Testosterontherapie


Testosterontherapie

Bei nachgewiesenem Hypogonadismus (Testosteronmangel) ist eine Substitution des fehlenden Androgens notwendig.
Natürliches Testosteron, wie es von den Testes produziert wird, wird im Darm gut resorbiert und könnte prinzipiell für eine Substitutionsbehandlung verwendet werden. Allerdings wird natürliches Testosteron in der Leber im Rahmen des «first pass»-Effektes in starkem Ausmass abgebaut. Um normale periphere Testosteron-Serumspiegel zu erreichen, muss die «testosteronmetabolisierende» Kapazität der Leber überwunden werden. Dazu sind hohe Dosierungen von 400 bis 600 mg Testosteron peroral pro Tag erforderlich. Im Vergleich dazu produzieren die Testes selbst durchschnittlich bis zu 7 mg pro Tag, also etwa hundert Mal weniger. Das Nebenwirkungspotential solch hoher Dosierungen ist nur schwer abschätzbar, weswegen natürliches Testosteron in der Therapie nicht verwendet wird. Statt dessen gelangen verschiedenartige chemisch modifizierte Testosteronmoleküle zur Anwendung.

Grundsätzlich stehen für eine Testosterontherapie folgende Präparate zur Verfügung:

  • intramuskuläre Testosteronpräparate
  • intramuskuläre Testosteronpräparate als Depospritze in Intervallen alle 12-14 Wochen
  • transdermale Testosteronpräparate in Gelform oder als Pflaster
  • orale Testosteronpräparate (modifiziertes Testosteron) in Tablettenform
  • Testosteronimplantate.


Intramuskuläre Testosteronpräparate
 
Die am weitesten verbreitete Substitutionstherapie besteht heute in der intramuskulären Verabreichung von verestertem Testosteron. In Postition 17 verestertes Testosteron hat – intramuskulär verabreicht – eine sehr viel längere Halbwertzeit als natürliches Testosteron, weswegen es als Depotpräparat eingesetzt werden kann. Die Dauer der Halbwertzeit richtet sich nach der Länge und Struktur der Seitenkette. Zur Zeit sind mehrere Präperate verfügbar z.B. Testoviron Depot®, Nebido Depot®). Leider führt Depotvariante zu unsteten Serumtestosteronspiegeln. Nach der Standarddosis von 250 mg Testoviron Depot werden rasch supraphysiologisch hohe Testosteronkonzentrationen erreicht. Diese halten für einige Tage an. Danach fallen die Serumspiegel ab und unterschreiten in der Regel zwischen dem 12. und dem 21. Tag wieder den unteren Referenzbereich. Dieser besonderen Pharmakokinetik wird bei der Therapieüberwachung Rechnung getragen. So werden Testosteronkonzentrationen im Serum immer am Ende eines Therapieintervalles gemessen. Sind die gemessenen Werte unterhalb des Referenzwertes, so sollte das Injektionsintervall entsprechend verkürzt werden. Grösster Nachteil der Therapie ist sicherlich diese erhebliche Testosteronschwankung, welche einzelne Patienten als störend empfinden, weil starke Schwankungen des allgemeinen Wohlbefindens, der Stimmung und der sexuellen Aktivität die Folge sind. In ausgewählten Fällen wird bei guter Compliance Testoviron Depot® 125 mg alle 7 oder 10 Tage verabreicht, um die Testosteronkurve flacher und ausgeglichener zu gestalten und Schwankungen des sexuellen und allgemeinen Befindens zu verhindern. Trotz der genannten Nachteile stellt die Behandlung immer noch die Standard- und auch kostengünstigste Therapie dar. 
Nebido Depot® - ein neues Langzeitdepotpräperat (seit 2005 in Deutschland zugelassen) soll diese Mankos besser ausgleichen. enthält 250 mg Testosteronundecanoat und wird in Interwallen von je 10-14 Wochen verabreicht.

