TAGE WIE DIESER

                     

Während sie wie gehetzt, über die Strasse laufen wollte, quietschten plötzlich Reifen und ein ohrenbetäubendes Hupkonzert, ließ ihr Herz wie wild hämmern. Nur ein Hechtsprung zur Seite, ließ vermeiden, dass dieser Rowdy hinter dem Steuer eines Luxusliners, sie zu seiner Kühlerfigur machte.
   Da lag sie nun, in einer riesigen Pfütze, mit zerrissener Strumpfhose, verdreckten Kleidern und aufgeschundenen Knien. Sie wollte gerade in Selbstmitleid ertrinken und spürte schon, wie die Tränen in ihre Augen schossen, als eine Wolke angenehmen Rasierwassers, ihre Nase kitzelte. Eine starke Männerhand umfasste ihren Oberarm und half ihr auf die Beine.
   " Sind sie verletzt? Haben sie sich was getan? "
   Sie sah an sich hinab, ihr total durchnässter Rock, die mit Löchern übersäten Nylons, und das Blut, das aus ihren Schürfwunden, in ihre teuren Gucci-Schuhe rann. Und dieser Idiot fragte, ob sie sich was getan hätte?

Was hatte er IHR angetan!!!
  

   Die Wut kroch in ihr hoch, erst jetzt hob sie den Blick, um ihm ins Gesicht zu schreien, dass er sie fast umgebracht hatte, und das gerade heute, wo sie doch so mutig gewesen war, die Welt zu erkunden.
   Doch als sie ihn nun ansah, spürte sie keinen Schmerz mehr, und sein angenehmer Geruch, der sie wie Watte einlullte, hätte sie fast wieder zu Boden sinken lassen.
   " Kommen sie, ich fahr sie ins Krankenhaus!“
   Mit diesem Mann wäre man überall hingefahren, doch schien ihr, die Sterilität einer überfüllten Notaufnahme, keinesfalls verführerisch.
   " Nein, nein ich bitte sie, ist doch nur ne Kleinigkeit.“ Sagte sie das wirklich?
   Doch als sie einen Schritt nach hinten machen wollte, verzerrte sich schmerzlich ihre Mimik.
   Die Kleinigkeit schien doch nicht so klein, auch wenn dieses Bild von einem Mann, ihr wohlige Schauer über den Rücken jagte, und alles andere fast betäubte.

" Ich werde sie zu einem Arzt bringen, ob sie wollen oder nicht"
   Konnte man diesem Mann etwas abschlagen? Doch sie konnte!
   " Ich brauche keinen Arzt, ich möchte nur noch nach Hause. Dieser verfluchte Tag, dabei wollte ich doch in Urlaub, dann wurden alle Flüge gestrichen, ich musste feststellen, dass meine Jugendliebe zum Penner mutiert ist, meine Handtasche weg ist und nun......., " Ihr Schluchzen musste herzerweichend sein, denn ohne zu zögern, hielt ihr der gutriechende Typ, ein frisch gestärktes Taschentuch hin.
   " Danke,....und wie ich aussehe! " Ihre Lippen bebten erneut dann schnäuzte sie beherzt, in das genauso gut duftende Taschentuch mit Monogramm.
   Ihr Gegenüber räusperte sich, wahrscheinlich tat es ihm schon leid, ihr kein Tempo gereicht zu haben.
   " Beruhigen sie sich, es hätte schlimmer kommen können.“
   Noch schlimmer?????? Wohl kaum! Oder?
   Sie stand vor Adonis selbst, und sah aus wie die letzte Schlampe! Ihre Wimperntusche hing in seinem Tuch, ihr Gesicht quoll an, wie eine überreife Tomate und ihre Tränendrüsen schienen nicht mehr zu funktionieren. Wie viel Wasser konnten weibliche Augen wohl speichern???
   Unbeholfen versuchte er einen Arm um sie zu legen, ihr Kopf sank gegen seine Brust. Mein Gott, wusste Mann nicht, dass es sich gegen starke Muskeln gelehnt, noch entspannter heulen lässt?
   Nun verabschiedeten sich auch noch ihr Rouge und Lippenstift, so dass nun ihr ganzes Gesicht quasi, in seinem hellen Hemd hing.
   Da half nichts mehr, diesen gutaussehenden Burschen, hatte sie entgültig in die Flucht geschlagen. Eigentlich war es fast eine Wohltat, als ihr plötzlich schwarz vor Augen wurde.

 

   Sie schlug die Augen auf, und wollte sich noch mal genüsslich in ihre Kissen kuscheln, als sie wie eine Furie hochschoss. Ihr Schädel brummte wie ein Bienenstock und gegen das einflutende Sonnenlicht blinzelnd, musste sie feststellen,  dieses Schlafzimmer, war eindeutig nicht ihr Schlafzimmer.

