Belindas Beerdigung

                                                (c) Anne Geddes

                                               

Dienstag, den 13.11.2001

So, jetzt mußten wir uns um Belindas Beerdigung kümmern. Dinge mit denen wir noch eine Woche vorher nicht einmal geahnt hätten, daß wir sie tun müssten. Meine Oma hatte lieberweise angeboten, sie auf dem Familiengrab beisetzten zu lassen, so mußten wir kein Extragrab aufkaufen. So mußte Belinda nicht alleine sein. Sie kommt zu ihren UrUrgroßeltern und ihrem Uropa mütterlicherseits. Meine Oma hatte sich bei der Friedhofsverwaltung schon erkundigt, ob das möglich sei und die sagten nur, daß so ein kleines Grab immer dazwischen passt.

Meine Hebamme kam mich besuchen und tröstete mich ganz lieb. Ich hatte sie am Tag zuvor informiert, daß ich jetzt wieder zu Hause bin. Sie tastete meinen Bauch ab und war zufrieden mit der Rückbildung Sie wollte diese Woche jeden Tag kommen.

Wir, d.h. ich Gary und meine Eltern gingen gemeinsam zu einem Bestattungsinstitut in Lichtenrade. Belinda sollte ja auf dem Ev. Friedhof Lichtenrade beerdigt werden, so lag das nahe. Es war schrecklich das Institut zu betreten. Alles war voller Särge. Wir gingen dann aber in einen anderen Raum und sollten uns an den Schreibtisch setzten. Dort besprachen wir alle Einzelheiten für die Beerdigung. Belinda sollte einen weißen Sarg bekommen. Dann überlegten wir uns noch wie die Traueranzeige gestaltet werden sollte. Man fragte mich, ob ich Belinda noch etwas eigenes anziehen wollte und wollte ds mit der Krankenhauspathologie abklären. Das Institut übernahm dann alle weiteren Formalitäten und wir brauchten nur noch zur Beerdigung kommen. Sie sollte in einer Woche stattfinden, da immer nur am Dienstag Erdbestattungen auf dem Friedhof möglich sind. Dem eigentlichen errechneten Geburtstermin von Belinda. Was für ein Zufall!

Mittwoch, den 14.11.2001

Nachdem ich noch am Vorabend die Traueranzeigen aus der Druckerei geliefert bekommen habe, machte ich mich an den Versand. Ich schickte alle Karten weg an Verwandte und Freunde. Ich woltte unsere Trauer allen kundtun.

Meine Hebamme kam und wollte zusammen mit mir ins Krankenhaus fahren um Belinda einen Strampler anzuziehen, die ich ihr rausgesucht hatte.

Nachmittags sind wir dann noch zu einem Blumenladen gefahren um einen Blumenkranz für die Beerdigung zu bestellen. Es sollte ein Herz mit rosa Buschrosen und Schleierkraut sein. Und eine weiße Schleife sollte auch noch ran. Es standen folgende Worte drauf: "Ruhe in Frieden unser kleiner Engel. In Liebe Deine Eltern."

Dann rief noch das Beerdigungsinstitut an und teilte mit, daß es leider nicht möglich sei Belinda umzuziehen. Der Pathologe hatte abgeraten, da die Knochen schon so weich waren. Schade, aber vielleicht war es besser, das ich sie in Erinnerung behielt, wir sie nach der Geburt aussah. Obwohl ich sie ja so gerne noch mal gesehen hätte.

                                

                     

                                 

Dienstag, den 20.11.2001 (Tag der Beerdigung)

Morgens fuhren wir zum Blumenladen um den Kranz abzuholen und machten uns sogleich auf den Weg um Garys Eltern abzuholen. Dann sind wir direkt zum Friedhof gefahren.

Dort angekommen erwarteten uns schon meine Eltern, meine Oma und meine Patentante samt Mann. Außerdem kamen noch die Cousine von meinem Vater, ein Freund von Gary (Mann von Garys Cousine), meine Freundin Aida und meine Hebamme zur Trauerfeier. Also nur ein enger, kleiner Kreis. Ich sprach noch kurz mit dem Pfarrer, der uns auch vier Tage zuvor besucht hatte, um die Beerdigungzeremonie zu besprechen. Pünktlich um 13 Uhr wurden wir dann vom Pfarrer allesamt in die kleine Friedhofskapelle gebeten.