 
Transdermale Testosteronpräparate - Gel oder Pflaster 
 
Die Entwicklung eines transdermalen Systems zur Substitutionstherapie des hypogonaden Mannes wurde erschwert durch die Tatsache, dass eine hohe Dosis von 5 bis zu 7,5 mg Testosteron pro Tag erforderlich ist. Im Vergleich dazu benötigen Frauen deutlich kleinere Östradiolmengen, welche im Mikrogrammbereich liegen. Transdermale Applikationssysteme bestehen im wesentlichen aus Mikroporenmembranen, welche mit 10 bis 15 mg reinem, natürlichem Testosteron beladen sind. Um die erforderliche Menge Testosteron durch die Haut transportieren zu können, sind die Systeme mit einem «Enhancer» versehen. Zur ausreichenden Substitution müssen in der Regel 2 – in seltenen Fällen 3 –Systeme aufgetragen, während 24 Stunden getragen und anschliessend erneuert werden. Derart werden mit natürlichem Testosteron anhaltend physiologische Serumtestosteronwerte erreicht. Aus diesem Grund ist die transdermale Applikationsform den anderen genannten Therapieformen überlegen. In der Schweiz ist im letzten Jahr ein entsprechendes Präparat eingeführt worden (Androderm®; 1 Patch enthält 12,5 mg natürliches Testosteron, davon werden durchschnittlich 2,5 mg pro Tag abgegeben), welches im Moment aber noch nicht kassenzulässig ist. Da die Skrotalhaut ein äusserst hohes Resorptionsvermögen aufweist, wurde auch ein transskrotales Applikationssystem entwickelt. Wegen der hohen 5-alpha-Reduktase-Aktivität von Skrotalhaut wird dabei ein relativ hoher Prozentsatz von Testosteron in DHT umgewandelt, was eine Besonderheit dieser Applikationsform darstellt. Befürchtungen, dass erhöhte DHT-Konzentrationen sich negativ auf die Entwicklung der Grösse der Prostata auswirken könnten, haben sich nicht bestätigt. Ein transskrotales Applikationssystem steht in der Schweiz für die Behandlung nicht zur Verfügung. Unter Behandlung mit transdermalen Systemen treten nicht selten Hautirritationen auf (Rötung und Juckreiz unter dem Pflaster,elten stärkere Reizung mit Blasenbildung und allergischer Hautreaktion). Diese Reaktionen klingen in der Regel etwa 3 bis 4 Tage nach Entfernen des Pflasters wieder vollständig ab. Sie sind vor allem auf Transportvehikel (sogenannte Enhancer, bspw. Alkohol, Monoglyzeride, gelbildende Komponenten, Fettsäureester) zurückzuführen, welche die Resorption von Testosteron über die nicht-skrotale Haut in therapeutischer Dosis ermöglichen. Neuerdings steht auch ein Testosterongel (AndroGel®) zur Verfügung (im Februar 2000 von der FDA(USA) zugelassen). In Deutschland sind die diesbezüglichen Erfahrungen noch sehr limitiert. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass sich diese Therapieform nur für Patienten mit einem vergleichsweise diskreten Hypogonadismus eignet. 
 
 
(Subkutan implantierbares) kristallines Testosteron
 
Testosteronimplantate bestehen aus reinem Testosteron, das in zylindrische Formen von bis 12 mm Länge und 4,5 mm Durchmesser gegossen und in verschiedener Dosierung verfügbar ist (beispielsweise Testosterone implant® à 50, 100 oder 200 mg). Ein oder mehrere Implantate werden nach 0,5 bis 1 cm messender Hautinzision unter die Bauchhaut eingebracht, und zwar gesamthaft 100 bis 600 mg. Die Wirkung hält etwa 4 bis 5 Monate an. Vorteile sind die sehr lange Depotwirkung und ein insgesamt günstiger Serumtestosteronspiegel-Verlauf. Trotz dieser Vorteile sind in der Schweiz die entsprechenden Präparate nicht erhältlich, dürfen aber bei spezieller Indikation eingeführt und angewendet werden. Hpogonadismus bei systemischen Erkrankungen –besteht eine Therapieindikation? Zahlreiche Allgemein- und Systemerkrankungen führen zu einer Hemmung der reproduktiven Funktion mit Hypogonadismus. Die therapeutischen Konsequenzen sind variabel und hängen ab vom Ausmass der Testosteronerniedrigung und der Dauer der Erkrankung bzw. der assoziierten gonadalen Dysfunktion. Ist die Erkrankung und somit der Androgenmangel kurzdauernd (z.B. bei febrilen Episoden, bei chirurgischen Eingriffen), besteht meistens keine Therapieindikation. Eine langanhaltende chronische Krankheit dagegen kann im Einzelfall Anlass zu einer Androgensubstitution geben (verlängerte katabole Stoffwechsellage). Allerdings ist der Nutzen einer Androgensubstitution in solchen Fällen umstritten, da es an aussagekräftigen, kontrollierten Studien fehlt. Eine Ausnahme stellt das AIDS-Waisting dar, für welches ein Androgentherapienutzen hat nachgewiesen werden können Im folgenden soll kurz auf Diabetes mellitus, Adipositas und Hämochromatose eingegangen werden, da diese Erkrankungen häufig mit einem Hypogonadismus assoziiert sind. Diabetes mellitus Bei Diabetes mellitus findet sich relativ häufig eine Testosteronverminderung. Diese ist meist multifaktorieller Genese (sekundär und primärer Hypogonadismus). Eine aktuelle Übersicht über das Thema findet sich bei Morley Da eine Testosterontherapie die Insulinsensitivität bei Typ-2-Diabetes verbessern kann, kann eine Testosterontherapie prinzipiell auch dann erwogen werden, wenn keine Symptome des Androgenmangels (z.B. Libidoverminderung, erektile Dysfunktion) vorliegen. Die Indikationsstellung zu einer Testosterontherapie sollte dabei in der Regel dem Spezialisten überlassen werden (Endokrinologe, Diabetologe).
 
