lyrikfreunde


2008/2009/2010: Mein Aktivitäten Link als Mitglied der Lyrikfreunde: http://www.balo-kreativ.de/balos-aktivitaeten-lyrikfreunde/


Berichte vom Treffen der Gesellschaft der Lyrikfreunde auf Usedom im Mai 2006

- SIEHE AUCH OSTSEEWELLEN !

Literaturfreunde-Treffen, Bericht von Anneliese Korte

vom 25. bis 28. Mai 2006-06-14 in Usedom

unter dem Motto

„Wo die Nordseewellen spülen an den Strand...“

Eine ereignisreiche  Woche liegt hinter den sechsundzwanzig  Lyrikfreunden  und Textautoren, die der Einladung der „Gesellschaft der Lyrikfreunde“ – Repräsentanz Berlin,  gefolgt waren. Sie kamen aus allen Teilen Deutschlands und aus Österreich auf die Insel Usedom, die sich frühlingshaft mit wogenden goldgelb blühenden Rapsfeldern geschmückt hatte,  aber auch mit Regen aufwartete. Das Treffen fand im „Haus der Naturfreunde“,  Seebad  Zinnowitz, statt.

Am Anreisetag stellten sich die Autoren bei einem Gläschen Sekt mit einem Gedicht oder mit einem kurzen Prosatext vor.  Schnell entstand eine lockere und offene Gesprächsatmosphäre.

Neben Lesungen  in verschiedenen Einrichtungen widmeten sich die Autoren  an zwei Tagen der Arbeit an eigenen  Texten.

Für das Lyrikseminar schickten sie im Vorfeld  je zwei Gedichte, die der Seminarleiter anonymisiert  erhielt. Davon wählte er je einen Text für die Besprechung aus.

Die Gedichte  wurden mit unterschiedlicher Lautgestalt zwei- bis dreimal gelesen, und dann besprochen. Danach konnte sich jeder Lyriker, der es wollte, zu seinem Text bekennen.

Dabei ging es auch um solche Fragen wie: Welche Stellung hat das Reim? Ist er noch zeitgemäß? Gedichte mit oder ohne Unterschriften? Die Palette der aufgeworfenen Fragen war breit gefächert.

Das von Frau Schaller durchgeführte Schreibseminar, gab viel Anlass zu Gelächter. Sie erteilte  zwei Aufträge.

Zuerst sollten alle  Teilnehmer in vorgegebener Zeit den   linken Nachbarn ansehen und Vermutungen über ihn anstellen. Mancher hatte es bei der Lösung dieser Aufgabe leichter, weil er seinen  Nachbarn schon von anderen Begegnungen kannte.

Nach dem Vorlesen  des Textes bekam der Nachbar Gelegenheit zu sagen, inwieweit die Vermutungen zutrafen.

Eine  ältere Teilnehmerin,  die  zu ihrer Linken den Seminarleiter,Herrn Wischnat  hatte, den die meisten Lyrikfreunde schon von anderen Begegnungen kannten,  schrieb: „Ich habe  zufällig einen Nachbarn, der mir angenehm ist. Ich meine nicht sein Äußeres, über sein Inneres könnte ich sowieso nichts sagen, sollte ich aber aus irgend einem Grunde mit ihm zusammenkommen...„ Der Rest des Satzes verlor sich in unbändigem Gelächter.

Es muss ja auch nicht immer todernst in Seminaren zugehen.

Barbara Lorenz charakterisierte ihre linke Nachbarin  aus Köln so:

Waltraud

Kraftvoll-Kölner Glockenklang

Farbe, Mut und Wort

Vereint:

Ausgesandte Liebe

Zu wirken und zu wachsen

Über Grenzen und Zeit.

Der zweite Auftrag lautete: Aus Reizwörtern (Wetter-Wasser- schwimmen-tanzen)

innerhalb von 15 Minuten ein Gedicht, eine Geschichte oder eine Prosastudie zu schreiben. Die meisten waren  vor der Zeit fertig.

Frau Weiß aus Köln meinte: „Wie wir doch beschenkt werden durch unsere Sprache, Gedanken zu gestalten, Neues zu schaffen, Sprache aus wenigen Worten lebendig zu machen“.

