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Friehofsschändung und Death Metal?

Ich komme wohl nicht drumherum auch zu diesen Schandtaten Stellung zu nehmen. Vor nicht allzulanger Zeit gab es in der Schweiz wieder einmal eine Grabschändung.Wie fast jedes Wochenende. Nur dass es diesmal nicht ein paar pupertierende Jugendliche waren, sondern Erwachsene Menschen. Und ausgerechnet musste das nach einem friedlichen Death Metal Konzert passieren, was natürlich die ganze Szene in die Scheisse gezogen hat. Aber ich glaube die ganze Death (und hoffentlich auch Blackmetalszene) distanziert sich wohl von dieser Schandtat. Das war eindeutig nicht Deathmetal und Satanismus erst gar nicht. Wir alle kennen die Übeltäter und somit sind Namen überflüssig. Wir können nur hoffen, dass die Täter die gerechte Strafe erhalten und in Zukunft die Metal Szene vor solchen Taten verschont bleibt.

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© Tages-Anzeiger; 2001-09-01; Seite 12

Kehrseite

Grabschänder erneut in Haft

Die Luzerner Polizei hat mehrere Vandalenakte auf Kirchen und Gräber in der Innerschweiz geklärt.

 

Luzern. - Ende Juli sorgten sechs junge Grabschänder in Luzern für Aufruhr, als sie auf dem Friedhof Friedental über 80 Gräber verwüsteten und mit Totenasche ein Pentagramm auf den Boden zeichneten. Nun sind zwei der damaligen Täter, ein 21-jähriger Schweizer und eine 24-jährige Schweizerin, erneut in Haft. Die beiden haben, zusammen mit anderen jungen Schweizern im Alter zwischen 19 und 22 Jahren weitere Vandalenakte auf kirchliche Einrichtungen verübt, wie die Luzerner Kantonspolizei am Freitag mitteilte.

Insgesamt konnten den Frevlern vier Sachbeschädigungen im Zeitraum zwischen Herbst 1999 und Sommer 2000 zugeordnet werden: In Schongau LU wurden fünf Kreuze von Grabsteinen gerissen und vier weitere Gräber beschädigt. Bei der Kirche in Lungern OW zündeten die Täter das Hauptportal der Kirche an und stiessen drei Grabsteine um. Im luzernischen Schwarzenbach wurde im Sommer 2000 ein Wegkreuz beschädigt und in Alberswil LU bei der Kapelle St. Blasius ein Christuskorpus von einem Kreuz gerissen und auf die Treppe geworfen. Im Anschluss an diese Tat wurde der Altar angezündet.

Der 21-jährige Mann, der sich auch an den Schändungen in Friedental beteiligte, war bei allen Vandalenakten dabei. Der Schaden beläuft sich auf gegen eine Viertelmillion Franken, wie Polizeisprecher Franz Baumeler am Freitag auf Anfrage präzisierte.

Kein Satanismus

Die zur Black-Metal-Szene gehörenden Täter wollten mit ihren Schändungen ein Zeichen setzen, dass es nicht nur das Christentum gebe. Zudem ahmten sie in Skandinavien begangene Taten nach. Sie standen nach eigenen Angaben jeweils unter Alkoholeinfluss.

Hinweise, dass die Täter einer satanistischen Gruppe angehörten, gibt es laut Baumeler nicht. Auch Rechtsradikalismus wird als Motiv ausgeschlossen, auch wenn die Kapelle St. Blasius in der Nacht auf Hitlers Geburtstag in Brand gesteckt worden war.

Welche Strafe die Täter zu gewärtigen haben, ist noch unbekannt. Sicher müssen sie mit einer Busse, allenfalls gar mit Gefängnis rechnen. Bei einem grossen Schaden oder im Wiederholungsfall sind sogar Zuchthausstrafen bis fünf Jahre möglich.

