WERWÖLFE KÜSST MAN NICHT

                                                                                                            

                                                Geschrieben am 18.06.2002.

                    Diese Geschichte unterliegt dem Copyright von Danielle G.P.

Eigentlich war es für Shirley, ein Auftrag wie jeder andere auch. Als Journalistin, war sie es gewohnt, durch die ganze Welt zu reisen, auf der Suche nach kuriosen Stories. Und als Matthew, ihr Boss, sie diesmal nach Schottland schickte, um der Legende von Loch Ness auf den Grund zu gehen, nahm sie auch dieses Angebot, wenn zwar mit einem spöttischen Grinsen um die Mundwinkel, dankend an.

 " Du glaubst doch nicht wirklich an diesen Unsinn? " Immer noch vor sich hin schmunzelnd, nahm sie ihr Flugticket entgegen. 

" Na ja, belehre mich eines Besseren. Schliesslich ist dieses sagenumworbene Ungeheuer seit Jahren in aller Munde." 

" Wenigstens komm ich so auch mal ins Land der Dudelsäcke, wobei ich jedoch stark bezweifele Nessie vor die Linse zu bekommen. Manchmal frage ich mich, wieso Leute sich immer solche Phantasiegestalten ausdenken müssen? " 

" Weißt du, wenn ich eines in der langen Zeit, in der ich nun schon meinen Beruf ausübe, gelernt habe, dann ist es das, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die man weder erklären, noch begreifen kann. " 

Matthew hatte Recht, denn obwohl Shirley mit einer gewissen Portion Realismus durchs Leben ging und der Journalismus ihr, ein verbessertes Einschätzungsvermögen und bessere Menschenkenntnis, beschert hatte, war sie schon manch skurrilen Geschichten begegnet, die ein normaler Menschenverstand, wohl eher als absurd und abstrakt, abgetan hätte. 

Der Flug nach London, war kurz und angenehm, nur musste Shirley leider am Flughafen feststellen, dass Matthew vergessen hatte, ihren Leihwagen zu ordern und die nette Dame hinter dem Schalter, gab ihr freundlich, aber deutlich zu verstehen, dass es zu dieser Zeit leider unmöglich war, einen Wagen zu bekommen. Ein gutgekleideter Gentleman, der gerade seine Schlüssel für sein reserviertes Fahrzeug entgegennahm, musste ihr wohl die Enttäuschung im Gesicht abgelesen haben, als er sich kurzerhand an sie wendete. 

" Wohin wollen sie denn Miss? " 

" Nach Iverness, und dann weiter zum Loch Ness. " 

Obwohl seine Miene sich jetzt, eher ins Ironische verzog, da er wohl zur Überzeugung gelangt sein musste, wieder eine hysterische Touristin auf dem Feldzug, gegen ein Hirngespinst, vor sich zu haben, schlug er ihr kurzerhand vor, sie mit bis nach Orkneytown zu nehmen, einem entlegenen Dorf, ungefähr 70Km von Iverness entfernt. 

Ihre Leidenschaft für Edgar Alan Poes Erzählungen, wurden abrupt zur bitteren Realität, als sie nun neben diesem Fremden, über gottverlassene Landstrassen und durch eine neblig, fast undurchdringbare Dunkelheit fuhr, und er plötzlich vor einem uralten, schiefen Gemäuer, mit einem alles überragenden Kamin, zum stehen kam.

Über der eigentlich viel zu kleinen Eingangstür, hing ein morsches, von verrosteten Nägeln gehaltenes Schild, in das mit einem Meißel, große und kleine Lettern, mehr oder minder schief, eingekerbt waren und jedem Augenarzt, sogleich hätte Tränen, in die Augen schießen lassen.

                                   "- DRUMMOISSIE MUIR -"

Was immer das auch bedeutete, Shirley wollte es nicht wissen.

 

Doch wurde sie, trotz ihrer anfänglichen Aversion gegen diese Ruine, positiv überrascht, und so schlief sie sanft und fest, nach einem ausgiebigen Diner, in angenehmer Gesellschaft, in flauschiger Bettwäsche ein, und erwachte erst am andern Morgen, als die Sonne ihre ersten sanften Strahlen, durch das offene Fenster warf. 

" Hallo! Gut geschlafen? " Mister Cromwell, ihr fremder Begleiter, begrüßte sie mit einem warmen Lächeln, am Frühstückstisch. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er keineswegs so alt war, wie sie gestern noch angenommen hatte. Im Gegenteil, so wie er jetzt, in Jeans und Poloshirt, vor ihr saß, schien er plötzlich um Jahre verjüngert. Sein helles dichtes Haar, das er gestern noch streng nach hinten gekämmt trug, hatte sich über Nacht, in eine kecke Borstenfrisur verwandelt. Kurzum, ihr Augenlicht wohl gestern ziemlich getrübt, erkannte heute klar und deutlich, einen netten, gutaussehenden jungen Mann, mit blitzenden hellbraunen Augen und einem unwiderstehlichen Lächeln. 