Ja,  darin liegt der Reiz  beim Schreiben von Texten!

Neben dem Besuch von Sehenswürdigkeiten und einer Busexkursion in das Hinterland der Insel,  gab es viel Gelegenheit sich gegenseitig näher kennen zu lernen und einen fachlichen Gedankenaustausch zu pflegen.

Großes Interesse in der Öffentlichkeit  fand das  „Lyrikbäumchen“  auf dem Rondell der Promenade. Es war eine Birke im Pflanzkübel, die extra zu diesem Zweck aufgestellt worden war. Ihr zartes Frühlingsgrün leuchtete weithin und die lustig im Winde flatternden Gedichte, lockten Vorbeigehende heran, auch  in die abendliche Lesung, die  mit Klavierimprovisationen einen harmonischen Rahmen bildete.

Die anschließenden Gespräche mit den Zuhörern zeigten mir wieder einmal, dass das Interesse an Lyrik  doch größer ist, als oft angenommen wird.

Indessen reifen bei den Autoren schon wieder Texte für ein neues Lyrikbäumchen und der Wunsch sich  bald wieder zu begegnen.

Anneliese Korte

 


 

WALTRAUD WEISS, Köln:

 

Photo WW: Nach der Lesung im Naturfreundehaus.

Mutmaßungen über
· Den Menschen zu deiner Linken
· Ein Treffen der Literaturfreunde
· Usedom

Anneliese Korte (Usedom-Berlin) lud ein.
Sie - die Repräsentanten der "Gesellschaft der Lyrikfreunde Berlin" - lebt hier auf dieser Insel. Die Autokennzeichen hier sind  u.a. OVP hat. Mutmaßungen (Unwissende oder Spaßmacher) gehen davon aus, dass es "Ort vor Polen" heißt. Das stimmt aber nicht, obwohl ein Ort weiter von Ahlbeck - eines der Kaiserbäder - Polen beginnt. OVP steht aber für Ost-Vorpommern! Wir waren aber in Zinnowitz, der "Perle Usedoms" mutmaßt man und Anneliese ist davon überzeugt, denn die Insulaner sind stolz auf ihre Ostseebäder. Und so einen Titel bekommt ein Ort nicht ohne gewisse Voraussetzungen.

Das erfuhren wir am ersten Abend vom Vize-Bürgermeister Spanger bei einem Glas Sekt. Literaturfreundinnen und - freunde (mehr weibliche als männliche) stellten sich vor: Name, Wohnort, ein Text. Alles klar, jeder weiß Bescheid, keine Mutmaßung! Einige kennen sich ja auch durch andere Literatur-Verbindungen und -treffen, gemeinsame Anthologien usw.

Am ersten Morgen genossen wir mal wieder unter der Leitung von Hermann Wischnat das Lesen und Besprechen unbekannter Texte, d.h. unbekannt für alle, bis auf den Verfasser bzw. die Verfasserin, der bzw. die sich nicht zu erkennen geben und wenn, dann am Ende der Debatte. HW macht das mit großem Feingefühl und gleichzeitigen Hinweisen auf literarische Möglichkeiten, Ausdrucksformen, Eigenschaften, Satzstellungen etc. Die Zeit ist - wie immer - zu kurz.

Nach dem Mittagessen ist eine Busfahrt über die Insel geplant, an Boddenlandschaften, Rietdachhäusern, Fischräuchereien vorbei, Lieper Kirche, blaues Haus,  Zecheriner Brücke: Fotomotive genug. Abendessen. Es wird noch in der Dünenwaldklinik, im Pflegeheim und in der Bücherei der Kurverwaltung gelesen. Die Menschen zeigen sich interessiert. Anneliese Korte hat mit ihrem eigenen Charme ihre Verbindungen spielen lassen.

Am nächsten Morgen hat Heidrun Schaller das Wort zur "Schreibwerkstatt". Wir sollen ein paar Sätze "Mutmaßungen" zu unserem/unserer linken Nachbarn/Nachbarin schreiben. 15 Minuten Zeit. Manche haben Glück, die/denjenigen zu kennen, wie Balo (Barbara Lorenz) mich, denn sie sagt so etwas Wunderschönes über mich:

Waltraud
Kraftvoll - Kölner Glockenklang
Farbe, Mut und Wort
Vereint:
Ausgesandte Liebe
Zu wirken und zu wachsen
Über Grenzen und Zeit

Manche haben das Glück nicht. Manche haben ihren Partner zur Linken. Ich sehe, wie die Ehefrau von Volker Wille die Hand schützend vor ihrem Papier hält, damit er nichts ablesen kann.