 

© Tages-Anzeiger; 2001-07-27; Seite 1

Frontseite

Grabschänder sind geständig

Luzern. - Die Schändung von 86 Gräbern auf dem Friedhof Friedental in Luzern in der Nacht auf vergangenen Samstag ist geklärt. Fünf Personen, die am Sonntag verhaftet wurden, sind für die Schändung verantwortlich und haben nach Angaben der Kantonspolizei Luzern die Tat gestanden. Die Täter bestreiten satanistische Motive; sie geben an, sie hätten aus Leichtsinn und Provokationsabsicht gehandelt und seien betrunken gewesen. Das auf dem Friedhof mit Asche aus Urnen gezeichnete Pentagramm hätten sie aus Sympathie zur Death-Metal-Musikszene hinterlassen. Auch laut Polizei bestehen keine Hinweise darauf, dass die Täter einer Satanskultgemeinde angehören. Bei den Tätern handelt es sich um drei deutsche Staatsbürger sowie um einen Schweizer und eine Schweizerin, die alle zwischen 20 und 24 Jahre alt und nicht vorbestraft sind.

 

© Tages-Anzeiger; 2001-07-27; Seite 2

Hintergrund

Vandalen - inspiriert von dunklen Mächten

Die Grabschändungen von Luzern werfen ein Schlaglicht auf die Szene der Okkultisten. Das Dunkle fasziniert viele junge Leute, der harte Satanismus ist aber nicht weit verbreitet.

Von Hugo Stamm

Die Schlagzeilen über geschändete Gräber, schwarze Messen, Tieropfer und okkulte Rituale von jungen Teufelsanbetern folgen sich in kurzen Abständen. Die sechs Vandalen, die letzten Samstag nach einem Death-Metal-Konzert den Friedhof in Luzern verwüsteten und Urnenasche ausstreuten, rückten die Szene der Grufties, Okkultisten, Schwarzmagier und Satanisten erneut ins Rampenlicht. Wer sind diese Teufelsanbeter, Tierquäler, Fans der überharten Rockmusik und Verehrer des Bösen? Greift die Faszination von schwarzmagischen Kräften gar epidemisch um sich? Oder gehen viele Vandalenakte auf das Konto von leichtsinnigen Mitläufern, wie vermutlich bei den Grabschändungen von Luzern?

Kleine Satanistenszene

Die Szene der eigentlichen Satanisten, die den Dämon zu ihrem Gott erklären und aus der Ideologie des Bösen eine Heilslehre machen, ist in der Schweiz klein. Da viele Luziferanhänger im Versteckten arbeiten und meist ein Verschwiegenheitsgelübde ablegen, hat allerdings niemand einen genauen Überblick über die Bewegung. Sektenexperten schätzen, dass in der Schweiz höchstens ein paar Dutzend Satansorden mit wenigen Jüngern - mehrheitlich junge Männer - aktiv sind. Insgesamt dürfte der harte Kern kaum mehr als 200 Ordensbrüder umfassen. Das Sympathisantenumfeld wird auf rund 1000 Mitläufer geschätzt. Das Bundesamt für Polizei (BAP) spricht im Sektenbericht vom Dezember 2000 von zahlenmässig kleinen, lokal beschränkten Gruppierungen aus meist "bunt zusammengewürfelten Jugendlichen", von denen allerdings einige Kontakt zur amerikanischen Satanskirche Church of Satan und zum Temple of Seth hätten.

Der grösste und bekannteste Zirkel in der Schweiz ist der Schwartze Orden von Luzifer, der vom Innerschweizer Black-Metal-Musiker und Satanspriester Satorius gegründet wurde. Er hat die satanistische Ideologie des Musikers Anton Szandor LaVey aus Kalifornien, dem Gründer der Church of Satan, übernommen und weiterentwickelt. Seine Homepage - das Internet ist das zentrale Kommunikationsmittel der heterogenen Szene - trägt den Titel "Verpiss dich, Jesus!". Unter den rund 50 Satansjüngern des Ordens finden sich rund zwei Dutzend Deutsche. Der Sitz des Luziferordens ist in Rothenburg LU. "Heil Baphomet, unserem Herrn Satan, welcher Got ist", lautet die Losung. (Zur Gotteslästerung wird Gott bewusst falsch geschrieben.)

Bekannt ist weiter die Abtei Thelema, die sich auf die okkulten Ideen des Alt-Meisters Aleister Crowley abstützt und das Zentrum in Stein AR hat. Ihre mehrheitlich älteren Anhänger pflegen unter anderem magische Sexualpraktiken. Zu den vielleicht 80 Mitgliedern gehören auch Italiener, Deutsche und Österreicher. Dies ist ein Hinweis, dass die Szene international vernetzt ist und die Schweiz eine zentrale Rolle in Europa spielt. Einen okkulten Zirkel führt auch der in St. Gallen lebende Magier Karl-Friedrich Frey alias Akron, der das Kultbuch "Baphomet" geschrieben hat.