 
Orale Testosteronpräparate
 
Durch Veresterung von Testosteron mit Undecansäure (Testosteron-Undecanoat, TU) entsteht ein stark lipophiles Molekül. Dieses wird vorwiegend lymphogen resorbiert und gelangt deshalb unter Umgehung der Leber über den Ductus thoracicus direkt in den systemischen Kreislauf. TU wird in Öl gelöst als Kapseln angeboten (Andriol®). Eine Kapsel à 40 mg enthält 25 mg Testosteron. Maximale Serumspiegel werden 2 bis 6 Stunden nach Medikamenteneinnahme erreicht. TU muss über den Tag auf 2 bis 3 Einnahmen verteilt aufgenommen werden, in einer Dosierung von 2 bis 4 Kapseln täglich. Ein weiterer Nachteil der TU-Therapie sind kurzfristige Schwankungen der Testosteron-Serumspiegel. Dies verunmöglicht praktisch, die TU-Therapie durch Serumtestosteronspiegel zu überwachen. Im Einzelfall entstehen unter TU-Therapie zudem immer wieder Unsicherheiten über die tatsächliche Resorptionsrate. Resorptionsprobleme müssen vermutet werden, wenn 2 bis 4 Stunden nach TU-Einnahme die Serumtestosteronwerte niedrig sind. Wegen dieser Nachteile wird TU zur Therapie eigentlich nur für Patienten mit noch vorhandener Testosteron-Eigenproduktion empfohlen (beispielsweise für einen Diabetiker Typ 2 mit assoziiertem Hypogonadismus).Mesterolon (Proviron®) – ein weiteres orales Präparat – leitet sich vom aktiven Testosteronmetaboliten Dihydrotestosteron (DHT) ab. Mesterolon wird zwar nicht lymphogen resorbiert, ist aber nach Aufnahme in den portalen Kreislauf vor dem unmittelbaren Metabolismus in der Leber geschützt. Als DHTMetabolit wirkt es analog zum DHT und übernimmt nicht die vollen Funktionen des Testosterons. Aus diesem Grund ist es zur Substitutionsbehandlung bei Hypogonadismus ungeeignet. Ein weiteres oral verfügbares Testosteronpräparat ist Methyltestosteron, welches aufgrund der Lebertoxizität jedoch als obsolet zu betrachten ist. Gleiches gilt für Fluoxymesteron. Methyltestosterone haben die Androgene bzw. die Androgentherapie in Verruf gebracht (Hepatotoxizität), weswegen sie hier auch erwähnt werden. Es gilt aber festzuhalten, dass sämtliche anderen hier erwähnten Testosteronpräparate normalerweise keinen negativen Einfluss auf die Leberfunktion haben. Neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der Androgentherapie haben zu hydrophilen Molekülen geführt, welche bukkal oder sublingual resorbiert werden können (unter anderem Testosteron-Cyclodextrine Die klinischen Erfahrungen mit diesen Präparaten sind aber noch unzureichend.

In Auszügen aus Schweitzer Ärztezeitung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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