zu zwingen;

Nur zickzack geht gewöhnlich unser Lauf.

Mephistopheles.

Ei! Ei! Er denkt's den Menschen nachzuahmen.

Geh' Er nur g'rad', in's Teufels Namen!

Sonst blas' ich Ihm Sein Flacker-Leben aus.

Irrlicht.

Ich merke wohl, ihr seid der Herr vom Haus,

Und will mich gern nach euch bequemen.

Allein bedenkt! der Berg ist heute zaubertoll,

Und wenn ein Irrlicht euch die Wege weisen soll,

So müßt ihr's so genau nicht nehmen.

Faust, Mephistopheles, Irrlicht

im Wechselgesang.

In die Traum- und Zaubersphäre

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (168 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Sind wir, scheint es, eingegangen.

Führ' uns gut und mach' dir Ehre!

Daß wir vorwärts bald gelangen,

In den weiten öden Räumen.

Seh' die Bäume hinter Bäumen,

Wie sie schnell vorüber rücken,

Und die Klippen, die sich bücken,

Und die langen Felsennasen,

Wie sie schnarchen, wie sie blasen!

Durch die Steine, durch den Rasen

Eilet Bach und Bächlein nieder.

Hör' ich Rauschen? hör' ich Lieder?

Hör' ich holde Liebesklage,

Stimmen jener Himmelstage?

Was wir hoffen, was wir lieben!

Und das Echo, wie die Sage

Alter Zeiten, hallet wider.

Uhu! Schuhu! tönt es näher,

Kauz und Kibitz und der Häher,

Sind sie alle wach geblieben?

Sind das Molche durch's Gesträuche?

Lange Beine, dicke Bäuche!

Und die Wurzeln, wie die Schlangen,

Winden sich aus Fels und Sande,

Strecken wunderliche Bande,

Uns zu schrecken, uns zu fangen;

Aus belebten derben Masern

Strecken sie Polypenfasern

Nach dem Wandrer. Und die Mäuse

Tausendfärbig, schaarenweise,

Durch das Moos und durch die Heide!

Und die Funkenwürmer fliegen,

Mit gedrängten Schwärme-Zügen,

Zum verwirrenden Geleite.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (169 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Aber sag' mir ob wir stehen,

Oder ob wir weiter gehen?

Alles, alles scheint zu drehen,

Fels und Bäume, die Gesichter

Schneiden, und die irren Lichter,

Die sich mehren, die sich blähen.

Mephistopheles.

Fasse wacker meinen Zipfel!

Hier ist so ein Mittelgipfel,

Wo man mit Erstaunen sieht,

Wie im Berg der Mammon glüht.

Faust.

Wie seltsam glimmert durch die Gründe

Ein morgenröthlich trüber Schein!

Und selbst bis in die tiefen Schlünde

Des Abgrunds wittert er hinein.

Da steigt ein Dampf, dort ziehen Schwaden,

Hier leuchtet Gluth aus Dunst und Flor,

Dann schleicht sie wie ein zarter Faden,

Dann bricht sie wie ein Quell hervor.

Hier schlingt sie eine ganze Strecke,

Mit hundert Adern, sich durch's Thal,

Und hier in der gedrängten Ecke

Vereinzelt sie sich auf einmal.

Da sprühen Funken in der Nähe,

Wie ausgestreuter goldner Sand.

Doch schau'! in ihrer ganzen Höhe

Entzündet sich die Felsenwand.

Mephistopheles.

Erleuchtet nicht zu diesem Feste

Herr Mammon prächtig den Palast?

Ein Glück daß du's gesehen hast;

Ich spüre schon die ungestümen Gäste.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (170 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Faust.

Wie ras't die Windsbraut durch die Luft!

Mit welchen Schlägen trifft sie meinen Nacken!

Mephistopheles.

Du mußt des Felsens alte Rippen packen,

Sonst stürzt sie dich hinab in dieser Schlünde Gruft.

Ein Nebel verdichtet die Nacht.

Höre wie's durch die Wälder kracht!

Aufgescheucht fliegen die Eulen.

Hör', es splittern die Säulen

Ewig grüner Paläste.

Girren und Brechen der Äste!

Der Stämme mächtiges Dröhnen!

Der Wurzeln Knarren und Gähnen!

Im fürchterlich verworrenen Falle

Über einander krachen sie alle,

Und durch die übertrümmerten Klüfte

Zischen und heulen die Lüfte.