Diese drei bekannten Satanszirkel distanzieren sich von Grabschändungen und Tieropfern. Sie müssen sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, eine Vorreiterrolle zu spielen und mit ihren Schriften die Fantasie interessierter Jugendlicher anzuheizen.

Satanszirkel haben oft völkische, rassistische, rechtsradikale, manchmal auch faschistoide Züge. Der Luziferorden von Satorius verehrt etwa die Wewelsburg im deutschen Landkreis Paderborn, die Hitler als Refugium diente. Die Satanszirkel sind streng hierarchisch aufgebaut, die Mitglieder zeichnen sich durch Autoritätsgläubigkeit aus, obwohl sie sich mit aller Macht gegen das Establishment auflehnen.

Die Gesetze der Satanisten

Das gemeinsame Merkmal der Satanisten ist die Umkehr aller christlichen Werte: Gut wird zu Böse, Hell zu Dunkel, Gott zu Satan. Satansjünger haben ihre eigenen Gesetze. Erlaubt ist, was ihnen gut oder eben "bös" zu sein scheint. Satorius achtet darauf, dass sein Luziferorden im Rahmen der weltlichen Gesetze operiert. Da sich Satanisten dem Bösen verpflichtet fühlen, neigen sie aber zu hemmungslos egozentrischem Verhalten.

Die jüngsten Schlagzeilen gehen nicht auf die bekannten drei Satanszirkel zurück, sondern auf Aktionen kleiner Gruppen aus dem riesigen Feld von Grufties, Black-Metal-Fans, Anhängern okkulter Ideen, Schwarzmagiern und Mitläufern. Tatsächlich haben viele junge Leute eine beachtliche Faszination für morbide Phänomene. Der Zugang zu diesen Ideen ist heute leicht, die Hemmschwelle sinkt. Und oft treten Nachahmer auf, die aus reinem Blödsinn und unter Einfluss von Drogen oder Alkohol das Gruseln eines nächtlichen Spuks auf einem Friedhof spüren wollen. So war es offenbar auch bei den Vandalen in Luzern, die, wie sie der Polizei sagten, sich von Alkohol berauschen und von Black-Metal-Musik aufpeitschen liessen.

Ein Überblick über die Vielfalt der "schwarzen Szenen" zeigt, dass die eigentlichen Satanisten eine Minderheit sind.

Black-Metal- und Death-Metal-Musiker beschwören oft das Böse. Ihr Hardrock ist Ausdruck radikaler Rebellion gegen die verkrusteten Werte einer heuchlerischen Zivilgesellschaft. In den Texten der Musiker "mit den schwarzen Seelen" wird oft der Satan verehrt.

Rechtsradikale Zirkel und Neonazis finden über die Verklärung des Nationalsozialismus, der okkulte Rituale wiederbelebte, Gefallen an schwarzmagischen Praktiken.

Extreme Formen der Esoterik und des New Age, bei denen es um die Bindung übersinnlicher Kräfte und das Vordringen in Grenzbereiche geht, wecken bei manchen Leuten das Interesse an schwarzmagischen Ideen.

Die an sich recht harmlose Goticszene, die mit schwarzen Kräften und dem Tod kokettiert, kann bei labilen Anhängern die Faszination von schwarzmagischen Ritualen wecken. Sie feiern Feste, bei denen sie als Tod verkleidet sind. Särge und Skelette sind Requisiten ihrer Partys.

Neuheidnische Kreise und Hexenzirkel beschwören ebenfalls okkulte Kräfte und können bei psychisch unstabilen Mitgliedern die Sehnsucht nach schwarzmagischen Phänomenen wecken.