" Ach, übrigens, der Sohn des Wirtes, fährt jeden Freitag nach Iverness zum Markt, wenn sie möchten, nimmt er sie so gegen 11.00Uhr mit. " 

Nein, sie mochte nicht! Ganz und gar nicht! 

Gerade hatte sich der Frosch, als Prinz entpuppt und das sollte sie sich entgehen lassen?

Alles mit der Ruhe, Freitage kamen wieder, wie Ebbe und Flut, da konnte sie sich genüsslich, noch einige Tage, mit Mister Cromwell gönnen. 

" Sehr nett von ihnen, aber ich habe beschlossen, mich erst mal, ein bisschen hier in der Gegend umzusehen. Vorausgesetzt, mein Zimmer ist frei." 

" Da kann ich sie beruhigen, nur wenige Fremde verlaufen sich in diese einsame Landschaft. Aber sie sollten vorsichtig beim Umherstreifen sein, hinter dem Wald erstreckt sich ein riesiges Moor. Für jemanden, der sich nicht auskennt, kann dies schnell zur Todesfalle werden. " 

" Und sie? Kennen sie sich aus? " 

" Ich bin hier aufgewachsen und kenne jeden einzelnen Baum und Strauch. " 

Als er sah dass Shirley ihn schmunzelnd von der Seite anblickte, erkannte er erst, ihre zweideutige Frage. 

" Sie meinen..........nun ja, vielleicht kann ich es einrichten, obwohl ich.........." 

Shirley ließ ihn gar nicht mehr ausreden. 

" Dann sollten wir gleich nach dem Frühstück aufbrechen! " 

Die naechsten Tage verbrachten die beiden fast ausschliesslich zusammen und Shirley hegte längst tiefere Gefühle für ihren neuen Freund, der ihr, in seiner sensiblen Art und mit seinem versteckten Humor, sehr schnell ans Herz wuchs. 

Eines Abends, es war schon stockdunkel, als sie den Nachhauseweg einschlugen.

Der Mond reflektierte fast voll und rund, sein silbernes Licht, auf den Moos bedeckten Weg, als Shirley, eine bis dahin, unbekannte Nervosität, von Oliver ausgehend, spürte.

Er drängte sie, -nein-, er trieb sie vor sich her, immer schneller und schneller, bis sie vor Erschöpfung nicht mehr laufen konnte, sich abrupt umdrehte und ihn, in seinem Spurt bremste. 

" Sag mal, willst du mich zu Tode hetzen? " 

Sein Blick, der sonst so warmherzig leuchtete, schien nun starr und ohne Regung, durch sie hindurch. Kein einziges Fünkchen loderte momentan in seinen kalten Augen und Shirley wurde mit einem Mal eiskalt

Sie beobachtete, wie er gereizt, in den Himmel stierte, während seine Wangen nervös zuckten, und seine Lippen sich, zu einem dünnen Strich zusammenzogen.

Seine Hände ballten sich zu Fäusten, mit denen er nun gegen seine Backenknochen drückte, und ein krampfartiger Schmerz, ließ ihn, in gekrümmter Haltung zu Boden sinken. 

" Oliver! Oliver! " Shirley schrie vor Aufregung auf, und glitt neben ihn auf die Knie. 

" Oh Gott, was ist mit dir? Ist dir schlecht? " 

" Bitte, ............lauf los, ..........hol Hilfe! " 

" Aber ich kann dich doch hier nicht alleine lassen. Komm versuch aufzustehen, es ist nicht mehr so weit. " 

" Es geht nicht,.......... " 

Ergriffen musste sie mit ansehen, wie er sich immer wieder zusammen krümmte und die Schmerzen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben standen.

Sie nahm seinen Kopf zwischen beide Hände, fuhr ihm zärtlich über die Wange, und bedeckte sein Gesicht, mit kleinen Küssen. 

" Tu das nicht Shirley.......bitte,              hör auf damit. " Für einen kurzen Moment leuchteten seine Augen sie liebevoll auf. 

" Ich liebe dich Oliver. " 

                             

                                           ( Bild: Beck )

" Neiiiiiiiiiiiiiiiiiin, " Seine Stimme heulte wie ein verwundeter Wolf, durch die unheimliche Stille der Nacht.

" Geh........los geh endlich.......!. " 

Shirley stand auf und blickte entgeistert, auf den vor ihr zusammengekauerten Körper. 