Hörst du Stimmen in der Höhe?

In der Ferne, in der Nähe?

Ja, den ganzen Berg entlang

Strömt ein wüthender Zaubergesang!

Hexen im Chor.

Die Hexen zu dem Brocken ziehn,

Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.

Dort sammelt sich der große Hauf,

Herr Urian sitzt oben auf.

So geht es über Stein und Stock,

Es f---t die Hexe, es st---t der Bock.

Stimme.

Die alte Baubo kommt allein;

Sie reitet auf einem Mutterschwein.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (171 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Chor.

So Ehre denn, wem Ehre gebührt!

Frau Baubo vor! und angeführt!

Ein tüchtig Schwein und Mutter drauf,

Da folgt der ganze Hexenhauf.

Stimme.

Welchen Weg kommst du her?

Stimme.

Über'n Ilsenstein!

Da guckt' ich der Eule in's Nest hinein.

Die macht' ein Paar Augen!

Stimme.

O fahre zur Hölle!

Was reit'st du so schnelle!

Stimme.

Mich hat sie geschunden,

Da sieh nur die Wunden!

Hexen. Chor.

Der Weg ist breit, der Weg ist lang,

Was ist das für ein toller Drang?

Die Gabel sticht, der Besen kratzt,

Das Kind erstickt, die Mutter platzt.

Hexenmeister. Halbes Chor.

Wir schleichen wie die Schneck' im Haus,

Die Weiber alle sind voraus.

Denn, geht es zu des Bösen Haus,

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (172 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Das Weib hat tausend Schritt voraus.

Andre Hälfte.

Wir nehmen das nicht so genau,

Mit tausend Schritten macht's die Frau;

Doch, wie sie auch sich eilen kann,

Mit Einem Sprunge macht's der Mann.

Stimme

oben.

Kommt mit, kommt mit, vom Felsensee!

Stimmen

von unten.

Wir möchten gerne mit in die Höh.

Wir waschen und blank sind wir ganz und gar;

Aber auch ewig unfruchtbar.

Beide Chöre.

Es schweigt der Wind, es flieht der Stern,

Der trübe Mond verbirgt sich gern.

Im Sausen sprüht das Zauber-Chor

Viel tausend Feuerfunken hervor.

Stimme

von unten.

Halte! Halte!

Stimme

von oben.

Wer ruft da aus der Felsenspalte?

Stimme

unten.

Nehmt mich mit! Nehmt mich mit!

Ich steige schon dreihundert Jahr,

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (173 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Und kann den Gipfel nicht erreichen.

Ich wäre gern bei Meinesgleichen.

Beide Chöre

Es trägt der Besen, trägt der Stock,

Die Gabel trägt, es trägt der Bock;

Wer heute sich nicht heben kann,

Ist ewig ein verlorner Mann.

Halbhexe

unten.

Ich tripple nach, so lange Zeit;

Wie sind die andern schon so weit!

Ich hab' zu Hause keine Ruh,

Und komme hier doch nicht dazu.

Chor der Hexen.

Die Salbe gibt den Hexen Muth,

Ein Lumpen ist zum Segel gut,

Ein gutes Schiff ist jeder Trog;

Der flieget nie, der heut nicht flog.

Beide Chöre.

Und wenn wir um den Gipfel ziehn,

So streichet an dem Boden hin.

Und deckt die Heide weit und breit

Mit eurem Schwarm der Hexenheit.

Sie lassen sich nieder.

Mephistopheles.

Das drängt und stößt, das ruscht und klappert!

Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!

Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!

Ein wahres Hexenelement!

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (174 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Nur fest an mir! sonst sind wir gleich getrennt.

Wo bist du?

Faust

in der Ferne.

Hier!

Mephistopheles.

Was! dort schon hingerissen?

Da werd' ich Hausrecht brauchen müssen.

Platz! Junker Voland kommt. Platz! süßer Pöbel, Platz!

Hier, Doctor, fasse mich! und nun, in Einem Satz,

Laß uns aus dem Gedräng' entweichen;

Es ist zu toll, sogar für Meinesgleichen.

Dort neben leuchtet was mit ganz besondrem Schein,

Es zieht mich was nach jenen Sträuchen.

Komm, komm! wir schlupfen da hinein.

Faust.

Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich führen.