Erste Berührungen mit solchen Phänomenen hatten viele Anhänger der "schwarzen Szene" als Jugendliche. Okkulte Rituale wie Gläserrücken und das Anrufen verstorbener Ahnen gehören heute für viele Jugendliche zum Groof und sind eine Mutprobe. Viele ältere Schüler und Lehrlinge üben als Grusel die übersinnlichen Praktiken. Die Jugendzeitschrift "Bravo" veröffentlichte vor ein paar Jahren eine Artikelserie, in der die Rituale detailliert beschrieben waren. Sie lösten an vielen Schulen eine Welle solcher Praktiken aus. Für zwei Mädchen aus Dietikon ZH wurde das Gläserrücken zum tödlichen Ereignis (siehe Kasten).

Viele Jugendliche lassen sich von Horrorvideos und Büchern über Satansrituale inspirieren. Sie lesen vor allem das Buch "Lukas - vier Jahre Hölle und zurück", das im Bastei-Verlag veröffentlicht wurde. Der Autor schildert seine Erfahrungen, die er als Jugendlicher in einer satanistischen Gruppe gemacht haben will. Er beschreibt schwarze Messen, Tieropfer, Initiationsrituale, okkulte Mutproben, das Trinken von Blut und so weiter. Ältere Satanisten halten sich eher an Akrons Buch "Baphomet".

Vielfältige Motive

Was sind die Ursachen der zunehmenden Faszination für dunkle Kräfte und das "Böse"? Für viele Satansjünger und Okkultisten ist die Zugehörigkeit zu einem Zirkel mit geheimnisumwitterten Ritualen und dem Verschwiegenheitsgelübde Identität stiftend. Sie finden eine Heimat in der verschworenen Gemeinschaft. Gleichzeitig können sie sich von der Gesellschaft abgrenzen und den Nimbus eines Ordens geniessen. Das Selbstwertgefühl wird dadurch gestärkt.

Manche sehen in schwarzmagischen Ritualen die einzige Möglichkeit, sich von zu toleranten Eltern oder Lehrern abzugrenzen und diese aufzuschrecken.

Viele Rituale haben ausserdem die Qualität einer Mutprobe - man begibt sich in eine verborgene, abgründige Welt. Für den Sektenkenner Georg Schmid ist das Umwerten der Werte durch Okkultisten oft nur ein Hilfeschrei von Jugendlichen. Für viele sei es ein plakativer Protest, etwa gegen persönliche Benachteiligung oder generell gegen die Ungerechtigkeit der Welt, meint er. Die meisten Jugendlichen wachsen nach einer gewissen Zeit aus der Szene heraus.

Anders verhält es sich bei den eingefleischten Satanisten, die den Beelzebub zu ihrem Gott machen. Sie konstruieren eine alternative geistige Welt, die ihnen zur Heimat wird. Ihr Denken wird oft von Realitätsverlust bestimmt. Sie werden zu Grenzgängern zwischen zwei Welten, was oft nur durch Abspaltungen und Wahrnehmungsverschiebungen gelingt: Der Satanismus ist einerseits zur Lebensform geworden, andererseits müssen sie sich mit den Umgangsformen der verhassten Gesellschaft arrangieren. Es ist nicht auszuschliessen, dass dies eine mögliche pathologische Entwicklung begünstigt. Ritualmorde, wie sie in jüngster Zeit in Deutschland, England, Spanien, in den USA, in Russland, Lettland und der Türkei durch Satanisten verübt wurden, sind nachweislich die Folge von psychischen Störungen.

Gegen christliche Werte gerichtet

Der deutsche Sektenexperte Thomas Gandow sieht in der Sympathisantenszene eine kulturelle Gegenströmung zur jüdisch-christlichen Tradition. Ausserdem betrachtet er den modernen Satanismus als eine Zuspitzung der Power- und Erfolgsreligiosität, wie sie auch in der New-Age-Strömung zum Ausdruck kommt. In Zeiten des Machbarkeitswahns versuchen viele, Herrscher über die göttlichen - oder eben satanischen - Kräfte zu werden.

Die meisten Satansjünger sind lediglich Mitläufer. Sie gerieten vielleicht über Kollegen oder Freunde ins Umfeld eines Zirkels und wagten es nicht, sich zu distanzieren. Sobald sie das erste Mal an Ritualen teilgenommen haben, sind sie erpressbar. Die gruppendynamischen Prozesse führen zu einer Einbindung, weil der Betroffene nicht als Feigling gelten will. Der Zeitgeist begünstigt den Hang zum Morbiden und Okkulten. Die meisten Vandalenakte auf Friedhöfen und in Kirchen sind denn auch nicht auf hart gesottene Satanisten zurückzuführen, sondern werden von Mitläufern verübt.