" Worauf wartest du noch? Lauf...........Hau endlich ab...................bevor es zu spät ist! " 

Ein leises Knacken, der Holzstückchen, die unter der Last seines Gewichtes, zu bersten begannen, holte Shirley langsam auf den Boden der Tatsachen zurück.

Ihr wurde urplötzlich klar, dass dieses Knacken, das immer lauter und deutlicher wurde, keineswegs, das Geräusch von berstendem Holz war, sondern von menschlichen Knochen.  

Vor ihrem geistigen Auge, spielte sich in Sekundenschnelle, ein wahres Horrorszenario ab, das alle ihre physischen Funktionen, kurzerhand lahm legte.

Indes sie mit offenem Mund, zur Salzsäule erstarrt, beobachten musste, wie Olivers Kopf immer schmaler, seine Arme immer länger, seine Brust immer mehr anquoll und sein Rücken immer gebeugter wurde, derweil seine Kleidung unter dem Druck zerriss und sein Körper sich mit langen, schwarzen Haaren überzog. 

Sie wollte schreien, aber ihre Stimme versagte

 Sie wollte laufen, aber obwohl ihr Gehirn fieberhaft versuchte, den Befehl an ihre Beine weiterzugeben, scheiterte auch dieser Versuch kläglich.

Sie wollte endlich aufwachen, so wie sie das schon hundert Mal getan hatte, doch dieses Hier und Jetzt, war kein Traum, sondern bitterer Ernst.       

                                                        

Vor ihr stand nun eine Kreatur, wie man sie eigentlich nur aus Büchern kannte und jedem, schon beim Anblick, dieser fiktiv dargestellten Zeichnung, eine Gänsehaut bescherte.

Was ursprünglich, vor Jahrhunderten, einem kranken Geist entsprungen sein musste, wurde hier im Culloden Moor zur bitteren Realität.

Auf den Spuren von Loch Ness, begegnete Shirley einem Werwolf, der sie mit blutunterlaufenen Augen anpeilte und dessen zentimeterlange scharfen Zähne bei jedem Zungenfletschen, die tödliche Gefahr, in der sie schwebte, zur Gewissheit werden liess.

Sein Aufheulen, gefrierte ihr das Blut in den Adern, Angst liess sie erzittern, und ihre Zähne klapperten unkontrolliert aufeinander.

Im gleichen Moment setzte dieses Scheusal zum Sprung an, während er seine Tatze mit den grässlichen Krallen, nach ihr ausstreckte. Shirley wusste, sie hatte keine Chance mehr, aber so einfach wollte sie es dieser Bestie nicht machen. Ihren ganzen Mut in beide Hände nehmend, fauchte sie dieses Etwas an. 

" Was bist du doch für eine erbärmliche Kreatur! Ernährst dich von Blut und fristest dein Dasein in der Dunkelheit, durch die Kraft des Mondes. Vor dem Sonnenlicht kannst du nicht bestehen, welch feiges Ungetüm, das sich in Wahrheit vor Menschen fürchtet und sie lieber tötet, als irgendein Gefühl des Mitleides oder der Zuneigung zuzulassen. Nur zu, töte mich, aber meine Liebe zu dir, wird dadurch nicht sterben, und meine Seele wird dich ein Leben lang verfolgen und deinen Fluch noch unerträglicher machen. " 

Ihre Stimme schallte laut und fest durch den Wald und ihr Blick hielt dieser grässlichen Fratze stand, deren Augen sich zusammenzogen und plötzlich den Blick in Olivers hellbraune warmen Pupillen freigab, bevor die Bestie, mit einem kurzen letzten Augenschlag zu Shirley gewandt, herumfuhr und mit rasanten Schritten, in der Nacht verschwand.  

Total erschöpft, aber erleichtert rannte Shirley in Richtung des Hotels, als ein Knall die Stille durchpeitschte. Es hörte sich an, wie der Schuss aus einem Gewehr, auf den nun noch weitere folgten. Wie von einer Tarantel gestochen, lief sie in die Richtung, aus der die Schüsse kamen und sah schon von Weitem eine Gruppe von Männern, die allesamt gebeugt, auf den Boden schauten. Vehement drängte sie sich durch und entdeckte, das niedergestreckte Opfer. 

Sie legte ihr Ohr an seine Brust und hörte sein Herz nur noch ganz leise pochen, seinen Puls kaum noch spürbar, seinen Atem stossweise, dem gefährlichen Maul entweichen, als eine Pranke sich schwerfällig, nach ihr ausstreckte.

Betroffen, legte sie ihre Finger darum und vor ihr, verwandelte sich diese schreckenserregende Kreatur, in den jungen Mann, in den sie sich verliebt hatte.

Seine Seele war endlich für immer frei!  

                                                 

                                                                    



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