Ich denke doch, das war recht klug gemacht;

Zum Brocken wandeln wir in der Walpurgisnacht,

Um uns beliebig nun hieselbst zu isoliren.

Mephistopheles.

Da sieh nur welche bunten Flammen!

Es ist ein muntrer Club beisammen.

Im Kleinen ist man nicht allein.

Faust.

Doch droben möcht' ich lieber sein!

Schon seh' ich Gluth und Wirbelrauch.

Dort strömt die Menge zu dem Bösen;

Da muß sich manches Räthsel lösen.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (175 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Mephistopheles.

Doch manches Räthsel knüpft sich auch.

Laß du die große Welt nur sausen,

Wir wollen hier im Stillen hausen.

Es ist doch lange hergebracht,

Daß in der großen Welt man kleine Welten macht.

Da seh' ich junge Hexchen nackt und bloß,

Und alte die sich klug verhüllen.

Seid freundlich, nur um meinetwillen;

Die Müh ist klein, der Spaß ist groß.

Ich höre was von Instrumenten tönen!

Verflucht Geschnarr! Man muß sich dran gewöhnen.

Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders sein,

Ich tret' heran und führe dich herein,

Und ich verbinde dich auf's neue.

Was sagst du, Freund? das ist kein kleiner Raum.

Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.

Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe;

Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt;

Nun sage mir, wo es was Bessers gibt?

Faust.

Willst du dich nun, um uns hier einzuführen,

Als Zaubrer oder Teufel produciren?

Mephistopheles.

Zwar bin ich sehr gewohnt incognito zu gehn,

Doch läßt am Galatag man seinen Orden sehn.

Ein Knieband zeichnet mich nicht aus,

Doch ist der Pferdefuß hier ehrenvoll zu Haus.

Siehst du die Schnecke da? Sie kommt herangekrochen;

Mit ihrem tastenden Gesicht

Hat sie mir schon was abgerochen.

Wenn ich auch will, verläugn' ich hier mich nicht.

Komm nur! von Feuer gehen wir zu Feuer,

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (176 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Ich bin der Werber und du bist der Freier.

Zu einigen, die um verglimmende Kohlen sitzen.

Ihr alten Herrn, was macht ihr hier am Ende?

Ich lobt' euch, wenn ich euch hübsch in der Mitte fände,

Von Saus umzirkt und Jugendbraus;

Genug allein ist jeder ja zu Haus.

General.

Wer mag auf Nationen trauen!

Man habe noch so viel für sie gethan;

Denn bei dem Volk, wie bei den Frauen,

Steht immerfort die Jugend oben an.

Minister.

Jetzt ist man von dem Rechten allzuweit,

Ich lobe mir die guten Alten;

Denn freilich, da wir alles galten,

Da war die rechte goldne Zeit.

Parvenu.

Wir waren wahrlich auch nicht dumm,

Und thaten oft was wir nicht sollten;

Doch jetzo kehrt sich alles um und um,

Und eben da wir's fest erhalten wollten.

Autor.

Wer mag wohl überhaupt jetzt eine Schrift

Von mäßig klugem Inhalt lesen!

Und was das liebe junge Volk betrifft,

Das ist noch nie so naseweis gewesen.

Mephistopheles

der auf einmal sehr alt erscheint.

Zum jüngsten Tag fühl' ich das Volk gereift,

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (177 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Da ich zum letztenmal den Hexenberg ersteige,

Und, weil mein Fäßchen trübe läuft,

So ist die Welt auch auf der Neige.

Trödelhexe.

Ihr Herren geht nicht so vorbei!

Laßt die Gelegenheit nicht fahren!

Aufmerksam blickt nach meinen Waaren;

Es steht dahier gar mancherlei.

Und doch ist nichts in meinem Laden,

Dem keiner auf der Erde gleicht,

Das nicht einmal zum tücht'gen Schaden

Der Menschen und der Welt gereicht.

Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen,

Kein Kelch, aus dem sich nicht, in ganz gesunden Leib,

Verzehrend heißes Gift ergossen,

Kein Schmuck, der nicht ein liebenswürdig Weib

Verführt, kein Schwert, das nicht den Bund gebrochen,

Nicht etwa hinterrücks den Gegenmann durchstochen.

Mephistopheles.

Frau Muhme! Sie versteht mir schlecht die Zeiten,

Gethan geschehn! Geschehn gethan!