Friedhof Friedental, Luzern: Fünf junge Erwachsene haben am Samstag 86 Gräber geschändet, weil sie "die Öffentlichkeit schockieren" wollten.

 

Todessprung und Ritualmord

Im Folgenden eine Chronik der markantesten Ereignisse, die von Satanisten, Okkultisten und Anhängern der Black-Metal-Szene verübt wurden.

Oktober 1990:

Die 14-jährige Karin M. und die 13-jährige Corina S. springen vom 14. Stock eines Hochhauses in den Tod. Beim okkulten Ritual des Gläserrückens wurde ihnen prophezeit, sie würden am gleichen Tag sterben. Sie erfüllten die Vorhersage mit dem Selbstmord.

November 1992:

Ein schizophrener, 26-jähriger Hilfskoch litt unter satanistischen Wahnvorstellungen und stach in Zürich einen 59-jährigen Mann mit dem Messer nieder.

1996-1998:

Fünf junge Männer im Alter von 19 bis 22 Jahren schändeten auf mehreren Friedhöfen Hunderte von Gräbern und wüteten in mehreren Kirchen, vor allem am linken Zürichseeufer. Sie zelebrierten schwarze Messen und opferten Kaninchen, denen sie bei lebendigem Leib das Herz herausschnitten.

31. August 1998:

Ein 23-jähriger Satansjünger tötete in Balgach SG seine Mutter mit 25 Messerstichen. Angestiftet wurde er von seinem Freund. Sie erhielten für den Ritualmord 10 und 14 Jahre Zuchthaus. Beide litten unter Persönlichkeitsstörungen.

Herbst 2000:

Ein 17-jähriger und ein 18-jähriger Satansjünger verübten im Bezirk Meilen ZH Vandalenakte auf Friedhöfen und verschmierten die Kirche von Uetikon.

19. Juli 2001:

Fünf Vandalen warfen in Luzern 86 Grabsteine um und verstreuten Asche aus Urnen.

 

© Tages-Anzeiger; 2001-07-24; Seite 12

Kehrseite

Keine vergleichbaren Fälle

Nach den Grabschändungen in Luzern sind sechs Personen verhaftet worden.

Von Thomas Hasler

Luzern. - Nur einen Tag nachdem unbekannte Täter in der Nacht auf Samstag auf dem Friedhof Friedental 86 Erd- und Urnengräber geschändet hatten, sind am Sonntagmittag fünf Männer und eine Frau wegen des Verdachts der Grabschändung und der Störung des Totenfriedens verhaftet worden. Die Festnahmen seien aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sofort bekannt gegeben worden, teilte die Kantonspolizei Luzern am Montag mit.

Aus den gleichen Gründen wollte Polizeisprecher Franz Baumeler auch keine weiteren Angaben zu den Verhafteten oder zu den Hintergründen der Tat machen. Unklar ist auch, ob die Verhafteten geständig sind. Aus dem Umstand allerdings, dass in der Pressemitteilung von Mann und Frau - und nicht von Kindern oder Jugendlichen - die Rede ist, kann abgeleitet werden, dass die Verhafteten über 18 Jahre alt sind.

Noch nie da gewesen

Laut Baumeler deutet das Vorgehen der Täter darauf hin, dass sie aus dem Umfeld der Satanisten stammten. Dies stehe aber noch keineswegs fest. Der Polizeisprecher räumte ein, die Luzerner Polizei habe "relativ wenig Erfahrung mit Satanskulten". Deshalb sollen nun mit Spezialisten und anderen Polizeikorps Erfahrungen ausgetauscht werden.

Klar ist hingegen, dass eine Grabschändung dieses Ausmasses "noch nie da gewesen ist", wie Baumeler sagte. Die Täter hatten sowohl auf dem Kinder- wie auf dem Erwachsenenfriedhof 86 Erd- und Urnengräber geschändet. Sie zerstörten Holzkreuze und Grabsteine, rissen Blumen aus, beschädigten Grablichter und hoben Statuen von Sockeln und warfen sie um. In Mitleidenschaft gezogen wurde auf dem kunsthistorisch bedeutenden Friedhof auch eine wertvolle marmorne Engelsfigur aus der Jahrhundertwende.

