Wir erreichten die 41. Schwangerschaftswoche ohne dass Komplikationen aufgetreten waren und erwarteten mit Spannung die Ankunft unserer Tochter. Aber die hatte es offensichtlich nicht eilig und ließ sich Zeit. Am eigentlichen Entbindungstermin, Montag den 27.08.2001, wurde ich das erste Mal im Krankenhaus vorstellig. Die Untersuchung dort war in Ordnung und von der Wehentätigkeit fehlte noch jede Spur... also hieß es wieder ab nach Hause und weiter warten.

Auch am Mittwoch waren keine Wehen in Sicht und die Spannung stieg. Am Freitag der gleichen Woche war wieder ein Termin im Krankenhaus vorgesehen. An diesem Tag war das CTG leicht auffällig. Die Herztöne von Celia waren erhöht. Da es sich aber nur um einen grenzwertigen Befund handelte, konnten wir das Krankenhaus wieder verlassen. Irgendwie hatte ich an diesem Tag aber bereits ein seltsames Gefühl, welches ich mir so recht nicht erklären konnte. Abends fühlte ich mich dann auch nicht besonders wohl und in der Nacht spürte ich ganz leicht die ersten Anzeichen von Wehen. Ich stand auf und lief in der Wohnung umher - die Krankenhaustasche war seit Tagen gepackt...

Dann ging auf einmal alles ganz schnell... Unter wahnsinnigen Schmerzen platzte die Fruchtblase und die Wehen setzten ein. Ein Abstand von wenigen Minuten und bei meinem Mann und mir brach Panik aus. Der verständigte "Storchenwagen" kam nach 10 Minuten und brachte uns ins Krankenhaus. Dort zeigte sich, dass die Herzschlagfrequenz unserer Kleinen erhöht war. Als dann auch noch der Sauerstoffgehalt bei Celia bedrohlich abfiel, wurde alles für den Notkaiserschnitt vorbereitet. Insgeheim verspürte ich in diesem Moment Erleichterung und dachte noch, bald werde ich meine kleine Maus in meinen Armen halten. Leider war die PDA für den Kaiserschnitt nicht ausreichend, so dass eine Vollnarkose gegeben werden mußte...

Als ich aus der Narkose erwachte, stand mein Mann an meinem Bett - von unserer Celia keine Spur. Mein Mann war völlig aufgelöst und wußte auch nicht so recht was das Problem bei Celia war. Da ich noch völlig unter dem Eindruck der Narkose stand, konnte ich in diesem Moment eigentlich nichts richtig begreifen. Es kam uns so vor, als vergingen Minuten und Stunden bis endlich ein Arzt zu uns kam. Er erklärte uns, dass es ziemlich schlecht um unsere Tochter steht und sie denken, dass Celia aufgrund einer aufgestiegenen Infektion nicht alleine atmen kann, da die Lunge und auch weitere Organe in Mitleidenschaft gezogen wären. Ich konnte das alles gar nicht verstehen, stand völlig unter Schock und dachte, dass das alles nicht wahr sein könne. Ich wurde auf ein Mehrbettzimmer gebracht und auf der Station gratulierte man uns noch zu unserer Tochter... Es war einfach furchtbar. Mein Mann durfte kurze Zeit später Celia auf der Intensivstation besuchen. Da lag dann unser Spatz, angeschlossen an vielen Maschinen und mit geschlossenen Augen, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben.

Leider konnten die Ärzte unsere Tochter nicht retten. Als der Kinderarzt zu uns ins Zimmer kam, wußte ich, ohne dass er ein Wort sagen mußte, dass das Schlimmste, das Unvorstellbare, eingetreten war. Für uns brach eine Welt zusammen .... Wir hatten uns so unendlich auf unsere Tochter gefreut und nun wurde sie uns so kurze Zeit nach der Geburt wieder genommen.

Wir durften dann zu ihr, um Abschied zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Celia diese Welt aber bereits schon verlassen. Erst hat sich in mir alles dagegen gewehrt aber ich bin jetzt unendlich dankbar dafür, dass ich mein Kind sehen durfte um mich von ihr zu verabschieden. Sie lag da, als wenn sie nur schlafen würde... - sie sah aus wie eine kleine Kämpferin und hatte doch den Kampf für das Leben nicht gewinnen können. Sie war ein richtiger Wonneproppen, hatte meine Gesichtszüge, die Ohren von meinem Mann, dunkelblonde Haare mit einem Hauch von rot und richtig große Füße (die hatte ich während der Schwangerschaft immer schon ausreichend zu spüren bekommen). Den Schmerz, den wir an diesem Tag empfunden haben kann ich nicht in Worte fassen.

Wir ließen Celia vom Krankenhauspfarrer nottaufen, denn schließlich sollte unsere Tochter auf jeden Fall einen Namen erhalten.  Auch meine Eltern kamen, um von Celia Abschied zu nehmen. Wir verbrachten viele Stunden bei ihr, machten Fotos (woher mein Mann die Kraft dazu nahm, weiß ich bis heute nicht) und versuchten uns ihr Gesichtchen für immer einzuprägen.

Dann bekam ich ein Einzelzimmer und es wurde ein weiteres Bett für meinen Mann gebracht, da ich auf keinen Fall alleine sein wollte. Einige sehr gute Freunde und meine Eltern kamen täglich ins Krankenhaus und versuchten uns zu stützen. Die Zeit im Krankenhaus erscheint mir im Nachhinein wie im Nebel, unwirklich und als wäre das alles jemand anderem geschehen. Ich wurde dann nach einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen.

Die darauf folgende Zeit war die Hölle. Im Krankenhaus war man irgendwie doch etwas von der Umwelt abgeschottet, nach der Entlassung traf mich die grausame Realität wie ein Schlag ins Gesicht.  Wir versuchen noch immer, uns in dieser Realität zurecht zu finden und es fällt uns unendlich schwer. Wir hatten geplant aus dem Krankenhaus als Familie zurückzukehren. Nun mußten wir all unsere Pläne und Hoffnungen für die Zukunft zu dritt gehen lassen. Nicht als Familie kehrten wir zurück, sondern wieder als Paar. Es ist ein schwerer und steiniger Weg zurück ins Leben ....

Das  Schlimmste an dem Verlust unserer Tochter ist, dass wir auch um das trauern, was hätte sein können: Die ersten Schritte, die ersten von Celia gesprochenen Worte, die gemeinsamen Weihnachten, der erste Tag im Kindergarten, der erste Schultag, der Schulabschluß usw. - "ein Kalender verlorener Tage ..."

Eine kleine Geschichte soll meinen Bericht beenden:

Während der Schwangerschaft war mein Mann an einem Tag mit unserem Hund unterwegs. Plötzlich sah er, dass ein vereinzeltes Blatt vom Baum fiel. Er hob dieses auf und dachte, dass muß ein Zeichen von Celia sein! Er nahm es mit und bewahrte es in seiner Brieftasche auf. Nach ihrem Tod fand ich ein Gedicht welches mich tief in meinem Herzen berührte und mich an diese Begebenheit erinnerte:

Dieses eine Blatt, welches ganz gewiß ein Zeichen von Celia war, haben wir noch heute und es soll uns immer an Celia erinnern.

 

 

 

   
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