Verleg' Sie sich auf Neuigkeiten!

Nur Neuigkeiten ziehn uns an.

Faust.

Daß ich mich nur nicht selbst vergesse!

Heiß' ich mir das doch eine Messe!

Mephistopheles.

Der ganze Strudel strebt nach oben;

Du glaubst zu schieben und du wirst geschoben.

Faust.

Wer ist denn das?

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (178 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Mephistopheles.

Betrachte sie genau!

Lilith ist das.

Faust.

Wer!

Mephistopheles.

Adams erste Frau.

Nimm dich in Acht vor ihren schönen Haaren,

Vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt.

Wenn sie damit den jungen Mann erlangt,

So läßt sie ihn sobald nicht wieder fahren.

Faust.

Da sitzen zwei, die Alte mit der Jungen;

Die haben schon was Rechts gesprungen!

Mephistopheles.

Das hat nun heute keine Ruh.

Es geht zum neuen Tanz; nun komm! wir greifen zu.

Faust

mit der Jungen tanzend.

Einst hatt' ich einen schönen Traum;

Da sah ich einen Apfelbaum,

Zwei schöne Äpfel glänzten dran,

Sie reizten mich, ich stieg hinan.

Die Schöne.

Der Äpfelchen begehrt ihr sehr

Und schon vom Paradiese her.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (179 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Von Freuden fühl' ich mich bewegt,

Daß auch mein Garten solche trägt.

Mephistopheles

mit der Alten.

Einst hatt' ich einen wüsten Traum;

Da sah ich einen gespaltnen Baum,

Der hatt' ein --- ---;

So --- es war, gefiel mir's doch.

Die Alte.

Ich biete meinen besten Gruß

Dem Ritter mit dem Pferdefuß!

Halt' Er einen --- --- bereit,

Wenn Er --- --- --- nicht scheut.

Proktophantasmist.

Verfluchtes Volk! was untersteht ihr euch?

Hat man euch lange nicht bewiesen,

Ein Geist steht nie auf ordentlichen Füßen?

Nun tanzt ihr gar, uns andern Menschen gleich!

Die Schöne

tanzend.

Was will denn der auf unserm Ball?

Faust

tanzend.

Ei! der ist eben überall.

Was andre tanzen muß er schätzen.

Kann er nicht jeden Schritt beschwätzen,

So ist der Schritt so gut als nicht geschehn.

Am meisten ärgert ihn, sobald wir vorwärts gehn.

Wenn ihr euch so im Kreise drehen wolltet,

Wie er's in seiner alten Mühle thut,

Das hieß' er allenfalls noch gut;

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (180 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Besonders wenn ihr ihn darum begrüßen solltet.

Proktophantasmist.

Ihr seid noch immer da! Nein das ist unerhört.

Verschwindet doch! Wir haben ja aufgeklärt!

Das Teufelspack es fragt nach keiner Regel.

Wir sind so klug und dennoch spukt's in Tegel.

Wie lange hab' ich nicht am Wahn hinausgekehrt

Und nie wird's rein, das ist doch unerhört!

Die Schöne.

So hört doch auf uns hier zu ennuyiren!

Proktophantasmist.

Ich sag's euch Geistern in's Gesicht,

Den Geistesdespotismus leid' ich nicht;

Mein Geist kann ihn nicht exerciren.

Es wird fortgetanzt.

Heut, seh' ich, will mir nichts gelingen;

Doch eine Reise nehm' ich immer mit

Und hoffe noch, vor meinem letzten Schritt,

Die Teufel und die Dichter zu bezwingen.

Mephistopheles.

Er wird sich gleich in eine Pfütze setzen,

Das ist die Art wie er sich soulagirt,

Und wenn Blutegel sich an seinem Steiß ergetzen,

Ist er von Geistern und von Geist curirt.

Zu Faust, der aus dem Tanz getreten ist.

Was lässest du das schöne Mädchen fahren,

Das dir zum Tanz so lieblich sang?

Faust.

file:///D|/!Transfer/Faust%201.htm (181 of 205) [03.08.2001 13:15:12]

Goethe: "Faust"

Ach! mitten im Gesange sprang

Ein rothes Mäuschen ihr aus dem Munde.

Mephistopheles.

Das ist was Rechts! Das nimmt man nicht genau;

Genug die Maus war doch nicht grau.