Als einzigartig bezeichnen Experten auch die Öffnung von acht Urnen. Mit der Asche streuten die Täter auf die Wiese vor dem Krematorium ein so genanntes Pentagramm. Das Fünfeck ist als Satanistensymbol bekannt. Der materielle Schaden konnte noch nicht genau beziffert werden, beträgt aber sicher einige Tausend Franken. Schlimmer sei ohnehin der immaterielle Schaden, sagte Baumeler. Die Asche eines verstorbenen Angehörigen lasse sich nicht ersetzen.

Kinder als Grabschänder

Zuletzt war es im Kanton Luzern im November und September letzten Jahres zu Grabschändungen gekommen. Im November beschädigten ein 14-jähriger Knabe und ein gleichaltriges Mädchen in Emmenbrücke 22 Gräber und kippten Kreuze um. Im September hatten zwei neunjährige Knaben in Littau Blumen niedergetrampelt, Holzkreuze umgerissen und Grabsteine beschmiert.

iger; 2001-05-09; Seite 23

Region

Abkehr vom Teufelskult

Zwei ehemalige Satanisten sind mit dem erstinstanz- lichen Urteil nicht zufrieden. Sie verlangten vor dem Obergericht mildere Strafen.

Von Monika Zech

Wie denn das rohe Kaninchenherz geschmeckt habe, fragte der Vorsitzende den 22-jährigen Hilfsarbeiter gestern vor dem Zürcher Obergericht. "Hart wie eine Kartoffel und knusprig wie Pommes frites", antwortete der junge Mann. Er und der zweite Angeklagte, ein 23-jähriger Maler, gehörten zu einer fünfköpfigen Gruppe von Teufelsanbetern aus Richterswil, die zwischen August 1996 und Januar 1999 zahlreiche Kirchen und Gräber geschändet hatten. Ausserdem schlachteten sie während einer schwarzen Messe in einer Waldhütte fünf Kaninchen, die sie zuvor gestohlen hatten, assen deren Herzen und tranken das Blut der Tiere.

Der 22-jährige Hilfsarbeiter und ein 23-jähriger Maler, einer der Anführer der Satanisten, verlangten gestern vor dem Obergericht, das erstinstanzliche Urteil zu Gunsten milderer Strafen zu korrigieren. Das Bezirksgericht Horgen hatte den Maler im November 1999 wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit sowie des Totenfriedens und wegen Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 14 Monaten verurteilt. Der Hilfsarbeiter, den das Gericht als Mitläufer bezeichnete, erhielt dafür 9 Monate bedingt. Die anderen drei akzeptierten die ebenfalls bedingten Gefängnisstrafen von 12, 9 und 3 Monaten.

Vom Düsteren angezogen

Beide beteuerten vor Gericht, dem Satanskult vollends abgeschworen zu haben. Der Maler erklärte, er konzentriere sich inzwischen auf seine berufliche Karriere, und dieser sei die hohe Strafe nicht förderlich. Er möchte nämlich die Meisterprüfung machen, "die könnte ich mir aber mit 14 Monaten ans Bein streichen", meinte er. Er habe nach seiner Verhaftung eine Therapie gemacht, bei der ihm der richtige Weg wieder aufgegangen sei. Zudem, betonte er, sei es nie darum gegangen, mit den Grabschändungen Angehörige von Verstorbenen zu quälen. Das sei ein Racheakt gegen die christliche Inquisition gewesen. "Jeder weiss doch, was damals abgegangen ist." Das mit den Kaninchen hingegen sei eine Glaubenssache gewesen - ein Opfer für Satan.

Der zweite Angeklagte ist, wie er sagte, über die Musik zu den Satanisten gestossen. Das Düstere habe ihn angezogen, ihm ein Glücksgefühl vermittelt. Die Hintergründe dieses "Glaubens" habe er nie erforscht. Er führte aus, was ihm befohlen wurde. "Ich habe diese Dinge einfach gemacht, weil es gemacht werden musste." Er suchte Halt bei der Gruppe, den er bisher nirgendwo gefunden hatte.