Als Frau Eisenmenger mit: "Ich habe zufällig einen Nachbarn, der mir angenehm ist" beginnt  und dabei Hermann Wischnat meint, lachen wir, aber es geht noch weiter: "Ich meine nicht sein Äußeres..." wir lachen Tränen und sie liest weiter: "über sein Inneres könnte ich sowieso nichts sagen. Sollte ich aber aus irgend einem Grunde mit ihm zusammen kommen..." Jetzt sind wir nicht mehr zu bremsen. Wir halten uns vor Lachen die Bäuche und tupfen die Lachtränen von den Wangen.  Sie versteht nicht warum und wir lachen noch mehr. Das Eis - es gab ja keines - wäre spätestens hier geschmolzen. Dann kommt die Aufgabe: Aus 2, 2, 1 Reizwörtern (Wetter - Wasser - schwimmen - tanzen - trocken) ein Gedicht, eine Geschichte zu machen oder eine Prosastudie. Es müssen nicht die Worte benutzt werden, sie können auch umschrieben werden. 20 Minuten Zeit. Alles schreibt, flüssig, nachdenklich, ernst.

Manch eine/r ist vorher fertig, mache/r nach 20 Minuten noch nicht. Wer liest zuerst? Wir spüren es alle und bei jedem: Sie können schreiben, alles ist gut bis sehr gut. Wie wir doch beschenkt werden durch unsere Sprache, die Möglichkeit zu gestalten, zu erfinden, Neues zu schaffen, Sprache aus wenigen Worten lebendig zu machen, wie z.B.

Wettergeister
Schneeschimmel galoppieren vorbei
Wassertropfen schillern im Tanz
Trockene Gedanken schwimmen vorbei
(Achenbach)

Auch hier ist der Morgen zu knapp. Wir fühlen uns alle beschenkt und bereichert. Nach dem Mittagessen treffen wir uns an der Promenade, um unser Lyrikbäumchen mit je 3 Texten von uns zu schmücken. AK hat die Presse informiert. Es ist lebhafter Betrieb ums Bäumchen,


viele Fragen, großes Interesse. Kinder, die noch nicht lesen können, zeigen ebenso Interesse wie ein Pärchen, das sich mit vielen Texten eindeckt. Später hängen nicht mehr viele Texte am Baum. Der Wind darf sie wegtragen und dem Samen der Worte Wurzeln geben.

Für den Abend haben wir zu einer Lesung mit Musik in unserem Domizil (Naturfreundehaus) eingeladen. Kostenlos! Und unser kleiner Saal wird voll. Jede/r liest 3 - 4 Texte, 4 Minuten insgesamt, Thema: "Zarte Töne", dann folgt Musik. Die Pianistin ist eine große Überraschung. Anhand unserer Texte interpretiert sie ihre musikalische Aussage. Erstaunlich, wie sie Stille interpretiert hat. Alle spüren wir es, die Gäste UND wir, dass das ein großer Abend, ein künstlerischer Genuss, rund und perfekt, bereichernd für alle Sinne war.

Anneliese Korte bekommt vor lauter Glück (und Lob) rote Wangen. Sie stehen ihr großartig. Am nächsten Morgen strahlt sie über diese, weil sie zwei neue Mitglieder für die Literaturfreunde geworben hat.

Wir werden diese Tage auf Usedom nicht vergessen und wer Mutmaßungen anstreben will, der schaue doch mal mit Herz und Sinn auf seinen linken Nachbarn. Es kann ja auch der rechte (Richtige) sein!
Unser nächstes Treffen ist von der IGdA vom 8. - 10. Okt. in Volkenroda/Thüringen. Vorher ist noch meine 1. Präsentation der Anthologie "Bücher - mein Lebenselixier" am 3. September 2006 in Köln.