Da stand er nun der kleine, weiße Sarg, worin mein Engel seine letzte Ruhe haben sollte. Er stand auf einer schwarzen Decke und die vielen Blumensträuße und Blumenkränze lagen davor.  Ich brach in Tränen aus als ich den kleinen Sarg sah. Als ich mich wieder gefaßt hatte, setzten wir uns, d.h. Gary und ich, in die erste Reihe. Dann begann der Pfarrer mit seiner Predigt. Er hat so wunderbar und tröstend geredet, obwohl ich nicht alles mitbekommen habe, da ich so sehr mit dem Verlustschmerz zu tun hatte.

Der Pfarrer laß dann auch folgende Predigt:

                                       Gott, ich bitte dich, stärke die Eltern in der Zeit der Trauer.

                                 Gib ihnen die Kraft, ihren Fragen und aller Ungewissheit standzuhalten.

                                        Schenke Verwandten und Freunden Offenheit und Geduld,

                                          ihnen beizustehen, damit sie über ihren Schmerz reden

                                   uns einmal wieder neuen Lebensmut und Lebensfreude bekommen.

                                             Gott, wir haben uns gefreut und alles vorbereitet,

                                            dass Belinda in ein schönes Zuhause kommen kann.

                             Was haben wir alles bedacht - und jetzt dieser unvermutete Abschied.

                                                              Das ist so schwer, Gott.

                                                  Wir haben die Bewegungen gespürt,

                                     die Veränderungen bemerkt, ihr Wachstum verfolgt.

                                             Unsere Beziehung ist schon gewachsen -

                                   dieses Kind, dieser kleine Mensch sollte mit uns leben -

                                                                Gott, es tut so weh.

                                                    Unvorbereitet traf uns dieser Tod.

                            Mit dem toten Kind stehen wir da und wissen nicht, was das soll.

                                       Wir suchen nach Trost, nach tröstlichen Gedanken.

                                                     Fast verschlägt es uns die Sprache.

                                                               Nur eins bleibt uns,

                                        und wir sagen es stockend und doch von Herzen:

                               Wir danken dir, dass Belinda 9 Monate wuchs und wurde.

                                                  Wir danken dir für die Erfahrungen,

                                die wir während der Schwangerschaft machen konnten,

                                                   für manche Entscheidung, die fiel,

                          für die Stunden des Glücks, für alle Hoffnungen und Träume.

                                      Dafür wollen wir danken - ohne Wenn und Aber.

                               Und wir bitten dich, Gott nimm Belinda auf in dein Reich.

                                 Umhülle sie sanft, und lass sie bei dir geborgen sein.

                                                                       Amen

 

                                 

 

Der kleine, weiße Sarg, in dem Belinda jetzt ruht. Und schöne Blumen für unsere noch schönere Belinda.

 

                                 

 

Sind sie nicht schön, die vielen Blumen, die Belindas Grab bedecken? Zu schön für die grausame Wirklichkeit!

 

                                 

 

                        

                         Belindas Sarg, augebarrt vor dem Altar der kleinen Friedhofskapelle.

 

                                  

 

Nach ca. einer Viertelstunde war dann die Trauerfeier vorbei. Jetzt kam der schwere Moment rauszugehen und Belinda zu Grabe zu tragen. Die Totengräber öffneten die Seitentür der Kapelle und trugen die Blumen und den kleine Sarg hinaus und stellten sie auf einen Karren. Dann folgten wir samt der Trauergemeinde. Ca. 200 m von der Kapelle stoppten wir dann vor dem Grab. Eine kleine Grueb war ausgehoben worden und grüner Kunstrasen verzierte diese. Die Totengräber hieften nun den Darg in die Grube nach dem sie gesagt hatten: "In Gottes Namen"! Da schwand sie dahin meine kleine Tochter. In eine kalte, dunkle, tiefe Grube. Dabei hätte ich sie so gerne gewärmt und sie mit meiner Liebe umhüllt. Aber ich durfte das nie tun. Ich war so erschüttert.

Jetzt hielt der Pfarrer seine Grabrede und laß unter anderen folgenden Text von mir vor:

                                                           Meine kleine Belinda

                                                         Ich liebe Dich so sehr.

                     Für immer würde ich Dich bei mir behalten wollen - doch lieben heißt lassen

                              Wenn man jemanden liebt darf man ihn nicht drücken und halten

                                      man muß ihm Freiheit und Luft zum Atmen lassen.