Seine Kindheit hatte er zum Teil im Heim verbracht. Als 8-Jähriger erkrankte er schwer und musste sich einer Chemotherapie unterziehen. Als 15-Jähriger flog er von der Oberschule, "weil ich nicht nach deren Regeln gespielt habe". Es folgten wieder Heimaufenthalte, die Anlehre als Landwirt brach er ab. Er arbeitete nur, bis er wieder Geld im Sack hatte. Schliesslich landete er wegen Depressionen und hoher Suizidgefahr in der psychiatrischen Klinik. Wieder entlassen, konsumierte er nach seinen eigenen Angaben täglich Ecstasy. Doch das sei vorbei, versicherte er. Seine Freundin, bei der er nun wohnt, habe ihm viel geholfen.

Wie die Verteidiger gefordert hatten, entschied das Gericht, für eine Neubeurteilung ein psychiatrisches Gutachten des Hilfsarbeiters einzuholen und den Therapiebericht des Malers beizuziehen.

 

© Tages-Anzeiger; 1999-12-15; Seite 87

Ernst

SATANISMUS

"Wir wollten bewusst provozieren und verletzen"

Friedhofschändungen, Tieropfer, unappetitliche Rituale: Satanismus unter Jugendlichen gerät zunehmend in die Schlagzeilen. ERNST traf einen ehemaligen Teufelsanbeter.

 

Sympathisch, zuvorkommend und freundlich wirkt Beat M. (21) auf den ersten Blick. Ein rücksichtsvoller Autofahrer, der am Fussgängerstreifen der Frau mit Kinderwagen den Vortritt lässt, ein zuverlässiger "Schaffer", der im Geschäft geschätzt wird, und ein guter Kumpel, mit dem man am Abend einen heben kann. Nichts deutet darauf hin, dass Beat jahrelang ein Doppelleben geführt, Grabsteine umgekippt, Kreuze entweiht oder Kaninchen das Herz herausgerissen hat. Dinge, für die er selber heute keine richtige Erklärung mehr findet. "Wir waren wie im Wahn, haben keine Grenzen mehr gesehen und vollständig den Boden unter den Füssen verloren. Hätte uns die Polizei nicht verhaftet, wären wir noch weiter gegangen."

Beat gehörte zu einer Gruppe von 16- bis 21-jährigen Satanisten, welche in verschiedenen Kantonen ihr Unwesen trieb. Sie verwüsteten Kapellen, opferten in abgelegenen Waldhütten Tiere und stahlen Kreuze. Jahrelang frönte die Gruppe diesem gefährlichen Mix aus Rebellion, Hass, Aggressionen, religiösem Eifer und Wahnvorstellungen. Direkt begegnet sei ihnen der Leibhaftige zwar nie, meint Beat, doch sie hätten sich unter seinem Schutz gut gefühlt: "Sieben Jahre lang haben wir gewütet. Wenn auf dem Friedhof Grabsteine umgestossen wurden, hat jeder gewusst, wer es gewesen ist. Die einzige Erklärung, dass wir nicht schon viel früher verhaftet wurden, war für uns die, dass wir von einer dunklen Macht beschützt wurden", erinnert sich Beat.

DEN WEG IN

den Satanskult fand Beat über die Musik: "Im Religionsunterricht sahen wir ein Video über Satanismus in der Rockmusik. Meine Mitschüler waren entsetzt, mich hat es fasziniert." Er begann sich mehr und mehr für die dunklen Mächte zu interessieren, las Bücher, besuchte Black-Metal-Konzerte und traf sich mit Kollegen ähnlicher Gesinnung. An und für sich nichts Aussergewöhnliches, denn Gläserrücken, Geister anrufen oder andere okkulte Handlungen gehören zum Repertoire vieler Heranwachsender. Gemäss Befragungen der evangelischen Informationsstelle "Kirchen-Sekten-Religionen" in Greifensee haben sich rund fünf Prozent der 15- bis 20-Jährigen in irgendeiner Form bereits einmal satanistisch betätigt.

Solche Zahlen mögen zwar bedrohlich klingen, den Leiter der Informationsstelle, Pfarrer Georg Schmid, beunruhigt aber eher das zunehmende Interesse von Jugendlichen am Satanismus im Zusammenhang mit Orientierungslosigkeit und Zukunftsängsten. Auch der Psychologe Norbert Hänsli von der Jugendseelsorge Zürich erhält in letzter Zeit häufiger Anfragen von Personen, "die nicht mit Satanismus herumexperimentieren, sondern ihn gleich zu ihrem Weltbild erklären".