Wer fragt darnach in einer Schäferstunde?

Faust.

Dann sah' ich ---

Mephistopheles.

Was?

Faust.

Mephisto, siehst du dort

Ein blasses schönes Kind allein und ferne stehen?

Sie schiebt sich langsam nur vom Ort,

Sie scheint mit geschloss'nen Füßen zu gehen.

Ich muß bekennen, daß mir däucht,

Daß sie dem guten Gretchen gleicht.

Mephistopheles.

Laß das nur stehn! Dabei wird's niemand wohl.

Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.

Ihm zu begegnen ist nicht gut;

Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,

Und er wird fast in Stein verkehrt,

Von der Meduse hast du ja gehört.

Faust.

Fürwahr es sind die Augen einer Todten,

Die eine liebende Hand nicht schloß.

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Goethe: "Faust"

Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,

Das ist der süße Leib, den ich genoß.

Mephistopheles.

Das ist die Zauberei, du leicht verführter Thor!

Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.

Faust.

Welch eine Wonne! welch ein Leiden!

Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.

Wie sonderbar muß diesen schönen Hals

Ein einzig rothes Schnürchen schmücken,

Nicht breiter als ein Messerrücken!

Mephistopheles.

Ganz recht! ich seh' es ebenfalls.

Sie kann das Haupt auch unter'm Arme tragen;

Denn Perseus hat's ihr abgeschlagen. ---

Nur immer diese Lust zum Wahn!

Komm doch das Hügelchen heran,

Hier ist's so lustig wie im Prater;

Und hat man mir's nicht angethan,

So seh' ich wahrlich ein Theater.

Was gibt's denn da?

Servibilis.

Gleich fängt man wieder an.

Ein neues Stück, das letzte Stück von sieben;

Soviel zu geben ist allhier der Brauch.

Ein Dilettant hat es geschrieben,

Und Dilettanten spielen's auch.

Verzeiht ihr Herrn, wenn ich verschwinde;

Mich dilettirt's den Vorhang aufzuziehn.

Mephistopheles.

Wenn ich euch auf dem Blocksberg finde,

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Goethe: "Faust"

Das find' ich gut; denn da gehört ihr hin.

Walpurgisnachtstraum oder Oberons und Titanias goldne Hochzeit.

Intermezzo.

Theatermeister.

Heute ruhen wir einmal

Miedings wackre Söhne.

Alter Berg und feuchtes Thal,

Das ist die ganze Scene!

Herold.

Daß die Hochzeit golden sei

Soll'n funfzig Jahr sein vorüber;

Aber ist der Streit vorbei,

Das golden ist mir lieber.

Oberon.

Seid ihr Geister wo ich bin,

So zeigt's in diesen Stunden;

König und die Königin,

Sie sind auf's neu verbunden.

Puck.

Kommt der Puck und dreht sich quer

Und schleift den Fuß im Reihen;

Hundert kommen hinterher

Sich auch mit ihm zu freuen.

Ariel.

Ariel bewegt den Sang

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Goethe: "Faust"

In himmlisch reinen Tönen;

Viele Fratzen lockt sein Klang,

Doch lockt er auch die Schönen.

Oberon.

Gatten, die sich vertragen wollen,

Lernen's von uns beiden!

Wenn sich zweie lieben sollen,

Braucht man sie nur zu scheiden.

Titania.

Schmollt der Mann und grillt die Frau,

So faßt sie nur behende,

Führt mir nach dem Mittag Sie

Und Ihn an Nordens Ende.

Orchester Tutti.

Fortissimo.

Fliegenschnauz' und Mückennas'

Mit ihren Anverwandten,

Frosch im Laub und Grill' im Gras

Das sind die Musikanten!

Solo.

Seht da kommt der Dudelsack!

Es ist die Seifenblase.

Hört den Schneckeschnickeschnack

Durch seine stumpfe Nase.

Geist der sich erst bildet.

Spinnenfuß und Krötenbauch

Und Flügelchen dem Wichtchen!

Zwar ein Thierchen gibt es nicht,

Doch gibt es ein Gedichtchen.

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Goethe: "Faust"

Ein Pärchen.

Kleiner Schritt und hoher Sprung

Durch Honigthau und Düfte;

Zwar du trippelst mir genung,

Doch geht's nicht in die Lüfte.

Neugieriger Reisender.

Ist das nicht Maskeraden-Spott?