   Das war auch nicht ihr Bett und überhaupt, das war nicht einmal ihr Pyjama!!

So langsam dämmerte es ihr! Ihr Hirn begann zäh die gestrigen Ereignisse aufzurufen.
   Der Geruch von frisch aufgegossenem Kaffee stimmte sie etwas entspannter, jedoch als sie das leise Klopfen an der Tür vernahm, warf sie sich zurück. Oh Gott, nicht das noch, einfach so tun als würde sie schlafen!
   Er hatte bestimmt soviel Anstand, sie schlummern zu lassen, vielleicht konnte sie danach unbemerkt, im Badezimmer verschwinden, um wenigstens etwas menschlicher auszusehen.   

   Hatte er nicht!!
   " Hi! Aufwachen, Frühstück ist fertig! "
   Sie musste ihn so entgeistert angeschaut haben, dass er einen Schritt zurücktrat. Doch dann kam ihr in den Sinn, dass ihr Anblick, von der ersten Sekunde an, da sie ihn getroffen hatte, wahrscheinlich heute Morgen das Tüpfelchen auf dem I war!
   Konnte dieser Mann mit so vielen Facetten fertig werden, war er nicht auf immer und ewig gezeichnet.

 „Ich habe ein Handtuch und einen Bademantel ins Badezimmer gelegt, falls Sie sich vor dem Frühstück noch etwas frisch machen wollen. Eine neue Zahnbürste hatte ich zufällig auch noch im Haus.“, sagte der Traummann in diesem Moment.
   
   „Dem Himmel sei gedankt!“, dachte sie, murmelte nur ein kurzes „Danke“ und huschte aus dem Zimmer in die Richtung, in die er zeigte – in der Hoffnung, dass sie dort das Badezimmer finden würde.
   
   Vor dem Spiegel traten ihr sofort wieder Tränen in die Augen. Mein Gott, sie sah aus wie ein Monster. So wäre sie unter normalen Umständen nicht einmal ihrer besten Freundin entgegen getreten. Und dieser Mann, der so wunderbar aussah und roch, hatte nun diesen ersten Eindruck von ihr...
   
   Nachdem sie geduscht und sich die Zähne geputzt hatte, fühlte sie sich schon wieder mehr wie ein Mensch, doch in dem Moment, als sie wieder den ersten klaren Gedanken fassen konnte, schoss es ihr durch den Kopf: „Wie bin ich überhaupt hier hingeraten, in diese Wohnung dieses fremden Mannes!?!“. Sie hatte keinerlei Erinnerung mehr von dem Moment an, wo er ihr vorgeschlagen hatte, sie zum Arzt zu bringen.

  Während die Bürste durch ihr Haar glitt, begann ihr Magen zu rebellieren, wo immer er momentan auch sitzen mochte. Ihr war plötzlich speiübel. Na bravo, jetzt fehlte nur noch, dass sie dem Typen, das Badezimmer voll kotzte.
   " Lieber Gott, bitte, bitte..... ich fleh dich an, nur einmal in meinem Leben, tu mir das nicht an. " Tatsächlich, das flaue Gefühl verzog sich. Aber nur kurz, um gleich darauf desto exzessiver zurückzukehren. Einen winzigen Moment lang war ihr, als würde sich das, was sich ihr Magen nannte, um 180Grad drehen, dann umarmte sie auch schon mit beiden Händen die Kloschlüssel, und spie Leber und Galle. Ein Karussell schien sich ihres Kopfes zu bemächtigen und flitzte in einem Tempo rundherum, so als gäbe es einen Schnellrekord aufzustellen. Sie strengte sich an, wieder auf die Füße zu kommen, musste aber auf Grund ihrer puddingweichen Beine, dieses Vorhaben unverzüglich einstellen.
   Da lag sie nun, ein Häufchen Elend, hatte nicht mal mehr die Kraft sich zur Dusche zu schleppen und wäre am liebsten im Erdboden versunken.
   " Wenn dies ein Albtraum ist, wäre es an der Zeit aufzuwachen!“ Wieder versuchte sie krampfhaft ihr Haupt zu heben, doch dort wo für Gewöhnlicherweise ihr Kopf saß, musste ihr über Nacht ein Betonklotz gewachsen sein, sie kriegte es einfach nicht hin.
   " Geht’s ihnen gut? Haben sie ein Problem? "
   Die Stimme kam ihr, wenn auch von sehr, sehr weit her, doch schon ziemlich bekannt vor.
          Kein Albtraum!

                 Aus der Traum!


   Sie wollte schreien, rufen, -Probleme? -Ich? -Neeiiin!

Doch was war mit ihrer Stimme?? 

Ein heiseres Krächzen, kaum hörbar, dann spürte sie auch schon den Luftzug, den die sich öffnende Tür von sich gab, und sie wollte nur noch tot sein!!

                                                    



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