Wir sind eine große Familie, lebendig und potent!

Waltraud Weiß

PS: Als Nachschlag zum Festabend: Barbara Lorenz (BaLo*) stellte sich vor: Blattgoldhändlerin. Eine alte Dame fragte ihre ebenso alte Nachbarin (das hörte eine von uns): "Nachtclubtänzerin?" Warum nicht, Bauchtanz vielleicht gefragt? Aber diese Dame wollte Gewissheit und sprach BaLo direkt an: "Sagen Sie mal, sind Sie eine Nachtclubtänzerin?" BaLo hat die Dame dann "aufgeklärt".


 

Lyrische Inselbegegnung auf Usedom vom 24.5. - 28.5.2006
( eine subjektive Nachlese von Heidrun Schaller )

Zügig fuhr ich Stunde um Stunde durch diese prunkende Natur - Mecklenburger Seen, Rapsfelder - gelb - so weit das Auge reicht, Himmel über dem flachen Land, blauwolkig bewegter weiter Himmel und weiter  und weiter - 6 Stunden Fahrt brachten mich nach Zinnowitz auf Usedom. Liebevoll empfangen von Anneliese Korte, der Initiatorin und Gastgeberin.
Das St. Otto Haus in dem ich mit Freundin und nebst Hermann Wischnat mit Gattin logierte - ein freundliches, sauberes Haus, das allen Urlaubsansprüchen gerecht wurde. Das Tagungshaus dann, - Naturfreundehaus - in dem die restlichen TeilnehmerInnen abgestiegen waren - gastlich und funktional. Am Abend des 25. 5. - ich hatte schon einen ereignisreichen, Tag hinter mir, da ich ja schon 1 Tag früher angereist war ( ich war am Vormittag als Clownin zurechtgemacht zu den Kindern im Naturfreundehaus gegangen und hatte dort als Schreibleseclownin, für 17 wirklich unwahrscheinlich begeisterte Vorschulkinder - 17 Stegreifgedichte auf Zuruf eines Stichwortes hin, geschrieben, verlesen und verschenkt; desweiteren hatte ich eine wunderbare Radtour durch Fichtenwälder am Ostseesaum entlang bis nach Ueckeritz zum Großsteingarten - Findlinge aus der Eiszeit -  hinter mir ), - trafen sich dann alle zum ersten Kennenlernen und Kennenhören im Tagungsraum.
Am nächsten Morgen war ich dann noch mal als Schreibleseclownin unterwegs, diesmal im Kindergarten " Regenbogen" bei 20 weiteren Vorschulkindern, die wieder sehr interessiert und begeistert auf diese Form der " lyrischen Kinderarbeit" reagierten. Noch in voller Schminke fuhr ich dann mit Anneliese zum Naturfreundehaus zurück um noch an Hermann Wischnats  Werkstattgespräch " Lyrik" teilzunehmen ( ich hatte auch 2 Texte eingereicht ) - was mich dann sehr schnell meinen äußeren Zustand ( Clown ) vergessen und in lyrische Gefilde eintauchen ließ. Es ist immer wieder ein Hochgenuß mit lyrisch interessierten und versierten Menschen ernsthaft über Lyrik zu sprechen. Ich kann ja nur aus meiner Perspektive, meiner Sicht schreiben und deswegen gestatte ich mir als Beispiel für den Verlauf so eines Werkstattgespräches, mein Gedicht, als Beispiel für die Art der Arbeit, anzufügen:

eingekuschelt
in ein Nest
aus Zweigen
in der Biegung
des Flusses
hat sich
grüngelbes
Nixengekicher-
zu stören
diesen immergleichen
Ablauf
der Tage
ein wenig
Unordnung
zu stiften
in mein
aschgraues
Funktionieren
 Heidrun Schaller