Soll ich den Augen trauen,

Oberon den schönen Gott

Auch heute hier zu schauen?

Orthodox.

Keine Klauen, keinen Schwanz!

Doch bleibt es außer Zweifel,

So wie die Götter Griechenlands,

So ist auch er ein Teufel.

Nordischer Künstler.

Was ich ergreife das ist heut

Fürwahr nur skizzenweise;

Doch ich bereite mich bei Zeit

Zur italiän'schen Reise.

Purist.

Ach! mein Unglück führt mich her:

Wie wird nicht hier geludert!

Und von dem ganzen Hexenheer

Sind zweie nur gepudert.

Junge Hexe.

Der Puder ist so wie der Rock

Für alt' und graue Weibchen;

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Goethe: "Faust"

Drum sitz' ich nackt auf meinem Bock

Und zeig' ein derbes Leibchen.

Matrone.

Wir haben zu viel Lebensart

Um hier mit euch zu maulen;

Doch hoff' ich, sollt ihr jung und zart,

So wie ihr seid, verfaulen.

Capellmeister.

Fliegenschnauz' und Mückennas'

Umschwärmt mir nicht die Nackte!

Frosch im Laub und Grill' im Gras

So bleibt doch auch im Tacte!

Windfahne

nach der einen Seite.

Gesellschaft wie man wünschen kann.

Wahrhaftig lauter Bräute!

Und Junggesellen, Mann für Mann,

Die hoffnungsvollsten Leute.

Windfahne

nach der andern Seite.

Und thut sich nicht der Boden auf

Sie alle zu verschlingen,

So will ich mit behendem Lauf

Gleich in die Hölle springen.

Xenien.

Als Insecten sind wir da,

Mit kleinen scharfen Scheren,

Satan, unsern Herrn Papa,

Nach Würden zu verehren.

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Goethe: "Faust"

Hennings.

Seht! wie sie in gedrängter Schaar

Naiv zusammen scherzen.

Am Ende sagen sie noch gar,

Sie hätten gute Herzen.

Musaget.

Ich mag in diesem Hexenheer

Mich gar zu gern verlieren;

Denn freilich diese wüßt' ich eh'r,

Als Musen anzuführen.

Ci-devant Genius der Zeit.

Mit rechten Leuten wird man was.

Komm, fasse meinen Zipfel!

Der Blocksberg, wie der deutsche Parnaß,

Hat gar einen breiten Gipfel.

Neugieriger Reisender.

Sagt wie heißt der steife Mann?

Er geht mit stolzen Schritten.

Er schnopert was er schnopern kann.

"Er spürt nach Jesuiten."

Kranich.

In dem Klaren mag ich gern

Und auch im Trüben fischen;

Darum seht ihr den frommen Herrn

Sich auch mit Teufeln mischen.

Weltkind.

Ja für die Frommen, glaubet mir,

Ist alles ein Vehikel;

Sie bilden auf dem Blocksberg hier

Gar manches Conventikel.

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Goethe: "Faust"

Tänzer.

Da kommt ja wohl ein neues Chor?

Ich höre ferne Trommeln.

Nur ungestört! es sind im Rohr

Die unisonen Dommeln.

Tanzmeister.

Wie jeder doch die Beine lupft!

Sich wie er kann herauszieht!

Der Krumme springt, der Plumpe hupft

Und fragt nicht wie es aussieht.

Fideler.

Das haßt sich schwer das Lumpenpack

Und gäb' sich gern das Restchen;

Es eint sie hier der Dudelsack

Wie Orpheus Leier die Bestjen.

Dogmatiker.

Ich lasse mich nicht irre schrein,

Nicht durch Kritik noch Zweifel.

Der Teufel muß doch etwas sein;

Wie gäb's denn sonst auch Teufel?

Idealist.

Die Phantasie in meinem Sinn

Ist dießmal gar zu herrisch.

Fürwahr, wenn ich das alles bin,

So bin ich heute närrisch.

Realist.

Das Wesen ist mir recht zur Qual

Und muß mich baß verdrießen;

Ich stehe hier zum erstenmal

Nicht fest auf meinen Füßen.

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Goethe: "Faust"

Supernaturalist.

Mit viel Vergnügen bin ich da

Und freue mich mit diesen;

Denn von den Teufeln kann ich ja

Auf gute Geister schließen.

 

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