TROTZDEM IST

die Welt von einer Machtübernahme durch Luzifer weit entfernt. Georg Schmid vermutet, dass es in der Schweiz zwischen zehn und zwanzig verschiedene Gruppierungen mit insgesamt rund 200 überzeugten Satansanbetern gibt. Grösser schätzt er dagegen die Gruppe der Protest-Satanisten oder Mitläufer, zu denen häufig auch Jugendliche zählen. Allerdings bestehe nur selten ein Zusammenhang zwischen dieser Szene und den sektenhaft organisierten und zuweilen in engem Kontakt mit dem Milieu stehenden Profis, relativiert Schmid. Bei jüngeren Gruppen gehe es häufig um Rebellion, Auflehnung und das Bedürfnis, auf den inneren, dunklen Seiten reiten zu wollen.

GEFÄHRLICH WIRD

es dann, wenn sich erfahrene Teufelsanbeter einmischen. "Bei Profi-Satanisten geht es nicht mehr um den spielerischen Umgang mit Mut, Grenzen und Magie, sondern um einen aggressiven Kampf um Macht, Kontrolle und Sex", erklärt Schmid. Dabei reicht das kriminelle Spektrum solcher Organisationen von Missbrauch und Vergewaltigung bis hin zu Folterung und Mord an abtrünnigen Mitgliedern. Gefahren, denen sich auch die Gruppe um Beat M. bewusst war. "Ich wollte nie, dass ältere Personen zu unserer Gruppe stossen. Ich war überzeugt, dass, solange ich der Chef war, gewisse Grenzen nicht überschritten würden."

Ein anderes Mitglied der Gruppe liess hingegen verlauten, dass es seit kurzem der 1966 in Kalifornien gegründeten "Church of Satan" angehöre. Zwar distanziert sich diese von solchen Personen mit der Begründung, dass Kriminelle, Spinner und Psychopathen bei ihnen genauso wenig Platz hätten wie Sexorgien, schwarze Messen und andere unappetitlichen Rituale. Doch die Organisation ist so geheim, dass selbst langjährige Mitglieder nicht wissen, wer dazu gehört und wer welche Rituale praktiziert.

Der Kontakt unter den Mitgliedern des Schweizer Ablegers der "Church of Satan" verläuft vor allem via E-Mail. Diplome und Ausweise werden nach Ausfüllen eines Fragebogens und Einzahlung des Jahresbeitrages von 100 Dollar per Post zugeschickt. Geheimhaltung ist oberstes Gebot. "Über die grösseren Satanisten-Zirkel ist sehr wenig bekannt", erklärt Sektenspezialist Joachim Müller, "und jetzt, nachdem die Polizei ihre Tätigkeiten wieder stärker überwacht, erscheinen sie sowieso kaum mehr in der Öffentlichkeit."

Gerne im Licht der Öffentlichkeit zeigt sich dagegen der St. Galler Astrologe und Magier Carl-Friedrich Frey alias Akron, dem verschiedentlich vorgeworfen wurde, dass seine Schriften zum Satanskult verführen. Er distanziert sich wortreich von Grabschändungen, Tieropfern oder anderem kriminellen Treiben und meint, dass solche Taten nur von "desorientierten, isolierten und wirren Leuten" begangen würden.

LEIDER HAT

der Mann nur zum Teil Recht. Die Gruppe um Beat M. war zwar tatsächlich isoliert, doch von wirr und desorientiert kann keine Rede sein. Noch können ihre Taten zur Kategorie Lausbubenstreiche gezählt werden: "Wir wussten genau, was wir tun. Wir wollten die Leute mit unseren Taten bewusst schockieren und verletzen", widerlegt Beat und fügt gleichzeitig an: "Heute tut es mir Leid, und ich möchte mich dafür entschuldigen."

Rückblickend meint Beat, dass ihm der "ganze Scheiss" eine bedingte Haftstrafe, einen Haufen Schulden und erst noch Zoff mit seiner Freundin eingebracht habe. Sie war es auch, die ihn schliesslich vor die Wahl gestellt hat: entweder sie oder der Teufel. Beat M. hat sich für die Liebe entschieden.



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