Hier nun in Stichworten, was dazu aus der LyrikerInnenrunde gesagt wurde ( es weiß zum Zeitpunkt der Nennungen im Kreise niemand - außer der Autorin - von wem das Gedicht stammt):
- Ich finde das Gedicht perfekt
- Ich habe ein Bild, jedes Wort paßt
- Ich finde es auch ausgezeichnet, es erinnert an einen kleinen Prosatext
- " Nixengekicher" und dann auch noch " grüngelb" - herrlich
- das " s " am Schluß ist von der Grammatik her schwierig
- ich bin ganz begeistert
- Fallwahl - Dativ, das heißt, ich bin in meiner Ordnung und Akusativ wie hier, da kommt etwas hinein, da passiert etwas
- " Funktionieren" paßt nicht hierher, weil das ein Fremdwort ist
- das soll so sein
- warum " aschgrau?"
- Gerade das mit dem " aschgrau" ist ein schöner Kontrast
- Funktionieren- das Automatische im Gegensatz zu dem Natürlichen
- Frage: " hat sich" - da müßte sich ein Verb anschließen?! " eingekuschelt" ist das!
- Auf Strophen ist verzichtet worden
- Trennungsstrich oder Gedankenstrich - dadurch ein Quasiabsatz - das ist doll.
- Die Einrahmung von: " eingekuschelt" ( 1. Zeile ) und " Funktionieren" ( letzte Zeile ), ist Klasse - " ins Funktionieren eingekuschelt..."
- Keine Überschrift - braucht es auch nicht
- 2 Gedanken: " eingekuschelt" und dann - " stören"!!!

An diesem Beispiel wird sicherlich deutlich, WIE intensiv und ernsthaft an den eingereichten Texten gearbeitet wurde.

Am Nachmittag folgte eine Inselrundfahrt über diese erstaunlich grüne, von diversen Wassern durchzogene und eingerahmte Insel, damit wir auch noch ein bißchen mitbekamen WO wir uns da so lyrisch - arbeitend befinden..
Der Sonnabend brachte mir dann erst einmal " harte Arbeit" am lyrischen Text ein, denn ich leitete eine " Kreative Schreibwerkstatt". Ich hatte mit 3 - 4 TeilnehmerInnen gerechnet und war völlig überrollt von den 15 erschienenen TeilnehmerInnen, die sich auch nach Ankündigung der Vorgehensweise nicht abschrecken ließen.
Ich begann mit einer " Warmschreibübung": " Mutmaßungen über den linken Nachbarn..." Was dann beim Vortragen die Stimmung sehr fröhlich werden ließ, wir haben viel gelacht und das " Eis" war gebrochen. Die Schreibaufgabe war dann:
Zu 2 Hauptwörtern, 2 Tätigkeitswörtern und 1 Eigenschaftswort - Metaphern, Bilder zu finden und in 15 Minuten ein Gedicht zu schreiben. Auf Zuruf kam es zu folgenden Wörtern: Wetter/Wasser/schwimmen/tanzen/trocken
Ich werde nun noch mal eines von den 3,  von mir in dieser Zeit geschriebenen Gedichte hier wieder geben, damit auch diese Intention leichter nachvollziehbar wird.

die Wüste
lebt
von tanzenden
Dschinnis
die toben
und rasen
durchs
Herz und Hirn
dem Durstigen
zu Gaukeln
und er
kniet nieder
am Wasserloch
mit Sand
im Mund
und nichts
als Durst
 Heidrun Schaller

Diesen Text, wie alle anderen Texte, die während des Schreibprozesses entstanden waren, wurde intensiv auf seine lyrische Stimmigkeit hin besprochen - so daß wir 3 sehr intensive lyrische - Arbeitsstunden miteinander verbrachten.
Es folgte nach der Mittagspause das Aufhängen der Gedichte am Lyrikbäumchen an der Promenade und dabei Gespräche mit Passanten.
Der Abend brachte dann den wunderbaren Höhepunkt mit der " Öffentlichen Lesung" und der so einfühlsamen, improvisierten Begleitung durch die VERAnstaltungskünstlerin: Vera am Klavier...sie folgte aufmerksam jedem Text, drehte sich zu ihrem Instrument um und brachte den Inhalt in unglaublich einfühlsamer Weise noch ein bißchen zum Nachklingen. Ein weiterer Effekt war, daß nicht ein Text den anderen " tot schlug" und die Zuhörer genügend Zeit hatten sich auf den nächsten Text, den nächsten Autor, einzustellen. Eine wirklich sehr gelungene Veranstaltung.
Den Abschluß brachte dann am Sonntag noch eine kleine " Manöverkritik", in deren Verlauf wir Anneliese Korte noch mal ( auch mit einem kleinen Dankeschönbuch - Katzenlyrik von Sarah Kirsch ) für alles dankten - dann kam der Abschied und das Versprechen:" Wir sehen uns wieder!"
Ich fuhr erst ziemlich spät wieder nach Hause, da der Sparpreis eine Zugbindung hat, und so trieb ich mich mit meiner Freundin im naßkalten Zinnowitz noch ein bißchen rum - leider konnte man nicht so recht raus, da es schüttete...und dann ging es die 6 Stunden unter dem regenverhangenen, oftmals seine Schleusen öffnenden Mecklenburger Himmel zurück nach Hamburg.