 

                                              Mich das zu lehren bist du gekommen

                                                 und heute muß ich dich loslassen.

 

                                                  Ich bette dich, mein liebes Kind,

                                                      hier in unser Familiengrab

                                                       zu deiner letzten Ruhe -

 

                                                     Laßt uns den Tod beweinen

                                                Und das Leben feiern wie ein Fest.

                                              (Textquelle: Initiative Regenbogen)

                                   

Dann nahm der Pfarrer einen Ständer mit Sand und stach ihn in die Erde am Grab. Er segnete Belindas Garb und warf dreimal den Sand hinein. Dann war ich an der Reihe und warf eine mitgebrachte rosa Rose hinein und den Sand hinterher. Es war schrecklich zu wissen, daß sie jetzt da unten lag. Aber es mußte wohl sein. Nach mir folgte Gary. Er war so traurig, daß er mich ganz doll drückte und alles um sich herum vergaß. Als er sich etwas beruhigt hatte kam der Rest der Trauergemeinde dran und wir blieben noch etwas am Grab stehen. Der Pfarrer sagte uns dann, wir sollten doch besser später noch einmal vorbei schauen. Die Totengräber wurden das Grab dann schön hergerichtet haben. Wir bedankten uns bei ihm und gingen. Wir verabredetennuns mit den anderen bei meinen Eltern zu Hause. Meine Hebamme verabschiedete aber schon dort auf dem Friedhof, da sie noch einen Termin hatte und sagte, daß sie mich morgen besuchen würde.

Meine Oma hatte Kuchen gebacken und wir fuhren nun zum Haus meiner Eltern, wo wir uns alle wiedertrafen und die Beerdigung verdauten. Ich war aber froh als dieses Kaffetrinken vorbei war. Ich wollte lieber zurück zu Belindas Grab.

Das taten wir dann auch. Gary fuhr aber erstmal seine Eltern nach Hause, so daß ich zusammen mit meinen Eltern und meiner Oma hinfuhr. Das Grab war jetzt voller Blumen. Ich hoffte, daß sie noch lange halten würden, aber es war schon Ende November und der Frost konnte jeden Tag kommen.

                                 

                                                           Gedanken an die Mutter Erde

                                                     Ich stehe neben diesem winzigen Grab

                                                        Und lege die Frucht meines Leibes

                                                            In die Arme der Mutter Erde.

                                      Wir sind sehr vertraut miteinander, Mutter Erde und ich.

                                                       Wir haben oft zusammengearbeitet,

                                         Meine Hände tief in ihrem warmen, nährenden Grund,

                                                 Um Bäume zu pflanzen, die Früchte tragen.

                                                   Sie hat für die kleinen Sämlinge gesorgt,

                                                  Hat sie tief in ihrem Leib sicher verankert,

                                               Hat ihre Wurzeln tief in ihrem Herzen gehalten,

                                               Hat sie genährt, während ich sie gepflegt habe.

                                                          Wir sind ein Team, sie und ich,

                                                                  Die besten Freunde.

                                            Jetzt muss ich ihr mein kostbarstes Gut anvertrauen.

                                              Ich bin gekommen, um ihr mein Baby zu übergeben

                                                            Wissend, dass sie mein Kleines

                                                                     An ihre Brust nimmt

                                                            Und es dort gut aufgehoben ist

                                                                    Und an anderer Stelle

                                                         Neus Leben aus ihr erwachsen wird.

                                                                      (Deborah Guenther)

                

                                               

                                                                         (c) Anne Geddes

                                                                   

 

Drei Wochen später

Die Blumen sind nicht mehr so schön. Es hatte ja schon leicht Frost gegeben. Ich wollte eigentlich die Blumen selbst aussortieren. Die Friedhofsgärtner hatten aber die Blumen schon weggebracht und den Grabhügel eingeebnet. Es lag nur noch unser Rosenherz da. Ich war traurig, als ich das sah. Ich wollte doch die ganzen Bänder behalten. Meine Oma tröstete mich und meinte, daß die Friedhofsgärtner bestimmt das Grab fertig machen mussten, da es bald noch kälter werden würde. Sie behielt Recht, ein paar Tage später fiel der erste Schnee. wir wollten dann schnell gemeinsam das Grab herrichten und ich bestellte noch einen Grabstein beim Steinmetz gegenüber vom Friedhof.

  Belindas Grab

 

                                        (c) Annes Geddes

                                         

 

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