Hamburg, den 31.5.2006 


 

Presse-Bericht von Elke Kaminski / Nordkurier 31.5.6

Denn Poesie ist - summa summarum - Balsam des Lebens

Als am vergangenen Samstag die Zinnowitzer und ihre Gäste auf der Strandpromenade spazieren gingen und zur Seebrücke abbogen, fiel ihr Blick auf eine kleine Birke voller gelber, rosafarbener, weißer Kärtchen, die beschrieben waren. Sie machten neugierig, luden zum Näher treten ein. Erst etwas zögerlich, dann zunehmend interessiert oder sogar begeistert, lösten sich Kinder, Liebespärchen, Freunde, Familien und ältere Menschen die postkartengroßen Blätter von den Zweigen und lasen mitten auf der Straße- Gedichte.

Autoren aus Deutschland und Österreich waren einer Einladung der Usedomerin Lyrikerin Anneliese Korte gefolgt  und schmückten während des gemeinsam verbrachten Wochenendes dieses Bäumchen mit ihren "Texten zum Pflücken". Das taten sie gerne, denn die Zinnowitzer vermittelten ihnen das Gefühl, willkommen und zudem offen für Poesie zu sein.
Der stellvertretende Bürgermeister des Gemeinderates, Herr Spanger, verstärkte diesen Eindruck: Die Teilnehmer des Lyrik- und Prosatreffens waren angetan von dem großen Engagement der Gemeinde im Bereich der Kunst und Kultur, das sie durch sein Grußwort etwas näher kennen lernten.
Das Kurheim "Dünenwaldklinik", das Pflegeheim "Sorgenfrei", die "Freie Schule", die Kindertagesstätte "Regenbogen" und das "Naturfreundehaus Zinnowitz" nutzten die Chance dieses Treffens und luden die Mitglieder der "Gesellschaft der Lyrikfreunde" zu unterhaltsamen Lesungen in ihre Häuser ein. Leider reichte die Zeit nicht aus, auch die Wünsche der Regionalen Schule Karlshagen zu erfüllen.
Vielleicht empfanden Frau Reuter und ihr Team vom "Naturfreundehaus", die Mitarbeiter der anderen genannten Einrichtungen und die der Firmen Orpel und Wuttig ein wenig dessen, was der polnische Dichter Julian Przybos einst schrieb: "Denn Poesie ist - summa summarum - Balsam des Lebens". Wo, wenn nicht auch gerade in einem Kurort wie Zinnowitz, können diese Worte beim gemeinsamen Zuhören, Gedankenaustausch oder Lachen ihre Wahrheit offenbaren?

Die Begegnungen mit den Zinnowitzern und ihren Gästen, mit den Sehenswürdigkeiten der Insel, aber vor allem mit ihrer wunderschönen Natur zwischen Achterwasser und Ostsee war für viele der Autoren bereichernd und inspirierend wie ein Labsal. Und beim Dankeschön an alle, die dieses kreative und entspannende Wochenende in Zinnowitz ermöglichten, wachsen in den Gedanken der Autoren schon Texte für ein neues Lyrikbäumchen und der Wunsch, dieses besondere Fleckchen Erde am Meer bald wieder besuchen zu wollen.

Elke Kaminsky
aus Berlin


 

 


 

 

 

Mein Aktivitäten-Link2008/2009/2010 als Mitglied der Repräsentanz Berlin/Mecklenburg-Vorpommern des Vereins der Lyrikfreunde

http://www.lyrikfreunde.at/: